OGH 8Ob95/22m

OGH8Ob95/22m19.10.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Tarmann‑Prentner, Mag. Korn, Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Univ.‑Prof. Dr. R*, vertreten durch Dr. Thomas Kainz, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B* GmbH & Co KG, *, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 20.500 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. November 2018, GZ 129 R 97/18k‑31, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 30. Juli 2018, GZ 33 Cg 15/17i‑26, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0080OB00095.22M.1019.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

I. Das mit Beschluss vom 17. April 2020, AZ 8 Ob 25/19p, bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über den vom Obersten Gerichtshof am 17. 3. 2020 zu 10 Ob 44/19x gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochene Revisionsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof wird fortgesetzt.

II. Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin kaufte bei der Beklagten am 16. 4. 2014 einen PKW VW Caddy Trendline 1,6 l TDI, um einen Kaufpreis von 20.500 EUR brutto. Die Finanzierung erfolgte über einen Leasingvertrag, den die Klägerin mit der Porsche Bank AG abschloss, die vereinbarungsgemäß in den Kaufvertrag zwischen den Parteien eintrat. Das Fahrzeug wurde am 29. 4. 2014 an die Klägerin übergeben. Die Porsche Bank AG hat der Klägerin sämtliche Ansprüche gegen die Beklagte abgetreten.

[2] Das Fahrzeug fällt unstrittig in den Anwendungsbereich der VO (EG) Nr 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. 6. 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur‑ und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl L 171/1 vom 20. 6. 2007; künftig: VO 715/2007/EG ). Es ist mit einem Dieselmotor des Typs EA189 der Abgasklasse Euro 5 ausgestattet.

[3] Der Dieselmotor war mit einer Software ausgestattet, die bewirkte, dass dieses Fahrzeug am Prüfstand (NEFZ) die Stickoxid-(NOx-)Werte der Euro 5 Abgasnorm einhielt, während es im normalen Fahrbetrieb auf Straßen einen deutlich höheren NOx‑Ausstoß aufwies.

[4] Für diesen Fahrzeugtyp wurde vom zuständigen deutschen Kraftfahrt-Bundesamt (künftig: KBA) die EG‑Typengenehmigung erteilt.

[5] Nach Bekanntwerden, dass ein auch nach Ansicht des KBA unzulässiger Umschaltmodus verwendet worden war, entwickelte der Hersteller ein Software‑Update, um das systematische Umschalten auf einen anderen Modus für den Prüfstand zu verhindern. Die Änderungen betrafen nur geringe Drehzahl‑ und Lastbereiche des Motors im unteren Geschwindigkeitsbereich. Zahlreiche mit dem gegenständlichen PKW vergleichbare Fahrzeuge mit gleichen Motoren der gleichen Bauserie weisen nunmehr im Verhältnis zu den Werten auf dem Prüfstand geringfügig höhere NOx‑Emissionswerte auf, erreichen jedoch aufgrund des großen Abstands zum Grenzwert von mehr als 70 mg pro Kilometer den Grenzwert keinesfalls.

[6] Hätte die Klägerin gewusst, dass die Emissionswerte nicht stimmten und der PKW geringfügig höhere Nox‑Grenzwerte aufweist, hätte sie den PKW dennoch gekauft.

[7] Im Jänner 2017 wurde bei dem PKW im Rahmen eines Werkstattaufenthalts das Software‑Update durchgeführt, das der Klägerin nichts kostete. Ende März 2017 wurde der PKW während einer Fahrt langsamer und nahm kein Gas mehr an. Der Grund war ein Defekt des Abgasrückführkühlers. Dieser Schaden wurde durch den Tausch eines Ventils behoben. Ein Zusammenhang zu dem Software‑Update besteht nicht. Durch das Software‑Update kommt es zu keinem signifikanten Kraftstoffmehrverbrauch.

[8] Zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz wies der PKW einen Kilometerstand von rund 56.000 km auf. Es lagen keine Einschränkungen bei einem Wiederverkauf auf dem Gebrauchtwagenmarkt vor. Der Händlerrückkaufpreis betrug 12.300 EUR. Bei einer angenommenen Nutzungsdauer von rund 250.000 km ergibt sich bei einer linearen Berechnung des Nutzens des PKW für den Zeitraum ab Kauf ein Nutzungsentgelt von 4.600 EUR.

[9] Die Klägerin macht Ansprüche aus Arglist, Irrtum, Gewährleistung, laesio enormis, Schadenersatz sowie dem Fehlen der Geschäftsgrundlage geltend. Sie begehrt die Aufhebung des Kaufvertrags und die Zahlung von 20.500 EUR (Kaufpreis) sA, Zug um Zug gegen die Rückgabe des Fahrzeugs. Hilfsweise begehrt sie die Zahlung von 20.500 EUR (Kaufpreis) sA an die Leasinggeberin, Zug um Zug gegen die Rückgabe des Fahrzeugs. Sie sei in Irrtum geführt worden über die grundsätzliche Manipulationsfreiheit des Fahrzeugs, über das Vorhandensein einer Abschalteinrichtung des Abgassystems sowie über die Notwendigkeit eines Rückrufs zur Vornahme von Nachrüstungen und darüber, dass die Typengenehmigung für den PKW erloschen bzw vom Entzug bedroht sei. Der Beklagten sei auch arglistiges Verhalten vorzuwerfen. Bei den angegebenen Abgaswerten habe der Beklagten klar sein müssen, dass diese nur „Laborwerte“ sein können. All diese angeführten Probleme seien auch Mängel des Fahrzeugs und gewährleistungsrechtlich relevant. Durch das Software‑Update seien die Mängel nicht behoben worden. Das Update habe zu Problemen an der Abgasrückführung geführt. Wegen schuldhafter Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten sei die Beklagte auch schadenersatz–pflichtig. Der Vertrag sei bereicherungsrechtlich rückabzuwickeln. Bei einer allfälliger Berechnung eines Benützungsentgeltes sei zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug über keine aufrechte Typengenehmigung verfüge und daher Ausgangswert der Berechnung nur der Materialwert sein könne.

[10] Die Beklagte wendete ein, das Fahrzeug sei technisch sicher, in seiner Fahrbereitschaft nicht eingeschränkt und verfüge über alle erforderlichen Genehmigungen. Ein bestimmter Schadstoffausstoß oder eine bestimmte Emissionsklasse sei nicht Vertragsinhalt geworden. Der Restwert für den Wiederverkauf des Klagsfahrzeugs sei nicht gesunken. Überdies habe die Beklagte sämtliche allenfalls vorhandenen Mängel durch das Software‑Update beseitigt. Die Typengenehmigung sei unverändert aufrecht. Der Schaden im März 2017 habe mit dem Software‑Update nichts zu tun. Mangels Kenntnis über die Verwendung einer bestimmten Software durch VW habe kein Mitarbeiter der Beklagten einen Irrtum bei der Klägerin veranlasst.

[11] Selbst wenn die Klägerin mit ihrem Wandlungsbegehren durchdringe, müsse sie sich den Nutzungsvorteil anrechnen lassen, das seien jene Kosten, die sie sich durch die weitere Benützung des PKW erspart habe, die sie für ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug oder eine alternative Beförderungsmöglichkeit aufwenden hätte müssen.

[12] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kaufpreis habe dem Wert des PKW zum Ankaufszeitpunkt entsprochen. Die Klägerin sei auch keinem Irrtum unterlegen, den der Verkäufer der Beklagten veranlasst hätte. Bei Kenntnis der tatsächlichen NOx‑Abgaswerte hätte die Klägerin den PKW dennoch gekauft. Selbst wenn man die zwei verschiedenen Modi der Software des Klagsfahrzeugs als Mangel betrachten würde, sei er in der Zwischenzeit durch das Software‑Update behoben worden. Auch bei einer Veräußerung habe die Klägerin keinen Nachteil zu erwarten.

[13] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Durch das Update sei ein allenfalls davor bestehender Mangel behoben worden. Die Emissionen lägen noch immer unter dem gültigen Grenzwert. Das Fahrzeug erfülle daher sämtliche vertraglich geschuldeten Vorgaben. Behauptete negative Folgen des Updates lägen nach den Feststellungen nicht vor. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage sei ebenfalls zu verneinen. Der Beklagten sei auch unabhängig vom Verhalten des Herstellers kein sittenwidriges Handeln zur Last zu legen. Es bestehe daher keine Grundlage für die geltend gemachten Ansprüche.

[14] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahingehend abzuändern, dass der Klage stattgegeben wird. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[15] Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[16] Die Revision ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

[17] 1.1. Mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 17. April 2020, AZ 8 Ob 25/19p, wurde das Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über den vom Obersten Gerichtshof am 17. 3. 2020 zu 10 Ob 44/19x gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochen, da von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des EuGH auszugehen und diese auch für andere als den unmittelbaren Anlassfall anzuwenden ist.

[18] Dieses Vorabentscheidungsersuchen wurde zwischenzeitig vom EuGH am 14. 7. 2022 zu C‑145/20 entschieden, weshalb das Verfahren fortzusetzen war.

[19] 2.1. Der Oberste Gerichtshof hat zwischenzeitig unter Berufung auf die Rechtsprechung des EuGH ausgesprochen, dass die auch beim gegenständlichen Fahrzeug zum Übergabezeitpunkt vorhandene „Umschaltlogik“ als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinn der Art 3 Z 10 und Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EG zu qualifizieren ist (Teilurteil 10 Ob 2/23a vom 21. 2. 2023 [Rz 47]; 10 Ob 16/23k).

[20] 2.2. Nach dem Urteil C- 145/20 des EuGH (Rs Porsche Inter Auto GmbH & Co KG und Volkswagen) ist ein Kfz, das im Zeitpunkt der bedungenen Übergabe mit einer gemäß Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EG verbotenen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, nicht vertragskonform im Sinne der Verbrauchsgüterkauf‑RL (Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, Abl L 171/12 vom 7. 7. 1999), konkret deren Art 2 Abs 2 lit d, weil es nicht die Qualität aufweist, die bei Gütern der gleichen Art üblich ist und die der Verbraucher vernünftiger Weise erwarten kann.

[21] Weiters sprach der EuGH aus, dass Art 3 Abs 6 der Richtlinie 1999/44/EG dahin auszulegen sei, dass eine Vertragswidrigkeit, die darin besteht, dass ein Fahrzeug mit einer Abschalteinrichtung ausgerüstet ist, deren Verwendung nach Art 5 Abs 2 der Verordnung Nr. 715/2007/EG verboten ist, nicht als ′geringfügig′ eingestuft werden kann, selbst wenn der Verbraucher – falls er von der Existenz und dem Betrieb dieser Einrichtung Kenntnis gehabt hätte – dieses Fahrzeug dennoch gekauft hätte (10 Ob 2/23a uva).

[22] Die Klägerin hat sich in erster Instanz hinreichend konkret darauf gestützt, dass das Software‑Update wirkungslos gewesen sei, also den ursprünglich vorhandenen Mangel nicht behoben habe; dass sie in diesem Zusammenhang nicht den Begriff „Thermofenster“ verwendete, schadet nicht. Die Beklagte hat geltend gemacht, dass durch das Software‑Update die Abgasrückführung nunmehr in einem einheitlichen Betriebsmodus handelt und eine Optimierung des Verbrennungsprozesses erfolgte.

[23] 2.3. In Beantwortung des Vorabentscheidungsersuchens des Obersten Gerichtshofs (10 Ob 44/19x) führte der EuGH aus (C- 145/20, Rs Porsche Inter Auto GmbH & Co. KG und Volkswagen), dass Art 5 Abs 2 lit a VO 715/2007/EG dahin auszulegen ist, dass eine Abschalteinrichtung, die insbesondere die Einhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen Emissionsgrenzwerte nur gewährleistet, wenn die Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad Celsius liegt, nach dieser Bestimmung allein unter der Voraussetzung zulässig sein kann, dass nachgewiesen ist, dass diese Einrichtung ausschließlich notwendig ist, um die durch eine Fehlfunktion eines Bauteils des Abgasrückführungssystems verursachten unmittelbaren Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall zu vermeiden, Risiken, die so schwer wiegen, dass sie eine konkrete Gefahr beim Betrieb des mit dieser Einrichtung ausgestatteten Fahrzeugs darstellen. Eine Abschalteinrichtung, die unter normalen Betriebsbedingungen den überwiegenden Teil des Jahres funktionieren müsste, damit der Motor vor Beschädigung oder Unfall geschützt und der sichere Betrieb des Fahrzeugs gewährleistet ist, kann jedenfalls nicht unter die in Art 5 Abs 2 lit a VO 715/2007/EG vorgesehene Ausnahme fallen.

[24] Nach der Ausnahmebestimmung des Art 5 Abs 2 lit a VO 715/2007/EG muss die Abschalteinrichtung, um zulässig zu sein, notwendig sein, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten. In Anbetracht der Tatsache, dass die Ausnahme eng auszulegen ist, kann eine solche Abschalteinrichtung nur dann ausnahmsweise zulässig sein, wenn nachgewiesen ist, dass diese Einrichtung ausschließlich notwendig ist, um die durch eine Fehlfunktion eines Bauteils des Abgasrückführsystems verursachten unmittelbaren Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall zu vermeiden, Risiken, die so schwer wiegen, dass sie eine konkrete Gefahr beim Betrieb des mit dieser Einrichtung ausgestatteten Fahrzeugs darstellen. Dabei ist eine Abschalteinrichtung nur dann „notwendig“ im Sinn der Art 5 Abs 2 lit a VO 715/2007/EG , wenn zum Zeitpunkt der EG-Typgenehmigung dieser Einrichtung oder des mit ihr ausgestatteten Fahrzeugs keine andere technische Lösung unmittelbare Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall, die beim Fahren eines Fahrzeugs eine konkrete Gefahr hervorrufen, abwenden kann (vgl auch 10 Ob 2/23a vom 21. 2. 2023 Rz 57 bis 60 mwN).

[25] Wenn ein Software‑Update aber nur zum Austausch einer unzulässigen Abschalteinrichtung durch eine andere unzulässige Abschalteinrichtung führte, liegt auch nach der „Verbesserung“ durch das Software‑Update weiterhin ein Sachmangel in Form einer unzulässigen Abschalteinrichtung vor (10 Ob 2/23a vom 21. 2. 2023 Rz 75).

[26] 2.4. Zu der zwischen den Parteien strittigen Frage, ob der Mangel, der aufgrund des Einbaus einer verbotenen Abschalteinrichtung bei Ankauf des Fahrzeugs vorlag, durch das von der Beklagten angebotene Software‑Update behoben wurde, das Fahrzeug also nach Durchführung der Verbesserung nicht mehr mit einer solchen verbotenen Abschalteinrichtung ausgestattet war, fehlen aber ausreichende Feststellungen, nach denen die Wirkweise des Software‑Updates und der Erfolg der Verbesserung beurteilt werden könnten.

[27] Die Rechtssache war daher aufzuheben und an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen. Dabei werden die in der Zwischenzeit ergangenen Entscheidungen des EuGH und des Obersten Gerichtshofs zu vergleichbaren Fällen zu erörtern und den Parteien die Gelegenheit zu entsprechenden Vorbringen zu geben sein.

[28] 3.1. Für den Fall, dass sich davon ausgehend der Wandlungsanspruch der Klägerin als berechtigt erweist, stellt sich im ergänzend durchzuführenden Verfahren die Frage des im Zuge der Rückabwicklung des Kaufvertrags der Beklagten zustehenden Benützungsentgelts.

[29] 3.2. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist der vom Käufer eines Kraftfahrzeugs, der die Rückabwicklung nicht zu vertreten hat, zu ersetzende Gebrauchsnutzen „linear“ anhand jenes Anteils am Kaufpreis zu berechnen, der dem Verhältnis der zurückgelegten Kilometer zur zu erwartenden Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs entspricht (RIS‑Justiz RS0134263).

[30] 3.3. Allerdings ist auf Folgendes hinzuweisen: Bereicherungsansprüche des beklagten Verkäufers, die in Geld bestehen, müssen im Fall der Einwendung konkretisiert und beziffert werden, damit sie das Gericht – im Weg der prozessualen Aufrechnung – berücksichtigen kann (vgl 4 Ob 70/18z; 6 Ob 265/01s). Derartige Ansprüche des Beklagten sind somit grundsätzlich als Gegenforderungen einzuwenden (10 Ob 2/23a vom 21. 2. 2023 [Rz 85] mwN).

[31] 4. Der Revision der Klägerin war daher Folge zu geben, die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen.

[32] 5. Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 ZPO.

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