OGH 15Os70/23t

OGH15Os70/23t30.8.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. August 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Eschenbacher in der Strafsache gegen * I* wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 17. Jänner 2023, GZ 22 Hv 1/22w‑43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0150OS00070.23T.0830.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * I* des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 25. September 2021 in G* mit der am * 2008 geborenen und demnach unmündigen * K* eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er einen Finger in ihre Scheide einführte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – keine Berechtigung zukommt.

[4] Entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) begegnet die vom Schöffengericht vorgenommene Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite aus dem objektiven Geschehensablauf (US 13 iVm US 4 f) unter dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (RIS‑Justiz RS0098671).

[5] Die Nichtigkeitsbeschwerde bringt vor, aus dem Urteil wäre nicht nachvollziehbar, ob der Angeklagte wusste, was unter dem Tatbestandsmerkmal „geschlechtliche Handlung“ zu verstehen sei und dass eine digitale Penetration eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung darstelle (nominell Z 5 vierter Fall, inhaltlich Z 9 lit a und Z 10). Sie macht aber nicht klar, weshalb derartige Feststellungen erforderlich sein sollten (vgl RIS‑Justiz RS0116565). Angemerkt sei, dass der Vorsatz des Täters zwar alle Tatbildelemente in ihrem sozialen Bedeutungsgehalt umfassen muss, insoweit aber (bei deskriptiven wie bei normativen Tatbestandsmerkmalen) eine Parallelwertung in der Laiensphäre ausreicht. Eine rechtlich exakte Einordnung der Tat als „dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung“ durch den Angeklagten verlangt das Gesetz demnach nicht (RIS‑Justiz RS0088928; Fabrizy/ Michel‑Kwapinski/Oshidari, StGB14 § 5 Rz 3, 15; Reindl‑Krauskopf in WK2 StGB § 5 Rz 12). Ein – vom Rechtsmittelwerber der Sache nach angesprochener – Subsumtionsirrtum wäre unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0089540 [T2]; Fabrizy/Michel‑Kwapinski/Oshidari, StGB14 § 9 Rz 4).

[6] Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) auf einzelne Passagen der – im Übrigen im Urteil ohnehin erörterten (US 11 f) – Aussagen der Zeuginnen * Z* und * P* hinweist, weckt sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (vgl RIS‑Justiz RS0118780).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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