OGH 8ObA24/23x

OGH8ObA24/23x3.8.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter KR Thomas Schaden (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Alexander Leitner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Maga. B*, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17–19, wegen 34.025,47 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 30.000,67 EUR brutto sA), gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits-und Sozialrechtssachen vom 14. Februar 2023, GZ 6 Ra 54/22s‑25, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:008OBA00024.23X.0803.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Arbeitsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Nach § 84 Abs 1 Z 2 VBG 1948 haben Vertragslehrer, soweit sich aus § 91 l VBG 1948 nichts anderes ergibt, Anspruch auf eine Abfertigung, wenn ihr Dienstverhältnis vor dem 1. 1. 2003 begonnen hat.

[2] Nach § 91 l Abs 2 VBG 1948 sind Dienstverhältnisse, die für die Dauer von Unterrichtsperioden eingegangen und ohne Unterbrechung erneuert oder verlängert wurden, wie Zeiten eines einzigen durchgehenden Dienstverhältnisses zu behandeln. Schulferien gelten nach Abs 1 dieser Bestimmung nicht als Unterbrechung im Sinn dieser Bestimmung.

[3] Zwischen den Parteien war strittig, ab wann ein durchgehendes Dienstverhältnis vorlag, insbesondere ob es zwischen September 2003 und Jänner 2004 unterbrochen war.

[4] 2. In der Rechtsprechung zu der vergleichbaren Bestimmung des § 23 AngG, der eine ununterbrochene Dauer des Arbeitsverhältnisses für einen bestimmten Zeitraum voraussetzt, ist anerkannt, dass eine unmittelbare Aufeinanderfolge von Dienstverhältnissen nicht bedeutet, dass ein Arbeitsverhältnis fugenlos an das nächste anschließen muss. Für den erforderlichen Konnex zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen wurde es jedoch stets als schädlich angesehen, wenn längere Unterbrechungen – etwa solche, die die Zeit der Betriebsferien übersteigen – vorliegen, die somit eine Zusammenrechnung der unterbrochenen Arbeitszeiten ausschließen (RIS‑Justiz RS0028410). Von unmittelbar aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen zum selben Arbeitgeber kann nur dann gesprochen werden, wenn eine verhältnismäßig kurze Frist zwischen dem Ende des einen und dem Beginn des nächsten Arbeitsverhältnisses liegt und wenn zugleich die Umstände auf eine sachliche Zusammengehörigkeit der beiden Arbeitsverhältnisse deuten (RS0028387). Die Beurteilung, ob eine solche längere für eine Zusammenrechnung schädliche Unterbrechung vorliegt, kann immer nur nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls erfolgen. In diesem Sinne wurde etwa ein Zeitraum von 11 oder von 16 Tagen als noch nicht so lang betrachtet, dass eine Zusammenrechnung ausgeschlossen wäre (RS0028387 [T3, T4]). Eine Unterbrechung in der Dauer von 25 Tagen wurde jedoch bereits als zu lang angesehen (9 ObA 21/03h).

[5] 3. Die Klägerin war von Jänner 1998 bis Ende August 2002 auf Basis von fünf aufeinanderfolgenden befristeten Dienstverträgen für die Beklagte als Vertragslehrerin in Salzburg tätig. Von 1. 9. 2002 bis September 2003 war sie wiederum aufgrund eines befristeten Dienstvertrags in Kärnten beschäftigt. Eine Anstellung für das Schuljahr 2003/2004 kam trotz Bewerbung der Klägerin zunächst nicht zustande. In dieser Zeit war sie in Dauerkontakt mit dem für die Einstellung von Lehrern Zuständigen, der ihr mehrfach mitteilte, dass versucht werde, sie unterzubringen. Eine dezitierte Einstellungszusage erteilte er jedoch nicht. Im November 2003 wurde ihr mitgeteilt, dass ab 7. 1. 2004 eine Vertretung in einer Schule in Klagenfurt möglich wäre. Dort war sie in der Folge bis zu ihrer Pensionierung tätig.

[6] 4. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass aufgrund dieses Sachverhalts nicht von einem durchgehenden Dienstverhältnis ab 1998 auszugehen sei, hält sich im Rahmen des eingeräumten Ermessensspielraums.

[7] Das Arbeitsverhältnis war über vier Monaten unterbrochen. Dabei handelt es sich um keine „verhältnismäßig kurze Frist“, sondern um beinahe ein ganzes Schulsemester, also keinen mit Schulferien oder Betriebsunterbrechungen gleichzusetzenden Zeitraum. Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin am 23. 12. 2003 für einen Tag zur „Übergabe“ durch ihre Vorgängerin die Schule aufsuchte.

[8] Dass die Beklagte ein grundsätzliches Interesse an einer weiteren Beschäftigung einer ausgebildeten Lehrkraft mit Vorerfahrung hatte und sich daher bemühte, eine entsprechende Einsatzmöglichkeit für die Klägerin zu finden, stellt keine Beschäftigungszusage dar, sondern nur eine Ankündigung, bei entsprechendem Bedarf an einem weiteren Dienstverhältnis interessiert zu sein.

[9] Wenn die Klägerin geltend macht, dass sie in der Zeit der Unterbrechung vom Bund finanzierte Fortbildungsveranstaltungen (für Lehrer) besuchte, so war diese Fortbildung von der Beklagten weder initiiert noch gefordert worden, sondern eine freiwillige Maßnahme der Klägerin. Rückschlüsse auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses lassen sich daraus nicht ziehen.

[10] 5. Geht man aber mit den Vorinstanzen davon aus, dass kein durchgehendes Beschäftigungsverhältnis bestand, kommt es nunmehr nicht darauf an, ob die vor September 2003 zwischen den Parteien vereinbarten Befristungen der jeweiligen Arbeitsverhältnisse zulässig waren. Der Charakter des Arbeitsverhältnisses als synallagmatisches Dauerschuldverhältnis bedingt, dass der die weitere Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers voraussetzende Fortsetzungsanspruch nicht zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden kann. Nach der Rechtsprechung bedingt das Klarstellungsinteresse des Dienstgebers am Bestand oder Nichtbestand des Dienstverhältnisses eine Aufgriffsobliegenheit des Dienstnehmers, sein Interesse an der Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses ohne Aufschub gegenüber dem Dienstgeber geltend zu machen. Zur Beurteilung der Unverzüglichkeit ist ein angemessener, zur Erkundung und Meinungsbildung objektiv ausreichender Zeitraum heranzuziehen (RS0028233 [T6]).

[11] In der Zeit der Unterbrechung ihrer Tätigkeit hat die Klägerin gegenüber der Beklagten aber kein aufrechtes Dienstverhältnis behauptet, sondern sich vielmehr um eine Wiederanstellung bemüht. Dass sie eine Unzulässigkeit der Befristung und damit ein über September 2003 hinausgehendes unbefristetes Arbeitsverhältnis überhaupt vor ihrer Pensionierung und damit über einen Zeitraum von über 15 Jahren geltend gemacht hätte, hat die Klägerin nicht vorgebracht.

[12] Auf die Ausführungen in der Revision zur Unzulässigkeit der vorangehenden Befristungen, der Europarechtswidrigkeit der Vereinbarungen und der in diesem Zusammenhang behaupteten überraschenden Rechtsauffassung des Berufungsgerichts muss daher nicht weiter eingegangen werden.

[13] 6. Liegt aber kein vor 1. 1. 2003 begonnenes durchgehendes Dienstverhältnis vor, besteht kein Anspruch auf eine Abfertigung „alt“.

[14] 7. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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