OGH 7Ob103/23g

OGH7Ob103/23g28.6.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bmstr. Dipl.‑Ing. (FH) H* P*, vertreten durch Dr. Florian Scheiber, Rechtsanwalt in Umhausen, gegen die beklagte Partei U* AG, *, vertreten durch MUSEY rechtsanwalt gmbh in Salzburg, wegen 33.619,71 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 4. Mai 2023, GZ 4 R 49/23x‑33, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0070OB00103.23G.0628.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Versicherungsvertragsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Zwischen den Streitteilen besteht ein Unfallversicherungsvertrag, dem die Klipp & Klar Bedingungen für die Unfallversicherung Fassung 12/2007 (in Hinkunft U500) zugrunde liegen. Diese lauten auszugsweise wie folgt:

Was gilt als Versicherungsfall? – Artikel 2

Versicherungsfall ist der Eintritt des Unfalles (Artikel 6 – Begriff des Unfalles).

[...]

Was ist ein Unfall? – Artikel 6

1. Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.

[...]

Was kann versichert werden? – Artikel 7 bis 14

Dauernde Invalidität – Artikel 7

Soweit nichts anderes vereinbart ist, gilt:

1. Voraussetzung für die Leistung:

Die versicherte Person ist durch den Unfall auf Dauer in ihrer körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Die Invalidität ist innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten.

[...]

Unfallkosten –- Artikel 13

Bis zur Höhe der dafür vereinbarten Versicherungssumme werden von uns Unfallkosten ersetzt.

[...]

Unfallkosten sind:

1. Heilkosten,

die zur Behebung der Unfallfolgen aufgewendet wurden und nach ärztlicher Verordnung notwendig waren.

[...]“

[2] 1. Der Versicherungsnehmer, der eine Versicherungsleistung beansprucht, muss die anspruchsbegründende Voraussetzung des Eintritts des Versicherungsfalls beweisen (RS0080003, RS0043438, RS0043563). Zur Erlangung einer Versicherungsleistung aus einer privaten Unfallversicherung muss zwischen dem Unfallereignis, der Gesundheitsschädigung (Unfallereignisfolge) und dem für den Leistungsanspruch relevanten Gesundheitsschaden (Unfallfolge) ein adäquater Kausalzusammenhang bestehen, der im Zweifel vom Versicherungsnehmer zu beweisen ist (vgl 7 Ob 67/15a).

[3] 2.1. Die Invalidität muss daher auf einem Unfall beruhen und dadurch adäquat verursacht sein (7 Ob 67/15a).

[4] 2.2. Selbst wenn die beim Kläger vorhandenen Fuß‑ und Zehenhebeschwächen eine aus den Bandscheibenvorfällen resultierende Invalidität darstellen sollten, wäre für ihn nichts gewonnen, weil nach den eindeutigen Feststellungen die Bandscheibenvorfälle nicht auf den Sturz vom 10. 4. 2021 zurückzuführen sind.

[5] 3.1. Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 f ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RS0050063 [T71], RS0112256 [T10], RS0017960). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen; dabei ist der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen (RS0008901 [insb T5, T7, T87]). Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RS0050063 [T3]).

[6] 3.2. Nach dem völlig klaren Wortlaut des Art 13.1 U500 werden nur Heilkosten ersetzt, die zur Behebung der Unfallfolgen aufgewendet wurden, das heißt Kosten, die der Behebung kausaler Folgen des Unfalls dienten.

[7] 3.3. Die MRT‑Kosten und die Selbstbehalte für die Krankenhausaufenthalte wurden im Zuge der Behandlung der Bandscheibenvorfälle aufgewendet. Da diese nicht durch den Sturz verursacht wurden, standen die genannten Kosten auch nicht im Zusammenhang mit der Behebung von (kausalen) Unfallfolgen.

[8] 4. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

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