OGH 8ObA38/23f

OGH8ObA38/23f27.6.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Ingomar Stupar (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wolfgang Jelinek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. F* W*, BEd, *, vertreten durch die Auer Bodingbauer Leitner Stöglehner Rechtsanwälte OG in Linz, gegen die beklagte Partei Land Oberösterreich, Bildungsdirektion, 4040 Linz, Sonnensteinstraße 20, vertreten durch die Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wels, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. April 2023, GZ 11 Ra 9/23g‑24, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:008OBA00038.23F.0627.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Arbeitsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Eine Rechtslücke ist eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts. Hat der Gesetzgeber eine bestimmte Rechtsfolge für einen bestimmten Sachverhalt bewusst nicht angeordnet, so fehlt es an ihr und demgemäß auch an der Grundvoraussetzung einer ergänzenden Rechtsfindung durch einen Analogieschluss (RIS‑Justiz RS0008866 [T11 und T13]).

[2] Nach § 26 Abs 3 Satz 1 VBG (hier: iVm § 26 Abs 1 lit a Landesvertragslehrpersonengesetz 1966) sind über die in § 26 Abs 2 VBG angeführten Zeiten hinaus „Zeiten der Ausübung einer nützlichen Berufstätigkeit oder eines nützlichen Verwaltungspraktikums bis zum Ausmaß von insgesamt höchstens zehn Jahren als Vordienstzeiten anrechenbar“. Die – im Rechtspraktikantengesetz geregelte – Gerichtspraxis wurde, wie aus den Gesetzesmaterialien zur Dienstrechts-Novelle 2015 ersichtlich (ErläutRV 585 BlgNR 25. GP  8), bewusst nicht neben der Verwaltungspraxis in § 26 Abs 3 VBG angeführt. Der vom Kläger angestrebte Analogieschluss ist demnach von vornherein ausgeschlossen.

[3] 2. Der Kläger hatte bereits das Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen, als er (vom 10. 11. 2008 bis 31. 12. 2015 zunächst aufgrund eines Sondervertrags, sodann ab 1. 1. 2016 als Vertragsbediensteter) für das beklagte Land als Berufsschullehrer zu unterrichten begann. Erst während seiner Unterrichtstätigkeit absolvierte er hingegen das Bachelorstudium Lehramt für Berufsschulen. Die Beurteilung der Vorinstanzen, es komme allein auf dieses Studium an, sodass ein Vorbildungsausgleich zu erfolgen habe, entspricht den auf die „notwendige Ausbildung“ abstellenden Gesetzesmaterialien zur Dienstrechts-Novelle 2015 (ErläutRV 585 BlgNR 25. GP  7) und der diese übernehmenden Rechtsprechung und Literatur (vgl nur 9 ObA 97/19h; Ziehensack, VBG [30. Lfg 2019] § 15 Rz 24; Mayr in Reissner/Neumayr, ZellKomm ÖffDR [2022] § 15 VBG Rz 3).

[4] Der vom Kläger ins Treffen geführte Wortlaut des § 15 VBG idF BGBl I 2015/164, der insoweit bereits außer Kraft getreten ist, bestärkt dies, ist darin doch von „Studien, die zur Erfüllung der mit einem solchen Arbeitsplatz verbundenen Aufgaben üblicherweise benötigt werden“, die Rede.

[5] Die (implizite) Beurteilung der Vorinstanzen, Rechtswissenschaft sei kein für die Tätigkeit als Berufsschullehrer in den vom Kläger unterrichteten (insbesondere kaufmännischen) Fächern üblicherweise benötigtes Studium, bedarf keiner höchstgerichtlichen Korrektur. Welche Studien „zur Erfüllung der mit einem solchen Arbeitsplatz verbundenen Aufgaben üblicherweise benötigt werden“, ist eine Frage des Einzelfalls, sodass das Fehlen solcher höchstgerichtlicher Rechtsprechung nicht zur Zulässigkeit der Revision führt.

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