OGH 7Ob30/23x

OGH7Ob30/23x24.5.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und die Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* G*, vertreten durch Ing. DDr. Hermann Wenusch, Rechtsanwalt in Rekawinkel, gegen die beklagte Partei DI K* S*, vertreten durch Dr. Michael Koth, Rechtsanwalt in Gänserndorf, wegen 210.000 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 140.000 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. November 2022, GZ 4 R 88/22y-133, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0070OB00030.23X.0524.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger richtete seine Begehren ursprünglich gegen fünf Beklagte. Gegenstand der Entscheidungen der Vorinstanzen ist aber nur mehr das gegen den Zweitbeklagten (in der Folge daher Beklagter) erhobene Begehren.

[2] Der Kläger errichtete auf einer nunmehr in seinem Alleineigentum stehenden Liegenschaft ein Haus. Der Beklagte wurde mit der Erstellung des Absteckplans samt Absteckung beauftragt. Auf das Hineinragen in die südliche Bauflucht wies der Beklagte den Kläger hin. Darauf, dass das Bauvorhaben auch im Norden einen um 19 cm zu geringen Abstand von der Grundstücksgrenze aufwies dagegen nicht.

[3] Der Kläger ließ das Bauvorhaben aber ohnehin nicht nach den vom Beklagten vorgenommenen Absteckungen ausführen. Vielmehr errichteteeres darüber hinausgehend. Auch wenn der Kläger auf den Umstand, dass das Bauvorhaben im Norden einen um 19 cm zu geringen Abstand von der Grundstücksgrenze aufwies, hingewiesen worden wäre, so hätte er das Bauvorhaben so wie nunmehr bestehend ausgeführt.

[4] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren mangels Kausalität des Fehlverhaltens des Beklagten für den geltend gemachten Schaden ab.

Rechtliche Beurteilung

[5] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers.

[6] 1. Die behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens wurden geprüft, liegen jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

[7] 2.1. Der Kläger macht in seiner Revision geltend, der Beklagte habe entgegen der Ansicht der Vorinstanzen keine Warnpflichtverletzung gemäß § 1168a ABGB, sondern eine eigenständige Fehlleistung zu verantworten, weil er die Absteckung an der nördlichen Grundstücksgrenze unrichtig, nämlich innerhalb des Bauwich, vorgenommen habe.

[8] 2.2. Die Haftung für die Folgen einer rechtswidrigen Unterlassung ist wegen fehlender Kausalität zu verneinen, wenn der Nachteil, auf dessen Ersatz jemand in Anspruch genommen wird, auch bei dessen pflichtgemäßem positivem Tun eingetreten wäre. Dafür ist der Schädiger beweispflichtig (RS0022900 [T17]). Dieser Beweis ist dem Beklagten gelungen. Es steht nämlich fest, dass selbst dann, wenn der Kläger vom Beklagten auf den Umstand hingewiesen worden wäre, dass das Bauvorhaben im Norden einen um 19 cm zu geringen Abstand von der Grundstücksgrenze aufwies, der Kläger das Bauvorhaben so wie nunmehr bestehend ausgeführt hätte. Die Abweisung des Klagebegehrens durch die Vorinstanzen mangels Kausalität ist daher nicht korrekturbedürftig. Damit liegen auch die geltend gemachten sekundären Feststellungsmängel mangels Relevanz nicht vor.

[9] 2.3. Aber selbst wenn man der vom Kläger in der Revision vertretenen Ansicht folgen würde, wäre für ihn nichts gewonnen, weil es hier keinen Unterschied macht, ob die Sorgfaltswidrigkeit des Beklagten darin liegt, dass er den Kläger nicht darauf hingewiesen hat, dass sein Bauvorhaben auch im Norden einen um 19 cm zu geringen Abstand von der Grundstücksgrenze aufwies und/oder darin, dass die vom Beklagten in natura abgesteckten Punkte die nördliche Baufluchtlinie um 19 cm überragten. Wesentlich ist, dass der Kläger das Bauvorhaben bewusst nicht nach den vom Beklagten vorgenommenen Absteckungen ausführen ließ, diese also ignorierte, und es auch bei einem entsprechenden Warnhinweis des Beklagten wie nunmehr bestehend ausgeführt hätte. Daraus lässt sich zwanglos ableiten, dass auch eine vom Beklagten vorgenommene richtige Absteckung am Schadenseintritt und Schadensausmaß nichts geändert hätte. Auch bei einem aktiven Tun besteht aber keine Haftung, wenn derselbe Nachteil auch bei rechtmäßigem Verhalten des Beklagten eingetreten wäre (vgl RS0111706 [insb T9]).

[10] 3. Der Kläger begehrt Abbruchkosten von 42.570,86 EUR, Kosten der Neuerrichtung des Rohbaus von 163.872,46 EUR und Planungskosten von 3.556,68 EUR, also insgesamt 210.000 EUR. Darüber hinaus brachte er vor, die an die (vormals fünf) Beklagten bezahlten Entgelte seienim geltend gemachten Betrag nicht enthalten, weil es sonst zu einer doppelten Kompensation kommen würde. Für den Fall, dass das Gericht keinen Schadenersatzanspruch zuerkennen sollte, würden die bezahlten Entgelte zurückgefordert. Da der Kläger diesbezüglich im gesamten Verfahren kein ziffernmäßig bestimmtes (Eventual-)Klagebegehren erhoben und kein konkretes Vorbringen erstattet hat, ist die klageabweisende Entscheidung des Berufungsgerichts auch diesbezüglich nicht korrekturbedürftig (vgl RS0116144). Damit kann auch der in diesem Zusammenhang geltend gemachte sekundäre Feststellungsmangel nicht vorliegen.

[11] 4. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte