European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020OB00058.23B.0420.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Klägerin begehrt von der erstbeklagten Einreich- und Ausführungsplanerin und der zweitbeklagten örtlichen Bauaufseherin zur ungeteilten Hand Sanierungskosten im Zusammenhang mit der Herstellung des nicht ausreichend ausgeführten Brandschutzes der Einhausung einer Lüftungsanlage ihres Hotels.
[2] Das Berufungsgericht sprach über Berufung der Klägerin gegen das abweisende (End‑)Urteil des Erstgerichts mit Zwischenurteil aus, das Klagebegehren bestehe dem Grunde nach zu Recht.
[3] Die nur von der Erstbeklagten erhobene außerordentliche Revision ist mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
[4] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[5] 2.1 Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge wesentlicher Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936).
[6] 2.2 Die Annahme des Berufungsgerichts, die (unstrittig) von der Erstbeklagten übernommene Einreich- und Ausführungsplanung der Einhausung der Lüftungsanlage umfasse auch die normgemäße Planung des erforderlichen Brandschutzes, ist jedenfalls vertretbar. Dass das Erstgericht betreffend die Zweitbeklagte ausführlichere Feststellungen zu deren Vertragsverhältnis traf und sich diese auch um die Mängelbehebung bemühte, lässt nicht den Schluss zu, die Erstbeklagte sei im Rahmen ihrer Planung nicht gehalten gewesen, die notwendigen – von ihr im Übrigen während der Bauphase auch wiederholt angesprochenen – Brandschutzvorschriften zu berücksichtigen. Das Argument der Erstbeklagten, die Lüftungseinhausung sei ohnehin nicht mangelhaft, entfernt sich vom festgestellten Sachverhalt, aus dem sich die Nichtberücksichtigung der Brandschutzerfordernisse ergibt.
[7] 3.1 Ein Schaden ist adäquat herbeigeführt, wenn seine Ursache ihrer allgemeinen Natur nach für die Herbeiführung eines derartigen Erfolgs nicht als völlig ungeeignet erscheinen muss und nicht nur infolge einer ganz außergewöhnlichen Verkettung von Umständen zu einer Bedingung des Schadens wurde (RS0022906). Der Schädiger haftet für alle, auch für zufällige Folgen, mit deren Möglichkeit abstrakt zu rechnen gewesen ist, nur nicht für einen atypischen Erfolg (RS0022944). Auch wenn eine weitere Ursache für den entstandenen Schaden dazu tritt, ist die Adäquanz zu bejahen, wenn nach den allgemeinen Erkenntnissen und Erfahrungen das Hinzutreten der weiteren Ursache, wenn auch nicht gerade normal, so doch wenigstens nicht gerade außergewöhnlich ist (RS0022918). Der Adäquanzzusammenhang muss sich nicht nur auf den ersten Schaden, sondern auch auf Folgeschäden beziehen (RS0022546 [T13]). An der Adäquanz fehlt es, wenn die Möglichkeit eines bestimmten Schadenseintritts so weit entfernt liegt, dass nach der Lebenserfahrung vernünftigerweise eine solche Schädigung nicht in Betracht gezogen zu werden braucht (RS0022918 [T17]). Das Dazwischentreten eines Dritten „durchbricht den Kausalzusammenhang“ (nur), wenn mit einem derartigen Handeln und mit dem dadurch bedingten Geschehnisablauf nach der Lebenserfahrung nicht zu rechnen war (RS0022918 [T19]).
[8] 3.2 Wegen der Einzelfallbezogenheit kann die Beurteilung der Adäquanz nur dann die Zulässigkeit der Revision begründen, wenn das Berufungsgericht seinen Beurteilungsspielraum, der sich in dieser Wertungsfrage aus den Leitlinien der genannten Rechtsprechung ergibt, überschritten hat (RS0110361).
[9] 3.3 Soweit das Berufungsgericht auch jene Mängelbehebungskosten als adäquat verursachte Schadensfolge qualifiziert hat, die auf eine (allenfalls überschießende) Sanierungsempfehlung des von der Zweitbeklagten im Zuge der Mängelbehebung beigezogenen Sachverständigen zurückzuführen sind und die die vom Erstgericht als notwendig festgestellten Kosten übersteigen, ist dies vertretbar. Dass es aufgrund (allenfalls überschießender) Empfehlungen eines Sachverständigen im Zuge der Mängelbehebung zu die unbedingt notwendigen Sanierungskosten übersteigenden Aufwendungen kommt, liegt nicht außerhalb jeglicher Lebenserfahrung.
[10] 4. Ein Anteil an der Schadenszufügung ist dann bestimmbar, wenn nachgewiesen wird, dass ein Schädiger in zurechenbarer Weise nur einen bestimmten Teil des Gesamtschadens verursacht hat (RS0026615). Mit ihrem Hinweis, sie habe nicht für die die (unbedingt) notwendigen Sanierungskosten übersteigenden Aufwendungen zur ungeteilten Hand mit der Zweitbeklagten einzustehen, weil sich aufgrund der Beiziehung des Sachverständigen allein durch die Zweitbeklagte insoweit die Anteile der Schädiger bestimmen ließen, gelingt es der Erstbeklagten nicht, darzutun, dass sie diesen Teil des Schadens nicht verursacht hätte. Vielmehr war ihre Pflichtverletzung auch für diesen Schadensteil kausal. Letztlich zielt das Vorbringen erneut auf die Geltendmachung des (im Verfahren erster Instanz unterbliebenen) Einwands der Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit sowie Fragen des hier nicht zu prüfenden Regresses zwischen den Solidarschuldnern ab.
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