OGH 10Nc31/22y

OGH10Nc31/22y20.1.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Dr. Annerl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Mag. Vinzenz Fröhlich, Dr. Maria Christina Kolar‑Syrmas, Dr. Armin Karisch, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei J*, vertreten durch Dr. Sabine C.M. Deutsch, Rechtsanwältin in Riegersburg, wegen Zahlung, über die Delegierungsanträge der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0100NC00031.22Y.0120.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Äußerung der Klägerin vom 20. Dezember 2022 (ON 49) wird zurückgewiesen.

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin begehrt im Verfahren vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu AZ *vom Beklagten Schadenersatz (Streitwert 76.299,45 EUR).

[2] Der Beklagte stellte mehrere (zum Teil rechtskräftig abgewiesene) Ablehnungsanträge und überdies die zwei gegenständlichen Delegierungsanträge vom 13. September 2022 (ON 16) und vom 12. Oktober 2022 (ON 30.2).

[3] Mit Verfügung vom 6. Dezember 2022 stellte das Erstgericht die beiden Delegierungsanträge der Klägerin zur allfälligen Äußerung binnen 14 Tagen zu.

[4] Mit Bescheid vom 13. Dezember 2022, zu AZ 2022/0484, zeigte der Ausschuss der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer gemäß § 70 Abs 1 DSt an, dass über die Beklagtenvertreterin in der Sitzung des Disziplinarrats vom 7. Dezember 2022 zu AZ D 24/21, D 60/22, D 61/22, D 71/22 die einstweilige Maßnahme der vorläufigen Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft verhängt und ein Kammerkommissär bestellt worden ist.

[5] Die Klägerin brachte am 21. Dezember 2022 eine Äußerung vom 20. Dezember 2022 (ON 49) ein, in der sie zum Delegierungsantrag des Beklagten vom 12. Oktober 2022 Stellung nahm.

Rechtliche Beurteilung

[6] Die Äußerung der Klägerin ist zurückzuweisen. Über die Delegierungsanträge ist derzeit nicht zu entscheiden.

[7] 1. Wenn der Rechtsanwalt einer Partei stirbt oder unfähig wird, die Vertretung der Partei fortzuführen, tritt gemäß § 160 Abs 1 ZPO insoweit, als die Vertretung durch Rechtsanwälte gesetzlich geboten ist, eine Unterbrechung des Verfahrens ein, bis ein anderer Rechtsanwalt von der Partei bestellt und von diesem Rechtsanwalt seine Bestellung unter gleichzeitiger Aufnahme des Verfahrens dem Gegner angezeigt wird. Ein Fall der Unfähigkeit, die Vertretung der Partei fortzuführen, liegt vor, wenn die Ausübung der Rechtsanwaltschaft – wie hier – nach § 19 Abs 3 Z 1 lit d DSt vorläufig untersagt wird (3 Ob 2132/96t). Da im vorliegenden Verfahren absolute Anwaltspflicht herrscht, war das Verfahren gemäß § 160 Abs 1 ZPO seit der Wirksamkeit der Maßnahme (vgl § 57 Abs 2 DSt) unterbrochen.

[8] 2. Parteihandlungen, die während aufrechter Unterbrechung vorgenommen werden, sind dem Gegner gegenüber ohne rechtliche Wirkung (§ 163 Abs 2 ZPO) und daher zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0036967; RS0037093). Dies trifft auf die Äußerung der Klägerin vom 20. Dezember 2022 (ON 49) zu.

[9] 3. Nach Eintritt der Unterbrechung sind auch Gerichtshandlungen, die nicht bloß dem durch die Unterbrechung des Verfahrens geschaffenen Zustand Rechnung tragen, unzulässig (RS0036996). Über die (vor der Unterbrechung gestellten) Delegierungsanträge kann daher derzeit nicht entschieden werden, sodass der Akt vorerst unerledigt dem Erstgericht zurückzustellen ist (2 Nc 15/14z).

Stichworte