OGH 10ObS3/23y

OGH10ObS3/23y17.1.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Hofrat Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Dr. Annerl sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Heinz Schieh (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Kramreither (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei W*, vertreten durch Sacha Katzensteiner Blauensteiner Rechtsanwälte GmbH in Krems an der Donau, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich‑Hillegeist‑Straße 1, wegen Ausgleichszulage, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. November 2022, GZ 8 Rs 54/22 b‑58, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:010OBS00003.23Y.0117.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Sozialrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der 1951 geborene Kläger bezieht eine Berufsunfähigkeitspension. Daneben bezog er ab Jänner 2020 eine Ausgleichszulage in Höhe von 968,06 EUR nach dem Richtsatz für im gemeinsamen Haushalt lebende Ehegatten (§ 293 Abs 1 lit a sublit aa ASVG) mit der Richtsatzerhöhung für ein Kind (§ 293 Abs 1 letzter Satz ASVG).

[2] Die Gattin des Klägers übersiedelte Ende August 2020 nach Ungarn. Seit diesem Zeitpunkt besucht der Sohn des Klägers den Kindergarten und anschließend die Schule in Ungarn. Auch der Kläger hält sich seit Herbst 2020 überwiegend in Ungarn auf und „pendelt“ nach Wien, um allfällige Erwerbsmöglichkeiten wahrzunehmen.

[3] Mit Bescheid vom 19. Juni 2020 sprach die Beklagte aus, die Ausgleichszulage werde (bereits) ab 1. Juni 2020 vorläufig herabgesetzt.

[4] Mit seiner dagegen gerichteten Klage begehrt der Kläger die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm über den im Bescheid genannten Zeitpunkt hinaus Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß (erkennbar gemeint: in der seit 1. Jänner 2020 gewährten Höhe) zu gewähren.

[5] Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Weitergewährung der Ausgleichszulage in der seit 1. Jänner 2020 gewährten Höhe über den 1. Juni 2020 hinaus bis zum 31. August 2020 und wies das Mehrbegehren, die Beklagte sei schuldig, dem Kläger ab 1. September 2020 die Ausgleichszulage in der seit 1. Jänner 2020 gewährten Höhe zu zahlen, ab. Eine Herabsetzung des Ausgleichszulagenanspruchs ab dem 1. Juni 2020 sei nicht gerechtfertigt, jedoch bestehe infolge durchgehenden Aufenthalts der Ehegattin des Klägers und des gemeinsamen Kindes in Ungarn ab Ende August 2020 kein Anspruch auf die Anwendung des erhöhten Richtsatzes.

[6] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es verneinte den in der Berufung als Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens gerügten Verstoß gegen § 405 ZPO. Die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger die Ausgleichszulage in der bisherigen Höhe über den 1. Juni 2020 hinaus bis zum 31. August 2020 weiter zu gewähren, stelle gegenüber dem Klagebegehren kein Aliud sondern ein Minus dar. Die Revision ließ es nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[7] In der außerordentlichen Revision macht der Kläger keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO geltend.

[8] 1. Der Kläger macht in der außerordentlichen Revision als unrichtige rechtliche Beurteilung geltend, dass der Ausspruch, dem Kläger die Ausgleichszulage in der bisher gewährten Höhe über den 1. Juni 2020 hinaus lediglich bis zum 31. August 2020 weiter zu gewähren, ein Aliud iSd § 405 ZPO zu seinem Klagebegehren darstelle, ihm die Ausgleichszulage in der bisher gewährten Höhe über den 1. Juni 2020 – sohin lediglich über einen gewissen Zeitpunkt – hinaus weiter zu gewähren. Das Gericht sei nach § 405 ZPO nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, das nicht beantragt sei.

[9] 2. Ein Verstoß gegen § 405 ZPO begründet jedoch keine unrichtige rechtliche Beurteilung iSd § 503 Z 4 ZPO, sondern eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens (RS0041089), die der Kläger in der Berufung auch geltend machte. Wird ein Verstoß gegen § 405 ZPO vom Berufungsgericht verneint, kann er – auch in Sozialrechtssachen (RS0043061) – in dritter Instanz nicht mehr angefochten werden (RS0041117). Der Umstand, dass der Kläger diesen Mangel (nunmehr) unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend macht, ändert daran nichts (RS0106371 [T7]).

[10] 3. Mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision somit zurückzuweisen.

Stichworte