OGH 1Ob187/22i

OGH1Ob187/22i22.11.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* T*, vertreten durch Mag. Alfons Umschaden, MBA, M.B.L., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. T* V*, und 2. M* V*, beide vertreten durch Mag. Florian Kreiner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 194.909,55 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. Juli 2022, GZ 16 R 35/22t‑111, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00187.22I.1122.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Für das Zustandekommen eines Vertrags ist die Einigung der Vertragsteile über den Vertragsinhalt und die ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung des Abschlusswillens erforderlich (RS0014007; RS0038607 [T7]). Beim Kauf ist der Vertrag grundsätzlich schon dann perfekt, also für beide Vertragsteile voll verbindlich, wenn sie sich – gegebenenfalls auch bloß mündlich – über den Kaufgegenstand und Kaufpreis geeinigt haben (RS0019951 [T3]); es genügt die objektive Bestimmbarkeit von Ware und Preis (RS0019952).

[2] Die Frage des Zustandekommens eines Vertrags richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls; dieser Frage kommt regelmäßig keine darüber hinausgehende Bedeutung zu (RS0042776 [T37]; vgl RS0042555). Eine vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, das sowohl eine Einigung über den Preis der einzelnen Produkte als auch über das genaue Ausmaß der benötigten Stoffe und Textilien wie auch einen endgültigen Bindungswillen verneinte, liegt nicht vor:

[3] 2. Nach den Feststellungen erfolgte keine ausdrückliche Auftragserteilung durch die Beklagten. Anlässlich der beiden Treffen im August und September 2014 wurde keine Einigung über den Leistungsumfang der benötigten Stoffe und Textilien erzielt. Im Oktober 2014 verlangten die Klägerin sowie eine weitere Verkaufsinteressentin von einem Unternehmen, dessen Anteile der Zweitbeklagte hielt, Anzahlungen für den „erteilten Auftrag“ von insgesamt 210.000 EUR, die nicht geleistet wurden. Eine weiters übermittelte Kostenaufstellung über den Gesamtauftrag in der Größenordnung von 500.000 EUR wurde von einer Mitarbeiterin des Unternehmens aufgrund der Höhe und mangels Aufschlüsselung beanstandet. Zu den detaillierteren Kostenaufstellungen der Klägerin und der weiteren Verkaufsinteressentin vom November 2014, in denen „zahlreiche Dinge herausgenommen“ wurden, teilte die Mitarbeiterin des Unternehmens mit, dass eine Bestellung der Ware nicht mehr gewünscht werde. Wenn das Berufungsgericht unter Zugrundelegung dieser Feststellungen sowohl eine ausdrückliche als auch eine stillschweigende Erklärung des Bindungswillens der Beklagten verneinte, ist diese Beurteilung nicht zu beanstanden.

[4] Da es nach der vertretbaren Ansicht des Berufungsgerichts schon am endgültigen Abschlusswillen der Beklagten mangelte und damit der Vertrag nicht zustande kam, braucht auf die Ausführungen der Revisionswerberin zur Frage, ob ein Eigengeschäft der Beklagten vorlag oder ob deren Verhalten dem Unternehmen des Zweitbeklagten zuzurechnen war, nicht eingegangen werden.

[5] 3. Da der Oberste Gerichtshof die Beantwortung der Revision nicht freigestellt hat, ist die dennoch erstattete Revisionsbeantwortung der Beklagten gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Für diese steht daher kein Kostenersatz zu (vgl RS0043690 [T6, T7]).

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