OGH 2Ob140/22k

OGH2Ob140/22k27.9.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen 1. Y*, geboren am * 2013 und 2. N*, geboren am * 2015, beide *, vertreten durch das Land Wien als Kinder‑ und Jugendhilfeträger (Magistrat der Stadt Wien, Wiener Kinder‑ und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Bezirke 16, 17, 18, 19), wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Vaters Mag. F*, vertreten durch Puschner Spernbauer Rosenauer Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 5. Mai 2022, GZ 48 R 57/22w‑11, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 31. Jänner 2022, GZ 35 Pu 50/20s‑6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00140.22K.0927.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Vater versäumte die vom Erstgericht nach § 17 AußStrG gesetzte Frist zur Äußerung über den Unterhaltserhöhungsantrag der Kinder. Das Erstgericht gab diesem Antrag statt, wobei es nach § 17 AußStrG mangels Stellungnahme des Vaters davon ausging, dass er dem Antrag keine Einwendungen entgegensetzt.

[2] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge und verneinte im Zusammenhang mit § 17 AußStrG eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und eine Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens. Es ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mit Blick auf die vom Rekursgericht nicht geteilte Judikatur zu, wonach die Verfahrensvereinfachung des § 17 AußStrG nicht gelte, wenn aus besonderen Gründen anzunehmen sei, dass der zur Äußerung Aufgeforderte ungeachtet seines Schweigens dem Antrag entgegentrete (RS0006941 [T7]; RS0008420).

Rechtliche Beurteilung

[3] 1. Der Oberste Gerichtshof ist an den Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts nicht gebunden (RS0107859). Die Zurückweisung eines ordentlichen Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 62 Abs 1 AußStrG) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG).

[4] 2. Das Rekursgericht hat begründet dargelegt, dass sich das Erstgericht zu Recht auf § 17 AußStrG gestützt habe, und damit inhaltlich das Vorliegen einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz verneint. Ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens bildet grundsätzlich auch im Verfahren außer Streitsachen keinen Revisionsrekursgrund (RS0050037 ua; 1 Ob 238/14b [§ 17 AußStrG]). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann selbst im Verfahren über den Unterhalt minderjähriger Kinder nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden (vgl RS0030748 [T4]). Solche besonderen Umstände spricht der Revisionsrekurswerber in seinem Rechtsmittel aber erst gar nicht an.

[5] 3. Selbst wenn man die Rechtsmittelausführungen dahin versteht, dass der Vater auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, ergibt sich aus ihnen nicht die Zulässigkeit des Revisionsrekurses. Die in § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG genannten Mängel, zu denen die Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß § 58 Abs 1 Z 1 AußStrG zählt (vgl RS0121265 [T4]), können zwar auch dann in einem Revisionsrekurs geltend gemacht werden, wenn sie vom Rekursgericht verneint wurden (RS0121265). Der Anfechtungsgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist aber dadurch gekennzeichnet, dass er nicht mehr absolut – wie die Nichtigkeitsgründe der ZPO – wirkt, sondern nur dann zur Aufhebung führen kann, wenn er zum Nachteil des Rechtsmittelwerbers ausschlagen könnte (RS0120213). Der Rechtsmittelwerber hat daher die Relevanz des Verfahrensverstoßes aufzuzeigen (RS0120213 [T14, T21]), indem er darlegt, welches konkrete Vorbringen er erstattet hätte, wenn der Gehörverstoß nicht stattgefunden hätte (RS0120213 [T9]). Diesem Erfordernis wird der Revisionsrekurs nicht gerecht, weil nicht ansatzweise aufgezeigt wird, was der Vater dem Unterhaltserhöhungsantrag inhaltlich entgegenhält.

[6] 4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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