European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0040OB00104.22F.0923.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Klägerin ist Fruchtgenussberechtigte einer Liegenschaft, auf der die Beklagte Geschäftsräumlichkeiten gemietet hat.
[2] Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung der Klage auf Zahlung eines um 50 % erhöhten Hauptmietzinses, weil die Klägerin der Beklagten im fraglichen Zeitraum nur einen Mietzins ohne Erhöhungsbetrag vorgeschrieben habe, was als Anerkenntnis der Höhe des Mietzinses ohne Erhöhungsbetrag zu werten sei.
Rechtliche Beurteilung
[3] Mit der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision, die auf Klagestattgebung gerichtet ist, macht die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Das Rechtsmittel ist daher nicht zulässig und folglich zurückzuweisen.
[4] 1. Zwischen den Streitteilen war bereits eine Vielzahl von Gerichtsverfahren anhängig. Unter anderem wurde eine Klage des Eigentümers (der hier als Vertreter der Klägerin auftritt) und der Klägerin, mit der sie ebenfalls eine 50%ige Erhöhung des Hauptmietzinses (hinsichtlich anderer Mietzinsperioden als im vorliegenden Verfahren) begehrten, in allen Instanzen abgewiesen. Nach Rechtskraft dieser Entscheidung haben die Klägerin und der Eigentümer nur mehr einen Mietzins ohne die 50%ige Erhöhung vorgeschrieben. Das Berufungsgericht leitete aus diesem Verhalten der Klägerin ab, dass sie entweder auf den Erhöhungsbetrag verzichtet oder den Mietzins ohne Erhöhungsbetrag anerkannt habe.
[5] 2.1. Ob nach den Umständen des Einzelfalls ein Verzicht oder ein Anerkenntnis anzunehmen ist oder nicht, stellt im Regelfall keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (RS0107199; RS0044298). Etwas anderes würde nur gelten, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936; RS0112106).
[6] 2.2. Ein unvertretbares Auslegungsergebnis liegt aber hier nicht vor. Die Klägerin und der Eigentümer sind in der Vergangenheit nicht einfach untätig geblieben, sondern haben aktiv versucht, die Mietzinserhöhung durchzusetzen. Aufgrund des Umstands der rechtskräftigen Abweisung des Erhöhungsbegehrens und nachfolgenden Vorschreibung des Mietzinses ohne Erhöhungsbetrag durfte die Beklagte unter Bedachtnahme auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche den zweifelsfreien Schluss ziehen, dass die Klägerin auf die Mietzinserhöhung verzichtet habe.
[7] 3. Soweit die Klägerin geltend macht, dass ein Mietnachlass durch Verzicht auf die 50%ige Erhöhung im Hinblick auf § 42 Abs 2 MRG unzulässig und nichtig sei, verstößt sie damit gegen das Neuerungsverbot. Im Übrigen hindern die Exekutions‑ und Verfügungsbeschränkungen des § 42 MRG nicht den Verzicht des Vermieters auf die Einhebung eines erhöhten Mietzinses (RS0034039).
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