OGH 3Ob117/22k

OGH3Ob117/22k8.9.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. M* S*, und 2. P* S*, beide vertreten durch die Battlogg Rechtsanwalts GmbH in Schruns, gegen die beklagte Partei Mag. B* S*, Rechtsanwalt, *, wegen 67.121,30 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. April 2022, GZ 2 R 39/22k‑61, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00117.22K.0908.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Beklagte, ein Rechtsanwalt und Onkelder Kläger, fungierte ab dem 6. 3. 2012 als Verlassenschaftskurator der Verlassenschaft nach seinem Vater. Als die Verlassenschaft am 26. 11. 2014 den Klägern, dem Beklagten und drei weiteren Personen eingeantwortet wurde, hafteten keine fälligen Raten aus zwei seinerzeit vom Verstorbenen aufgenommenen Krediten bei der örtlichen Sparkasse aus, sehr wohl aber, als am 15. 2. 2016 der Beschluss auf Enthebung des Beklagten als Kurator in Rechtskraft erwuchs.

[2] Die Sparkasse forderte in einem an die Mutter als gesetzliche Vertreterin der beiden damals noch minderjährigen Kläger gerichteten Schreiben vom 5. 4. 2016 zur Begleichung der zu diesem Zeitpunkt fälligen Rückstände auf. Die Mutter übermittelte das Schreiben an den Klagevertreter. Weder die Mutter noch der Klagevertreter nahmen Kontakt mit dem Beklagten zur Überprüfung der Berechtigung des Mahnschreibens auf, noch forderten sie zwecks Überprüfung des behaupteten Rückstands die Sparkasse zur Übermittlung von Kontoauszügen oder dergleichen auf. Vielmehr ließ man es auf die – am 25. 5. 2016 erfolgte – Aufkündigung der Kredite durch die Sparkasse und auf eine – am 13. 9. 2016 von dieser eingebrachte – Zahlungsklage ankommen. In dem mit der Sparkasse geführten Prozess unterlagen die Kläger. Die Begleichung der im Mahnschreiben vom 5. 4. 2016 genannten fälligen Rückstände wäre den Klägern problemlos und sofort möglich gewesen.

[3] Die Vorinstanzen wiesen die – soweit für das Revisionsverfahren noch von Relevanz – auf Ersatz der Kosten des verlorenen Prozesses gerichtete Klage gegen den ehemaligen Verlassenschaftskurator ab. Tragende Begründung des Berufungsgerichts war, dass der Beklagte objektiv verpflichtet gewesen sei, bis zu seiner Enthebung das Amt des Verlassenschaftskurators auszuüben und ihm die Kreditrückstände womöglich auch subjektiv vorwerfbar sein könnten. Die Kläger hätten aber – durch das ihnen zuzurechnende Verhalten ihrer Mutter bzw des Klagevertreters – ihre Schadensminderungsobliegenheit verletzt. Nach Beurteilung des Berufungsgerichts hätte nämlich ein verständiger Bankkunde in der vorliegenden Konstellation die (geringen) Außenstände (allenfalls unter Rückforderungsvorbehalt) beglichen bzw von der Sparkasse Informationen eingefordert. Hätten die Kläger dies getan, wäre es nicht zur Klage der Sparkasse gekommen. Die Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit habe nach der Rechtsprechung zur Folge, dass der Geschädigte den dadurch entstandenen Schaden allein tragen müsse. Dass der Beklagte seine Rechnungslegungspflicht gegenüber den Klägern verletzt und er hinsichtlich des Rückstands allfällig auch eine Pflichtverletzung zu verantworten habe, sei angesichts der den Klägern zur Last fallenden gravierenden Unterlassungen „außerdem vernachlässigbar“.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die Kläger zeigen in ihrer außerordentlichen Revision keine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität auf.

[5] 1. Das Berufungsgericht legte seiner Beurteilung zutreffend zugrunde, dass das Amt des Verlassenschaftskurators nicht bereits mit der Einantwortung, sondern erst mit seiner (rechtskräftigen) Enthebung endet (stRsp, RS0117034). Dass das Erstgericht eine abweichende Rechtsansicht vertrat, macht die Revision nicht zulässig.

[6] 2. Aus § 1304 ABGB ergibt sich die Verpflichtung des Geschädigten, den Schaden möglichst gering zu halten, wenn und soweit ihm ein entsprechendes Verhalten möglich und zumutbar ist (RS0027043 [insb T9]). Eine Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit schlägt sich im Regelfall nicht in einer quotenmäßigen Schadensteilung nieder; der Geschädigte hat vielmehr die von ihm zu vertretende Schadenserhöhung allein zu tragen (RS0124232).

[7] Auch diese Rechtsprechung legte das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde. Dabei ging es – was in der Revision unbeanstandet bleibt – davon aus, dass es unter Zugrundelegung des Verhaltens eines verständigen Bankkunden gar nicht zum Prozess mit dem Kreditinstitut gekommen wäre und die Kläger durch Unterlassung dieses Verhaltens ihre Schadensminderungsobliegenheit verletzten. Wenn das Berufungsgericht ausführt, die allfällige Pflichtverletzung des Beklagten sei „außerdem vernachlässigbar“, so ist dies nur eine Hilfs- bzw Alternativbegründung. Allein deren Richtigkeit wird von den Klägern in der außerordentlichen Revision in Abrede gestellt, wenn argumentiert wird, es sei der Beklagte, der ein derart schwerwiegendes Verschulden zu verantworten habe, welches das Verschulden der Kläger vernachlässigbar erscheinen lasse. Wird in der Revision eine alternative Begründung des Berufungsgerichts, die selbständig tragfähig ist, unbekämpft gelassen, so zeigt die Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf (RS0118709 [T7]).

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