OGH 13Os1/22d

OGH13Os1/22d22.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Juni 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Fischer in der Strafsache gegen * E* wegen des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 30. September 2021, GZ 48 Hv 9/21t‑52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0130OS00001.22D.0622.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * E* des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 erster Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er vom 2. Jänner 2013 bis zum 2. Mai 2017 in B* die ihm von * L* in Form einer Zeichnungsberechtigung auf ihrem Konto eingeräumte Befugnis, über deren Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und L* dadurch um mehr als 5.000 Euro am Vermögen geschädigt, indem er entgegen der mit L* getroffenen Vereinbarung (US 8) zahlreiche rechtsgrundlose – im angefochtenen Urteil näher bezeichnete – Abhebungen vom Konto der Genannten im Gesamtbetrag von 108.000 Euro durchführte und diese Beträge teils auf seine Konten einzahlte, teils anderweitig für eigene Zwecke verwendete.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Der Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) in Bezug auf die Feststellungen zur objektiven und zur subjektiven Tatseite trifft nicht zu:

[5] Die Aussage der Zeugin * S* (ON 49 S 8 ff) blieb nicht unberücksichtigt, sondern wurde von den Tatrichtern mit eingehender Begründung als unglaubwürdig verworfen (US 13 f). Dass einer der diesbezüglich im Urteil dargelegten Gründe den Angeklagten nicht überzeugt, stellt keine Nichtigkeit her (RIS‑Justiz RS0118317 [T9]).

[6] Ebenso wurde die Verantwortung des Angeklagten, er habe L* nach den Barabhebungen immer alle Kontoauszüge gezeigt, ausdrücklich erörtert, jedoch als unglaubwürdig beurteilt (US 11 und 13).

[7] Die Angaben der Zeuginnen * G* (ON 49 S 18 ff), * Sc* (ON 49 S 21 ff) und * M* (ON 49 S 29 ff) haben die Tatrichter auch nicht übergangen (US 14). Zu einer Erörterung sämtlicher Aussagedetails waren sie entsprechend dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten (RIS‑Justiz RS0098778 und RS0106295).

[8] Die Feststellungen zur objektiven Tatseite leitete das Erstgericht aus den Aussagen der Zeuginnen Sc* und M* sowie daraus ab, dass die leugnende Verantwortung des Angeklagten dessen Angaben in einem Schriftsatz in einem (bezughabenden) Zivilverfahren, im daran anschließenden Exekutionsverfahren sowie in der Vernehmung als Beschuldigter „diametral“ entgegenstand (US 9 ff).

[9] Der insoweit erhobene Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) orientiert sich nicht an diesen Entscheidungsgründen (siehe aber RIS‑Justiz RS0119370).

[10] Indem die Rüge moniert, die Konstatierungen zum wissentlichen Befugnismissbrauch stützten sich bloß auf die „verba legalia“ (der Sache nach Z 9 lit a), lässt sie offen, warum es den in dieser Hinsicht getroffenen Feststellungen (US 8 f) am gebotenen Sachverhaltsbezug fehlen sollte (RIS‑Justiz RS0119090 [T3]).

[11] Entgegen der Tatsachenrüge (Z 5a) haben die Zeuginnen G* („Einvernahme vom 2.5.2020“), M* („Einvernahme vom 17.1.2021“), Sc* („Einvernahme vom 16.1.2021“) und S* („Einvernahme vom 21.7.2021“) nach der Aktenlage nicht ausgesagt, dass L* die „Kontobelege kontrollierte“ und die „im Urteilsspruch angeführten Behebungen auch über all die Jahre niemals reklamierte“ (vgl ON 6 S 41 ff [44], ON 31 S 49 ff [57], ON 31 S 35 ff [43 f] und ON 49 S 8 ff). Indem die Rüge solcherart nicht auf der Basis des Akteninhalts argumentiert und mit ihrem weiteren Vorbringen bloß aus den vom Erstgericht angeführten Prämissen, teils durch eigene Beweiswerterwägungen, teils mittels aktenfremder Spekulationen für den Angeklagten günstigere Schlüsse zieht, verfehlt sie den Anfechtungsrahmen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0117446 und RS0099674).

[12] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[13] Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

Hinzugefügt sei:

[14] Nach den Urteilskonstatierungen hat der Angeklagte durch die Tat Vermögenswerte in der Höhe von 108.000 Euro erlangt (US 9). Den Privatbeteiligten wurden gemäß § 366 Abs 2 StPO je 54.000 Euro zugesprochen (US 5 und US 16).

[15] Das vom Erstgericht auf § 20a Abs 2 Z 3 StGB gestützte Absehen vom Verfall (US 5) war verfehlt – jedoch dem Angeklagten nicht zum Nachteil gereichend (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) – weil ein Zuspruch an Privatbeteiligte die gleichzeitige Anordnung des Verfalls nicht hindert (14 Os 110/14d, SSt 2014/56; RIS‑Justiz RS0129916 und RS0119545 [T8], aA Fuchs/Tipold in WK2 StGB § 20a Rz 20 ff [24 f]).

[16] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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