OGH 3Ob96/22x

OGH3Ob96/22x22.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Battlogg Rechtsanwalts GmbH in Schruns, gegen die beklagten Parteien 1. C*, 2. D*, beide vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Einwilligung in die Einverleibung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. April 2022, GZ 2 R 34/22z‑31, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00096.22X.0622.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Das für den Vertragsabschluss notwendige Wissen oder Wissenmüssen des Machthabers wirkt auf den Machtgeber zurück (RS0019523). Der Vollmachtgeber muss sich daher das Wissen des beauftragten Bevollmächtigten zurechnen lassen, soweit sich dieses Wissen auf den ihm übertragenen Rechtskreis erstreckt (RS0019518). In diesem Sinn muss sich der Machtgeber als Erwerber eines lastenfreien Liegenschaftsanteils die Schlechtgläubigkeit des ihn beim Vertragsabschluss und bei der Verbücherung seines Eigentumsrechts vertretenden Machthabers (konkret: dessen Kenntnis von einer mittels Vergleichs begründeten Verpflichtung seiner Vertragspartnerin, einen Teil der Liegenschaft an einen Dritten zu übertragen) zurechnen lassen (5 Ob 236/06a). Hingegen ist das Wissen des Vertragserrichters jener Vertragspartei, die diesen nur mit der Vertragserrichtung und nicht auch mit ihrer Vertretung beauftragt hat, nicht zurechenbar (4 Ob 238/19g).

[2] 2. Von diesen – entgegen der Ansicht des Klägers sehr wohl miteinander in Einklang zu bringenden – Entscheidungen sind die Vorinstanzen nicht abgewichen, indem sie davon ausgingen, dass sich die Beklagten, die bei Abschluss des Kaufvertrags über die Liegenschaften von der seinerzeit dem Kläger eingeräumten Kaufoption unstrittig selbst keine Kenntnis hatten, das Wissen des – mit der Abwicklung der Verlassenschaft nach dem vormaligen Liegenschaftseigentümer beauftragten – Rechtsanwalts als Vertragserrichter nicht zurechnen lassen müssen: Die Beklagten stimmten zwar der Vertragserrichtung durch diesen Rechtsanwalt zu, waren aber bei Abschluss des Kaufvertrags gerade nicht durch ihn vertreten, sondern handelten den Vertrag vielmehr mit ihm als Vertreter der Verkäuferseite aus. Dass der Vertragserrichter in dem von ihm verfassten Kaufvertrag auch von den Beklagten ermächtigt wurde, allfällige zur grundbücherlichen Durchführung erforderliche Verbesserungen dieses Vertrags vorzunehmen, macht ihn nicht zum Machthaber der Beklagten bei Vertragsabschluss.

Stichworte