OGH 9Ob25/22z

OGH9Ob25/22z27.4.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, Hon.‑Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Rechtssache der klagenden Partei C* N*, vertreten durch Dr. Oliver Peschel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei N* Ltd., *, vertreten durch Dr. Fabian Maschke, Rechtsanwalt in Wien, wegen 5.220 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 1. Dezember 2021, GZ 21 R 176/21x‑26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts St. Pölten vom 26. Juli 2021, GZ 14 C 90/21k‑20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0090OB00025.22Z.0427.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 501,91 EUR (darin 83,65 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Die Beklagte betreibt von ihrem Sitz in Malta aus ein Online-Casino und bietet auch in Österreich Glücksspiel an. Sie verfügt jedoch über keine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielrecht. Der Kläger nahm an von der Beklagten im Internet veranstalteten Glücksspielen teil und verlor im Zeitraum 2019 bis 2020 insgesamt 5.220 EUR.

[2] Der Kläger begehrt von der Beklagten diesen Betrag aus den Titeln der Bereicherung und Schadenersatz unter Hinweis auf die Unwirksamkeit der Glücksspielverträge. Die Beklagte biete in unzulässiger Weise in Österreich Glücksspiel an, ohne im Besitz einer Konzession zu sein.

[3] Die Beklagtebestreitet das Klagebegehren und argumentiert im Wesentlichen damit, dass die Glücksspielverträge wirksam seien, weil die österreichischen Normen über das Glücksspielmonopol, auf das sich der Kläger berufe, gegen Unionsrecht verstießen und daher unangewendet bleiben müssten.

[4] Das Berufungsgericht bestätigte die der Klage stattgebende erstinstanzliche Entscheidung. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH und des Obersten Gerichtshofs ging es davon aus, dass das österreichische Glücksspielmonopol unionsrechtskonform sei.

[5] Die ordentliche Revision ließ es zur Frage zu, ob und inwieweit einer sukzessiven Fortschreibung der Judikatur im Sinne einer (abschließenden) Bejahung der Unionsrechtskonformität des österreichischen Glücksspielmonopols zeitliche Grenzen gesetzt sein könnten.

[6] Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

[7] 1. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (RS0112921). Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht mehr im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erheblich, wenn sie durch eine oder mehrere andere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs bereits vorher geklärt wurde (RS0112921 [T5]).

[8] 2. Zu den hier zu beurteilenden Rechtsfragen hat der Oberste Gerichtshof zuletzt ua in den Verfahren 9 Ob20/21p, 4 Ob 223/21d und 6 Ob 229/21a, je mwN ausführlich Stellung genommen und festgehalten, dass das österreichische System der Glücksspielkonzessionen nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben entspricht und nicht gegen Unionsrecht verstößt. Die Überlegungen der Revisionswerberin bringen keine neuen Argumente, die den Senat zu einem Abgehen von der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs veranlassen könnten. Sekundäre Feststellungsmängel „zum Thema Unionsrechtswidrigkeit“, die eine vollständige rechtliche Beurteilung erforderten, liegen nicht vor.

[9] Die Revision der Beklagten ist daher mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

[10] Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 4150 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision der Beklagten in seiner Revisionsbeantwortung hingewiesen (RS0035979).

Stichworte