OGH 10ObS24/22k

OGH10ObS24/22k29.3.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Thunhart sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Arno Sauberer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Veronika Bogojevic (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dipl.‑Ing. (FH) K*, vertreten durch Mag. German Storch und Mag. Rainer Storch, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen vorzeitiger Alterspension bei langer Versicherungsdauer, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 12. Jänner 2022, GZ 12 Rs 43/21 m‑19, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:010OBS00024.22K.0329.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der am 7. 8. 1956 geborene Kläger hat bis zum Stichtag insgesamt 542 Versicherungsmonate erworben, davon 534 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit und acht Monate an Ersatzzeit für die Ableistung des Präsenzdienstes.

[2] Mit Bescheid vom 16. 7. 2020 gewährte die Beklagte dem Kläger eine vorzeitige Alterspension ab 1. 4. 2020 und stellte seinen monatlichen Pensionsanspruch aufgrund eines Abschlags von 5,95 % mit 3.749,98 EUR fest.

[3] Das Erstgericht wies die dagegen erhobene Klage, mit welcher der Kläger die Zuerkennung einer abschlagsfreien vorzeitigen Alterspension begehrt, ab. Zeiten des Präsenzdienstes seien keine Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit und könnten daher einen Abschlag für den vorzeitigen Pensionsantritt nicht verhindern.

[4] Das B erufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des § 236 Abs 4b ASVG nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[5] Die außerordentliche Revision des Klägers ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zulässig.

[6] 1. Nach § 236 Abs 4b ASVG idF PAG 2020, BGBl I 2019/98, ist eine Verminderung der Leistungen aus der Pensionsversicherung unzulässig, wenn die versicherte Person mindestens 540 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben hat, wobei auch bis zu 60 Versicherungsmonate für Zeiten der Kindererziehung als Beitragsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit gelten.

[7] 2. Zur inhaltsgleichen Regelung in § 120 Abs 7 GSVG hat der Oberste Gerichtshof am 22. 2. 2020 zu 10 ObS 175/21i ausgesprochen, dass Ersatzzeiten für den Präsenzdienst nach § 227 Abs 1 Z 7 und 8 ASVG aufgrund des klaren Wortlauts des Gesetzes keine Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit sind und daher einen Abschlag für den vorzeitigen Pensionsantritt nicht verhindern können. Dabei hat der Oberste Gerichtshof eine unsachliche Differenzierung im Vergleich zu den Zeiten der Kindererziehung, wie sie auch vom Kläger behauptet wird, mit ausführlicher Begründung verneint und eine verfassungskonforme Auslegung dieser Bestimmung mit dem vom Kläger gewünschten Ergebnis, dass auch Ersatzzeiten für den Präsenzdienst als Beitragsmonate anzusehen seien, abgelehnt.

[8] 3. Der Umstand, dass diese Entscheidung erst nach der Berufungsentscheidung ergangen ist, kann die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht begründen. Das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung ist nämlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (RS0112769). Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels tatsächlich aufgeworfene Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung fällt weg, wenn diese Rechtsfrage zwischenzeitig durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs geklärt wurde (RS0112921).

[9] Das Rechtsmittel des Klägers ist daher zurückzuweisen.

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