European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00017.22D.0324.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Klägerin begehrte von der beklagten Bank Schadenersatz, weil diese die Guthaben von zwei Großbetragssparbüchern, über die damals ihre 2011 verstorbene Mutter und eine weitere Person jeweils einzeln verfügungsberechtigt waren, zu Unrecht an die zweite Person ausbezahlt habe.
[2] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Die Beklagte habe an den ordnungsgemäß identifizierten Kunden geleistet; die Angabe eines unrichtigen Losungsworts durch diesen legitimierten Vertragspartner der Bank sei ohne Bedeutung.
Rechtliche Beurteilung
[3] In ihrer außerordentlichen Revision dagegen wirft die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage auf:
[4] 1.1 Die beiden Sparbücher, deren Guthaben die Beklagte im Jahr 2006 ausbezahlte, waren (lange vor dem Jahr 2000, wie aus Beilage ./D hervorgeht) ursprünglich anonym eröffnet und am 14. Juni 2002 von der Mutter der Klägerin und der zweiten Person dahingehend legitimiert worden, dass sie jeweils beide zu den Sparbüchern im Sinne der dem Spareinlagenvertrag zugrunde gelegten „Allgemeinen Bestimmungen für die Einlagen auf Sparbücher“ einzelverfügungsberechtigt waren. Ein Widerruf dieser nebeneinander bestehenden Verfügungsberechtigungen ist der Beklagten zu keinem Zeitpunkt „jemals in irgendeiner Form“ zugekommen.
[5] 1.2 Die Klägerin gesteht selbst zu, dass die zweite allein zur Verfügung über die beiden Spareinlagen berechtigte Person bei der Beklagten unter Vorlage der Sparbücher die Guthaben behob, und leitet einen Schadenersatzanspruch (nur) daraus ab, dass die Beklagte anlässlich dieser Auszahlungen nicht die Angabe der korrekten Losungsworte (Geburtsdaten der beiden Personen) dokumentierte. Entgegen ihrer Rechtsansicht ist die Entscheidung des Berufungsgerichts, das in der Auszahlung an den identifizierten Vertragspartner der Beklagten keinen Verstoß gegen die Bestimmung des § 31 Abs 3 BWG (idF BGBl I Nr 2001/2) erkannte, nicht zu beanstanden. Nach dem klaren Wortlaut der Regelung hat der Vorleger eines Vorbehaltssparbuchs bei Verfügungen über die Spareinlage das Losungswort anzugeben oder, wenn er hierzu nicht imstande ist, sein Verfügungsrecht über die Spareinlage nachzuweisen. Am Verfügungsrecht der identifizierten, zur alleinigen Verfügung berechtigten Person über die Spareinlagen war aber nach dem Sachverhalt nicht zu zweifeln. Nach ständiger Rechtsprechung ist im Übrigen der Schutzzweck des § 32 Abs 4 Z 2 BWG bzw § 40 Abs 1 BWG in der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu sehen, nicht aber darin, zivilrechtliche Schranken zu Gunsten des einen oder anderen Anspruchswerbers auf ein Sparkonto aufzustellen (vgl RS0122474).
[6] 1.3 Soweit die Revisionswerberin argumentiert, die Spareinlagen hätten beiden Personen gemeinsam gehört, weshalb sie auch über die beiden Sparbücher „nur gemeinsam materiell berechtigt“ gewesen seien, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt zur mit der Beklagten vertraglich vereinbarten Einzelverfügungsbefugnis.
[7] 2.1 Gemäß der Übergangsvorschrift des § 103b Abs 1 BWG (idgF) gelten die Bestimmungen des § 31 Abs 1 und 3 und des § 32 Abs 4 idF der BWG‑Novelle 2000, BGBl I 2000/33, für neu abgeschlossene Spareinlagenverträge ab dem 1. November 2000. Der Verweis des § 103b auf § 31 Abs 1 BWG ist so zu verstehen, dass es bei Auszahlungen von einem vor Inkrafttreten der BWG‑Novelle 2000 eröffneten Überbringersparbuch das aufgrund des Einlagestandes nunmehr als „Großbetragssparbuch“ zu qualifizieren ist, (nur) der Erfassung der Identität jener Person bedarf, an die ausgezahlt wird (3 Ob 23/20h).
[8] 2.2 Ob im Zuge der Legitimierung der ursprünglich anonym eröffneten Sparbücher im Juni 2002 – wie die Klägerin behauptet – beide Sparbücher als Bezeichnung den Namen der Mutter der Klägerin erhielten oder nicht, ist daher für den gegen die Beklagte erhobenen Schadenersatzanspruch nicht relevant. Auch daraus könnte sich nämlich ein Sorgfaltsverstoß der Beklagten, die an den identifizierten, ebenso wie die Mutter der Klägerin zur alleinigen Verfügung über die Spareinlagen Berechtigten auszahlte, nicht ergeben.
[9] 3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)