OGH 5Ob23/22a

OGH5Ob23/22a3.3.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. R*, 2. D*, ebenda, 3. B*, alle vertreten durch Mag. Bernhard Mlynek, Rechtsanwalt in Pressbaum, gegen die Antragsgegner 1. A*, 2. I*, ebenda, beide vertreten durch Mag. Dr. Robert Hirschmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 17 Abs 2 iVm § 52 Abs 1 Z 3 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 30. November 2021, GZ 19 R 52/21i, 19 R 53/21m‑19, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00023.22A.0303.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Streitteile sind Miteigentümer einer Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum an je einem der drei dort errichteten Reihenhäuser. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist eine von den Antragstellerinnen begehrte Benützungsregelung betreffend die dem erstgerichtlichen Sachbeschluss angeschlossenen Teilungsplan als „Figur 3“ bezeichnete Allgemeinfläche.

[2] Das Erstgericht wies diese den Miteigentümern der Liegenschaft zur ausschließlichen Nutzung zu, mit deren Miteigentumsanteil Wohnungseigentum am Haus 3 verbunden ist.

[3] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 10.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegner zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[5] 1.1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor. Die im Rekurs behaupteten Verfahrensmängel erster Instanz hat das Rekursgericht mit ausführlicher Begründung verneint, weshalb sie im Revisionsrekurs nicht mehr geltend gemacht werden können (RIS‑Justiz RS0042963), dies gilt auch im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren (RS0042963 [T41]). Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Rekursverfahren sei – weil das Rekursgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei – mangelhaft (vgl RS0042963 [T58]).

[6] 1.2. Mit der Frage des den Antragsgegnern angeblich nicht gewährten Parteiengehörs hat sich das Rekursgericht inhaltlich befasst und mit ausführlicher Begründung unter Hinweis auf § 58 Abs 1 Z 1 AußStrG die Auffassung vertreten, einer Aufhebung des angefochtenen Sachbeschlusses bedürfe es nicht, weil dieser selbst aufgrund der Angaben im Rekurs zur Gänze zu bestätigen wäre. Auf die rechtlichen Argumente des Rekursgerichts hiezu gehen die Antragsgegner in ihrem Zulassungsantrag gar nicht ein. Die dort als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob in einem Regelungsstreit nach WEG § 17 AußStrG angewendet werden dürfe, ist nach der vom Rekursgericht vertretenen Rechtsauffassung nicht relevant, weshalb es dies ausdrücklich (Beschlussausfertigung S 15) dahingestellt ließ. Eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens im Zusammenhang mit der Behandlung der Mängelrüge ist daher nicht zu erkennen.

[7] 2. Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Eine solche liegt nicht in der Gewinnung tatsächlicher Feststellungen durch Schlussfolgerungen, selbst wenn diese unrichtig wären (RS0043298). Sie würde einen Widerspruch zwischen dem Inhalt eines bestimmten Aktenstücks und dessen Wiedergabe durch das Rekursgericht voraussetzen (vgl RS0043298 [T11]). Hier hat das Rekursgericht das Vorbringen der Antragsgegner in ihrem Rekurs (S 18), die erlassene Benützungsregelung verhindert, dass die Antragsgegner in ihrem Garten ein Schwimmbecken installieren, weil sie dieses nicht durch ihre Wohnung transportieren könnten und auch der Weg links und rechts am Haus vorbei über die Allgemeinflächen unmöglich wäre, wenn diese Flächen nachträglich den außen liegenden Häusern 1 und 3 zugeordnet würden, dahin ausgelegt, die Bereiche links und rechts des Hauses 2 (der Antragsgegner) seien Allgemeinflächen, sodass – im Fall der ausschließlichen Benutzungsmöglichkeit der Figur 3 laut Teilungsplan (rechts vom Haus der Antragsgegner) – unverändert die Möglichkeit bleibe, über die Allgemeinfläche auf der anderen Seite der Häuser in den hinter den Häusern gelegenen Gartenanteil (auch) der Antragsgegner zu gelangen. Das ist eine aus dem Rekursvorbringen ableitbare Schlussfolgerung; dass man links von Haus 1 aufgrund einer starken Hanglage nicht zum Garten der Antragsgegner gehen könne, ist eine erstmals im Revisionsrekurs aufgestellte Behauptung, die dem im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren geltenden (RS0070485) Neuerungsverbot widerspricht.

[8] 3. Einer Vereinbarung nach § 17 Abs 1 WEG (Benützungsregelung) können jene allgemeinen Teile der Liegenschaft unterzogen werden, die nicht zwingend allgemeine Teile zu bleiben haben und insofern verfügbar sind (RS0117862). Wege (Flächen, die Allgemeinflächen miteinander verbinden) sind ex lege dann „notwendig“ allgemeine Teile der Liegenschaft, wenn sie die einzigen derartigen Flächen der Liegenschaft sind (RS0117862 [T2]). Warum die Fläche „Figur 3“, die direkt an Haus 3 angrenzt und über die direkt nur der Gartenbereich dieses Hauses zu erreichen ist, in diesem Sinn notwendig allgemeiner Teil der Liegenschaft sein soll, legen die Revisionsrekurswerber nicht nachvollziehbar dar. Der Umstand alleine, dass an dieser Fläche einem Nachbarn ein Servitutsrecht eingeräumt wurde, reicht dafür nicht aus, zumal nach der im Revisionsrekurs nicht substantiiert in Zweifel gezogenen Auffassung des Rekursgerichts es Sache der nunmehr ausschließlich benützungsberechtigten Wohnungseigentümer sein wird, dem Servitutsberechtigten die Ausübung seiner Rechte zu ermöglichen. Eine auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung zeigen die Revisionsrekurswerber auch dazu nicht auf.

[9] 4. Die Entscheidung über eine Benützungsregelung soll das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung sein, es handelt sich dabei letztlich um eine von Billigkeitserwägungen getragene Ermessensentscheidung (RS0101498 [T5, T10]). Sie hängt daher von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab (RS0101498 [T9]) und unterliegt nur insofern einer Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof, als im Interesse der Rechtssicherheit grobe Beurteilungsfehler zu korrigieren sind (RS0101498 [T6, T8]). Darin, dass die Wohnungseigentümer des Hauses 3 für die nun zugesprochene ausschließliche Nutzung kein Entgelt zu bezahlen haben, obwohl alle Mit‑ und Wohnungseigentümer Betriebskosten und Verwalterentgelt mittragen müssen, liegt aber keine in diesem Sinn korrekturbedürftige grobe Fehlbeurteilung. Beide Vorinstanzen haben zutreffend darauf verwiesen, dass – nach Wohnungseigentumsbegründung – die damalige (aufgrund Zuschlags außerbücherliche) Eigentümerin des Miteigentumsanteils, mit dem das Wohnungseigentum an Haus 3 verbunden ist, zum Wohl sämtlicher Mit‑ und Wohnungseigentümer den Ankauf der Fläche „Figur 3“ allein finanzierte, weshalb es der Billigkeit entspreche, diese Fläche den Wohnungseigentümern des Hauses 3 zur alleinigen Nutzung zuzuweisen. Das Rekursgericht hat überdies darauf verwiesen, dass der von den Antragsgegnern mitzubezahlende Betriebskostenanteil für diese Fläche sich im Wesentlichen auf die Grundsteuer beschränkt, zumal die Betriebskosten für die Pflege und Erhaltung der Fläche nicht mehr die Allgemeinheit, sondern ausschließlich die Mit‑ und Wohnungseigentümer des Hauses 3 treffen. Die anteilig von den Antragsgegnern mitzutragenden Verwalterkosten fallen im Hinblick auf die zur Finanzierung des Ankaufs dieser Fläche durch die Rechtsvorgängerin der Erst‑ und Zweitantragstellerin im Jahr 2005 aufgewendeten 51.500 EUR nicht derart ins Gewicht, dass sie die nunmehr beschlossene Benützungsregelung als unbillig erscheinen ließen.

[10] 5. Dass sich die Fläche im Miteigentum aller Wohnungseigentümer befindet, ist ihrer Qualifikation als Allgemeinfläche immanent und Voraussetzung dafür, dass eine Benützungsregelung hiefür rechtlich überhaupt zulässig ist. Dass sie anlässlich der Wohnungseigentumsbegründung im Jahr 1997 – weil damals noch gar nicht im Miteigentum der Wohnungseigentümer stehend – bei der Parifizierung nicht berücksichtigt wurde (und auch gar nicht berücksichtigt werden konnte), ist kein tragfähiges Argument gegen die beschlossene Benützungsregelung. Auch diesbezüglich kann der Revisionsrekurs daher keine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung aufzeigen.

[11] 6. Damit war der Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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