OGH 7Ob17/22h

OGH7Ob17/22h16.2.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und die Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C* K*, vertreten durch Dr. Franz Haunschmidt und Mag. Peter Breiteneder, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei G* Aktiengesellschaft, *, vertreten durch die MUSEY rechtsanwalt gmbH in Salzburg, wegen 84.054,29 EUR sA und Rente, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 15. Dezember 2021, GZ 1 R 168/21p‑31, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0070OB00017.22H.0216.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] 1.1. Wurde ein Verfahrensmangel erster Instanz in der Berufung geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber verneint, kann der Mangel nach ständiger Rechtsprechung in der Revision nicht mehr gerügt werden (RS0042963; RS0106371).

[2] 1.2. Ob ein weiteres Gutachten notwendig ist oder aber das schon erstattete die Feststellungen der Vorinstanzen rechtfertigt, sind Fragen der irrevisiblen Beweiswürdigung, wie auch die Notwendigkeit weiterer Beweisaufnahmen allgemein (RS0043320; RS0043414 [T6, T17, T18]). Die Rechtsmittelbeschränkung kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass ein unerwünschtes Ergebnis der Behandlung der Beweisrüge als Mangel des Berufungsverfahrens releviert wird (RS0043371 [T28]).

[3] 1.3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Mängel‑ oder Beweisrüge ist mängelfrei, wenn es sich mit diesen überhaupt befasst, das Verfahren des Erstgerichts überprüft, nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und in seinem Urteil festhält (RS0043144; RS0043150). Das ist hier erfolgt.

[4] 2. Die Feststellung des Invaliditätsgrads (Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Funktionsfähigkeit nach medizinischen Gesichtspunkten) stellt – entgegen der Ansicht der Beklagten – eine Tatfrage dar, die im Revisionsverfahren nicht überprüft werden kann (RS0118909). Soweit sie die Feststellung zur unfallbedingten Dauerinvalidität des rechten Beins aufgrund dessen Funktionsminderung durch die Amputation des Unterschenkels von rund 65 % von 70 % des vollen Beinwerts bemängelt, bekämpft sie unzulässigerweise die durch die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens gestützte Beweiswürdigung der Vorinstanzen; einen Verstoß des Sachverständigen gegen zwingende Denkgesetze vermag sie hingegen nicht darzulegen (RS0043320 [T2, T7]; RS0043404). Bei der Beweisaufnahme durch Sachverständige ist es deren Aufgabe, aufgrund ihrer einschlägigen Fachkenntnisse jene Methode auszuwählen, die sich zur Klärung der nach dem Gerichtsauftrag jeweils maßgebenden strittigen Tatfragen am besten eignet (RS0119439). Dass der vom Sachverständigen vorgenommene Bewertungsvorgang den AVB widersprechen könnte, kam nicht hervor.

[5] 3. Der Inhalt der vereinbarten Versicherungsbedingungen (Beil ./2) ist unstrittig und kann daher – worauf das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die einschlägige Judikatur hinwies (RS0121557 [T3]) – ohne weiteres der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Entgegen der Ansicht der Beklagten liegen keine sekundären Feststellungsmängel vor, wurden doch die für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Feststellungen getroffen. Soweit sie in diesem Zusammenhang (überdies ohne nähere Darlegung) die Feststellung einer Funktionsminderung von maximal 50 % bezogen auf den Beinwert bezüglich des teilamputierten Beins begehrt, stehen diesem Anliegen die dazu getroffenen, abweichenden Tatsachenfeststellungen entgegen (siehe RS0043320 [T16, T18]; RS0053317 [T1]).

[6] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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