European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0060OB00206.21V.1222.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs und die außerordentliche Revision werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1, § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3, § 526 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Das Berufungsgericht hat mit eingehender Begründung die Berufung, soweit sie sich auf den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO stützte, verworfen. Diese Entscheidung unterliegt – wie ein Umkehrschluss aus § 519 ZPO ergibt – keinem weiteren Rechtszug. Im Übrigen hat das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Bindung des Prozessgerichts an die Entscheidung des Pflegschaftsgerichts im Erwachsenenschutzverfahren gemäß § 6a ZPO nur für die Zukunft, also für die Zeit ab Wirksamkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters, bestünde; für den vor diesem Zeitpunkt liegenden Zeitraum hat das Prozessgericht hingegen selbständig zu prüfen, ob eine Partei prozessfähig war (3 Ob 183/99d; 10 Ob 64/11a; Fucik in Rechberger/Klicka, ZPO5 § 6a Rz 1). Die Beurteilung der Wirksamkeit früherer Prozesshandlungen obliegt daher dem Prozessgericht (Nunner‑Krautgasser in Fasching/Konecny 3 § 6a ZPO Rz 9).
[2] Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht die Prozessfähigkeit des zwischenzeitig verstorbenen vormaligen Klägers eingehend geprüft und gelangte zu dem Ergebnis, dass dieser sich zwar aufgrund seines sehr hohen Alters an viele Details nicht mehr erinnern konnte, aber ganz genau wusste, dass es gegenständlich um ein Darlehen geht, der Beklagte ihm noch einen erheblichen Betrag schuldet und er diesen offenen Restbetrag nunmehr gerichtlich verfolgt. Dazu kommt, dass das Pflegschaftsgericht im September 2020 und im Februar 2021 jeweils Erwachsenenschutzverfahren einstellte. Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage keine Bedenken gegen die Prozessfähigkeit des – in der Sache im Übrigen obsiegenden – Klägers hatten, ist dies nicht zu beanstanden.
[3] Die Auffassung des Berufungs‑ und Rekursgerichts, dass der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO nur von der Partei geltend gemacht werden kann, deren gesetzlicher Schutz beeinträchtigt wurde, nicht aber von ihrem Prozessgegner, entspricht der völlig einhelligen Auffassung in Lehre und Rechtsprechung (Pimmer in Fasching/Konecny 3 § 477 ZPO Rz 62; A. Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO5 § 477 ZPO Rz 32; RS0041952; RS0041988).
[4] Auch die Auffassung der Vorinstanzen, ein Vorgehen nach § 6a ZPO komme jedenfalls dann nicht mehr in Betracht, wenn die betreffende Partei inzwischen verstorben ist, ist nicht zu beanstanden (§ 510 Abs 3 ZPO).
[5] Die weiteren Rechtsmittelausführungen stellen lediglich den unzulässigen und damit unbeachtlichen Versuch dar, die nicht weiter anfechtbare Beweiswürdigung im Revisionsverfahren einer Überprüfung zuzuführen.
[6] Zusammenfassend bringen die Rechtsmittel sohin keine Rechtsfragen der von § 502 Abs 1 bzw § 528 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen waren.
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