OGH 2Nc32/21k

OGH2Nc32/21k14.12.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Raits Bleiziffer Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert 30.500 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 4.400 EUR), aufgrund der Anzeige möglicher Befangenheit durch ***** im Revisionsverfahren zu AZ ***** den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0020NC00032.21K.1214.000

 

Spruch:

Es besteht ein zureichender Grund, im Revisionsverfahren zu AZ ***** die Unbefangenheit des ***** in Zweifel zu ziehen.

 

Begründung:

[1] Für das im Spruch genannte Verfahren ist nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofs der ***** Senat zuständig. ***** ist Vorsitzender dieses Senats. Er zeigt an, dass seine Ehegattin Mitglied des Aufsichtsrats der Holding der Beklagten ist. Er selbst fühle sich subjektiv nicht befangen, doch sei nach der Rechtsprechung wohl vom Vorliegen des Anscheins einer Befangenheit auszugehen.

Rechtliche Beurteilung

[2] Die Befangenheitsanzeige ist begründet.

[3] 1. Nach § 19 Z 2 JN kann ein Richter abgelehnt werden, wenn ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Nach § 22 Abs 2 GOG haben Richter Gründe anzuzeigen, die ihre Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen geeignet sind; darüber ist nach § 22 Abs 3 GOG auch ohne Ablehnung durch eine Partei im Verfahren nach den §§ 23 bis 25 JN zu entscheiden.

[4] 2. Ein zureichender Grund, die Unbefangenheit eines Richters iSv § 19 Z 2 JN in Zweifel zu ziehen, liegt nach ständiger Rechtsprechung schon dann vor, wenn bei objektiver Betrachtungsweise der äußere Anschein der Voreingenommenheit – also der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche Motive (RS0045975) – entstehen könnte (RS0046052 [T2, T10]; RS0045949 [T2, T6]), dies auch dann, wenn der Richter tatsächlich (subjektiv) unbefangen ist (RS0045949 [T5]). Dabei ist zur Wahrung des Vertrauens in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzuwenden (RS0045949). Auf dieser Grundlage wurde der Anschein der Befangenheit bejaht, wenn die Ehegattin eines Richters Mitglied des Aufsichtsrats einer Prozesspartei ist (2 Nc 48/19k).

[5] 3. Im vorliegenden Fall gehört die Ehegattin des Richters dem Aufsichtsrat der Holding einer Partei an. Auch dieser Umstand könnte den Anschein erwecken, dass er sich bei der Entscheidung von anderen als rein sachlichen Gesichtspunkten leiten ließe. Ein solcher Anschein soll aber jedenfalls vermieden werden, zumal er durch Umstände rein objektiver Natur nicht widerlegbar wäre (RS0046052 [T7]).

[6] 4. Aus diesem Grund ist im Sinn von § 19 Abs 2 JN auszusprechen, dass ein zureichender Grund vorliegt, die Unbefangenheit des anzeigenden Richters in Zweifel zu ziehen. Das schließt seine Mitwirkung an der Entscheidung aus.

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