OGH 14Os113/21f

OGH14Os113/21f16.11.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. November 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Vizthum in der Strafsache gegen ***** G***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2, 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 2. August 2021, GZ 8 Hv 53/21i‑55, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0140OS00113.21F.1116.000

 

Spruch:

 

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion (auch) nach § 130 Abs 2 StGB, demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben, und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Mit ihren Rechtsmitteln werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** G***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2, 130 Abs 2 (gemeint wohl [vgl US 2 und 7]: erster und) zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall) StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 30. April 2020 in B***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem abgesondert verfolgten Mittäter Gewahrsamsträgern der B***** Aktiengesellschaft fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich 174.790 Euro Bargeld, durch Einbruch in ein Gebäude und Aufbrechen eines Behältnisses mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und unter Einsatz besonderer Fähigkeiten und Mittel (§ 70 Abs 1 Z 1 StGB) weggenommen, indem er einen Geldausgabeautomaten sprengte, die Tür des Bankfoyers mit einem Nageleisen aufbrach und den Bargeldbetrag wegnahm, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Diebstahl durch Einbruch längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges Einkommen zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die vom Angeklagten aus dem Grund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde.

[4] Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass das angefochtene Urteil einen nicht geltend gemachten Subsumtionsfehler (Z 10) zum Nachteil des Angeklagten aufweist, der von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

[5] Ein Schuldspruch wegen gewerbsmäßiger Begehung (§ 70 StGB) bedarf unter anderem Feststellungen hinsichtlich der zeitlichen Komponente der Absicht des Angeklagten, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen. Die dazu bloß mit Hilfe der verba legalia getroffenen Urteilsannahmen (US 4, 5 und 6, vgl auch US 7) weisen keinen im Sinn der Rechtsprechung ausreichenden Sachverhaltsbezug hinsichtlich der zeitlichen Komponente und der Höhe des intendierten Einkommens auf (vgl RIS‑Justiz RS0119090) und stellen daher keine taugliche Tatsachengrundlage für die Subsumtion nach § 130 Abs 2 (erster und zweiter Fall iVm Abs 1 erster Fall) StGB dar (RIS‑Justiz RS0107402 [T6 und T9]).

[6] Der aufgezeigte Subsumtionsfehler erfordert – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die Aufhebung des Schuldspruchs in der Qualifikation nach § 130 Abs 2 StGB, demgemäß auch des Strafausspruchs (einschließlich der Vorhaftanrechnung), bei der nichtöffentlichen Beratung (§§ 285e, 290 StPO).

[7] Mit ihren Rechtsmitteln sind der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO. Die Ersatzpflicht erstreckt sich nicht auf die mit dem amtswegigen Vorgehen verbundenen Kosten (RIS-Justiz RS0101558).

[9] Bleibt festzuhalten, dass die (von einem weiteren Verteidiger) eingebrachte zweite Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (ON 64) wegen des Grundsatzes der Einmaligkeit der Rechtsmittelausführung unbeachtlich war (RIS‑Justiz RS0100170; Ratz, WK‑StPO § 285 Rz 6 f).

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