OGH 15Os79/21p

OGH15Os79/21p20.10.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Oktober 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Casagrande als Schriftführer im Verfahren zur Unterbringung des ***** G***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 6. April 2021, GZ 26 Hv 10/21g‑43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0150OS00079.21P.1020.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Unterbringung des ***** G***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB abgewiesen.

[2] Dem Antrag zufolge habe ***** G***** am 27. Juli 2020 in B***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades, nämlich einer bipolaren affektiven Psychose (F31) sowie eines Cannabisabhängigkeitssyndroms (F13.21), beruhte, ***** Gü***** gefährlich mit einer Brandstiftung bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er zu ihm sagte, dass er sein Haus abbrennen werde, sohin eine Tat begangen, die als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, wobei nach seiner Person, nach seinem Zustand und nach der Art der Tat zu befürchten sei, dass er sonst unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde (ON 35).

Rechtliche Beurteilung

 

[3] Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – keine Berechtigung zukommt.

 

[4] Entgegen dem Beschwerdeeinwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) stützte das Erstgericht die Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der vom Betroffenen ausgesprochenen Drohungen (bloße Androhung einer Verletzung am Körper; US 4) auf die Art und Weise ihrer Formulierung („ganz einfach die Sachen so geschrien“; „wie aus der Kanone geschossen“; „eine Drohung nach der anderen gesagt“) sowie das Krankheitsbild des Betroffenen („vollkommen enthemmt“) und demnach – zusammengefasst – auf den Umstand, dass die dem Urteil zugrunde liegenden Äußerungen unüberlegt und im Zustand der Manie erfolgt wären (US 6 f). Das ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (vgl RIS‑Justiz RS0118317). Soweit die Rüge behauptet, eine Drohung mit dem Anzünden eines Hauses könne nicht als solche mit einer Verletzung am Körper verstanden werden, übergeht sie, dass der Betroffene in einem Redeschwall zahlreiche Drohungen gegen das Opfer richtete, die sich nach den erstgerichtlichen Erwägungen insgesamt als solche mit einer Verletzung am Körper darstellen (US 3 f und 7). Damit orientiert sich die Rechtsmittelwerberin nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe und verfehlt solcherart die Ausrichtung am Verfahrensrecht (RIS‑Justiz RS0119370). Im Ergebnis wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

[5] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a), die aus den Angaben der Zeugen ***** Gü*****, ***** Z***** und ***** S***** für den Beschwerdestandpunkt günstigere Schlüsse ableitet, hält prozessordnungswidrig nicht an den getroffenen Feststellungen zum Bedeutungsgehalt der inkriminierten Äußerungen fest (RIS‑Justiz RS0092588, RS0099810).

[6] Mit Blick auf die Konstatierungen zum Sinngehalt der Drohungen stellt sich die nachgelagerte – von der Beschwerdeführerin in ihrer Rüge als unrichtig gelöst bezeichnete – Rechtsfrage nach deren Eignung, begründete Besorgnis (in Richtung einer Brandstiftung) hervorzurufen, nicht (vgl RIS‑Justiz RS0092160 [T1]).

[7] Da die (bloß eine Subsumtion unter § 107 Abs 1 StGB zulassenden) Urteilsfeststellungen nicht erfolgreich bekämpft werden, erübrigt sich schon mangels des von § 21 Abs 1 StGB vorausgesetzten Vorliegens einer mit ein Jahr übersteigender Freiheitsstrafe bedrohten Anlasstat ein Eingehen auf das gegen die Nichtannahme einer spezifischen Gefährlichkeit des Betroffenen im Sinn des § 21 Abs 1 StGB gerichtete, auch mit Berufung (wegen Strafe) erstattete Vorbringen der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung ebenso sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO) wie die insoweit gegenstandslose Berufung (vgl 15 Os 104/17h).

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