OGH 5Ob183/21d

OGH5Ob183/21d20.10.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei b***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Perner, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei H***** *****, vertreten durch Mag. Bertram Fischer, Rechtsanwalt in Mondsee, wegen 21.115,74 EUR sA, über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 26. August 2021, GZ 2 R 110/21s‑18, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 6. Juli 2021, GZ 26 Cg 11/21b‑13, aufgehoben und diesem die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens aufgetragen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00183.21D.1020.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin brachte ihre auf Zahlung von 21.115,74 EUR sA gerichtete Klage nicht in der zur Einleitung eines Mahnverfahrens nach §§ 244 ff ZPO vorgesehenen Form, sondern als sogenannte Volltextklage ein.

[2] Das Erstgericht sah von der Einleitung eines Verbesserungsverfahrens ab und erteilte dem Beklagten den Auftrag, binnen vier Wochen eine Klagebeantwortung zu erstatten. Der Beklagte beantragte in der Klagebeantwortung primär die Zurückweisung der Klage. Die Klägerin habe mit ihrer Klage nicht die Regeln des obligatorischen Mahnverfahrens eingehalten; die in der falschen Verfahrensart eingebrachte Klage sei nicht mehr einfach behebbar, verbesserbar oder umstell- und ausbesserbar. In der Sache selbst bestritt er das Vorbringen in der Klage und beantragte deren Abweisung.

[3] Das Erstgericht wies den Antrag des Beklagten, die Klage zurückzuweisen, ab. Richtigerweise wäre zwar die Erlassung eines Zahlungsbefehls zu beantragen gewesen. Es spreche aber nichts dagegen, über die vorliegende Klage „eine vorbereitende Tagsatzung auszuschreiben oder die Klagebeantwortung aufzutragen, zumal die Klage der Zuständigkeits- und Schlüssigkeitsprüfung“ standhalte. Es sei nicht zu befürchten gewesen, dass der Beklagte den Text der Klage missverstehe.

[4] Dem vom Beklagten erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob den Beschluss des Erstgerichts auf und trug diesem die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens über die Klage auf. Das in den §§ 244 ff ZPO geregelte Mahnverfahren sei obligatorisch und setze voraus, dass die Klage entweder entsprechend formatiert eingebracht oder das nach der ADV‑Form Verordnung 2002 entsprechende Formblatt verwendet werde. Die Einhaltung dieser Formvorschriften sei nicht Selbstzweck, sondern unverzichtbare Voraussetzung für die automationsunterstützte Abwicklung des Mahnverfahrens. Die Einbringung einer Klage, die den Formvorschriften nicht entspreche, hindere deren geschäftsordnungsgemäße Behandlung. Das führe aber nicht gleich zur Zurückweisung eines diesen Formvorschriften widersprechenden Schriftsatzes, sondern erfordere die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens iSd § 84 Abs 1 ZPO. Erst wenn ein Verbesserungsauftrag nicht befolgt werden sollte, sei der Schriftsatz (hier die Klage) zurückzuweisen. Dass das obligatorische Mahnverfahren nicht eingehalten worden sei, sei auch noch im fortgeschrittenen Verfahrensstadium verbesserbar und führe nicht zur sofortigen Zurückweisung der Klage. Dass das Erstgericht dem Beklagten die Klagebeantwortung aufgetragen, eine vorbereitende Tagsatzung angeordnet und auch abgehalten habe, schade nicht, weil es sich dabei um verfahrensleitende Anordnungen und Vorgänge handle, von denen das Erstgericht jederzeit wieder abgehen könne. DasRechtsmittel sei daher im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt; das Erstgericht werdedem Kläger im Weg eines Verbesserungsverfahrens Gelegenheit zu geben haben, den vorliegenden Formmangel iSd § 84 Abs 1 ZPO zu korrigieren.

[5] Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil zur Frage der Heranziehung der zu §§ 182, 182a ZPO entwickelten Rechtsprechungslinien bei der Behandlung von solchen Formmängeln, die eine geschäftsordnungsgemäße Behandlung hindern, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Rechtliche Beurteilung

[6] Der Revisionsrekurs des Beklagten ist unzulässig.

[7] 1. Verbesserungsaufträge können nach § 84 Abs 1 zweiter Satz ZPO durch ein abgesondertes Rechtsmittel nicht angefochten werden. Diese Bestimmung wird nach herrschender Rechtsprechung dahin ausgelegt, dass ein Verbesserungsauftrag überhaupt nicht bekämpft werden kann (RIS‑Justiz RS0036243; Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO5 §§ 84, 85 ZPO Rz 25; GKodek in Fasching/Konecny³ II/2 §§ 84, 85 ZPO Rz 280 je mwN).

[8] 2. Das gilt auch dann, wenn der Verbesserungsauftrag durch das Rekursgericht selbst erteilt wird. Es macht daher keinen Unterschied, dass dieses die Erteilung des Verbesserungsauftrags dem Erstgericht nur auftrug. Auch eine solche Entscheidung ist nach der Rechtsprechung absolut unanfechtbar. Gegen den Beschluss eines Berufungs- oder Rekursgerichts, mit dem dem Erstgericht die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens aufgetragen wird, kann der Oberste Gerichtshof daher nicht angerufen werden (3 Ob 84/10i mwN; Gitschthaler aaO Rz 26 mwN; GKodek aaO Rz 281/1). Das gilt auch für den Gegner des Adressaten des Verbesserungsauftrags (6 Ob 133/05k; 3 Ob 280/05f uva; GKodek aaO Rz 287 mwN).

[9] 3. Der Oberste Gerichtshof hat auch schon wiederholt ausgesprochen, dass der Rechtsmittelausschluss im Verbesserungsverfahren über die Anordnung des § 528 Abs 1 ZPO hinausgeht, sodass auch die Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses durch die zweite Instanz an den dargelegten Grundsätzen nichts zu ändern vermag (1 Ob 114/04b; 6 Ob 133/05k ua). Das Rechtsmittel des Beklagten ist daher zurückzuweisen, ohne dass sein Inhalt oder die Beurteilung des Rekursgerichts einer sachlichen Prüfung zu unterziehen wären.

[10] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 iVm § 40 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf den Rechtsmittelausschluss nicht hingewiesen, sodass ihr Schriftsatz nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war.

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