OGH 3Ob280/05f

OGH3Ob280/05f27.6.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Bernd Roßkothen, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die verpflichtete Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Unterlassung, infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 1. September 2005, GZ 53 R 294/05z-12, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 17. Juni 2005, GZ 9 E 2350/05f-6, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Rekursverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die betreibende Partei erwirkte gegen die verpflichtete Partei eine einstweilige Verfügung (EV), mit der dieser zur Sicherung ihres näher bezeichneten Unterlassungsanspruchs verboten wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs irreführende Deklarationen über von ihr vertriebene Produkte, „hier" S***** N***** Surfinienerde, S***** N***** Blumenerde 40 l und S***** T***** Magma Geranienerde 70 l dadurch zu machen, dass diese Blumenerden über eine gewisse [im Einzelnen angegebene] Menge Nährstoff verfügen, während diese Blumenerden tatsächlich einen deutlich geringeren [zahlenmäßig angeführten] Gehalt an diesen Nährstoffen, nämlich Stickstoff und Phosphat, aufweisen.

Aufgrund dieses Exekutionstitels begehrte die betreibende Partei die Bewilligung der Unterlassungsexekution gegen die verpflichtete Partei. Dazu brachte sie vor, diese habe gegen den Exekutionstitel dadurch verstoßen, dass sie am 22. April und am 28. April 2005 bei vier ihrer näher bezeichneten Produkte unrichtig deklariert habe. Diese Erden habe die betreibende Partei an den genannten Tagen in Baumärkten gekauft. Sie hätte im Einzelnen angegebene Nährstoffwerte aufgewiesen, die unter den angegebenen gelegen seien. Zum Kostenbegehren verwies die betreibende Partei auf Kommissionen zu zwei Baumärkten samt Firmen- und Adressenangabe.

Mit dem Strafantrag ON 4 beantragte die betreibende Partei die Verhängung einer weiteren Geldstrafe. Am 2. Juni 2005 sei durch die AGES Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (im Folgenden nur AGES) abermals Pflanzenerde der verpflichteten Partei gekauft worden, die gegen diese EV „gröblichst" verstoße. Fünf solche Erden hätten vom Sollgehalt abweichende Werte ergeben, was im Detail angeführt wird.

Beiden Anträgen lagen als Beweismittel die Prüfberichte der AGES bei, aus denen jeweils der Einzelhändler, bei dem die Proben entnommen wurden, und das Datum des Ankaufs hervorgeht.

Das Erstgericht wies sowohl den Exekutionsantrag als auch den Strafantrag ON 4 mangels Schlüssigkeit ab. Die im Exekutionsantrag angeführten Produkte bzw. in einem Fall der betreffende Nährstoff seien vom Titel nicht erfasst. Ersteres gelte auch für eine der im Strafantrag genannten Erden. Im Übrigen gehe aus diesem nicht hervor, dass deren Auslieferung nach der Erlassung des Titels erfolgt wäre oder die verpflichtete Partei den verbotenen Zustand trotz diesbezüglicher Möglichkeit nicht behoben habe.

Das Gericht zweiter Instanz hob diese Entscheidungen zur Gänze auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils 20.000 EUR übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Den Anträgen mangle es an einem konkreten Vorbringen, in welchen Baumärkten (ON 1) bzw. wo überhaupt (ON 4) von der verpflichteten Partei vertriebene Erden käuflich erworben worden seien. Dies müsse Anlass zur Verbesserung des Strafantrags nach § 54 Abs 3 EO sein. Da nach der Rsp des Obersten Gerichtshofs ein nachfolgender Strafbeschluss einen vorangegangenen Exekutionsbewilligungsbeschluss ersetze, wenn dieser nachträglich wegfalle, und hier noch keine rechtskräftige Exekutionsbewilligung vorliege, weshalb der Strafvollzugsantrag unter Umständen als Exekutionsantrag zu behandeln wäre, müsse auch dieser grundsätzlich einer solchen Verbesserung zugänglich sein. Das Erstgericht hätte im vorliegenden Fall ein Verbesserungsverfahren durchführen müssen, weil erforderliches Vorbringen fehle. Unschlüssig seien die Anträge dagegen nicht. Ebenso wenig wie das Wort „etwa" und wie „insbesondere" bedeute im Zusammenhang mit einem allgemeinen Verbot das Wort „hier" vor im Einzelnen genannten untersagten Handlungen eine Einschränkung des Exekutionstitels. Das behauptete Zuwiderhandeln sei daher bei geringerem als dem deklarierten Nährstoffgehalt vom Titel umfasst. Behauptetes Überschreiten des Sollgehalts sei dagegen von diesem nicht gedeckt; insofern käme kein Verbesserungsverfahren in Betracht, es könnten aber auch Schreibfehler nicht ausgeschlossen werden. Der Beseitigungsanspruch sei nach § 15 UWG Bestandteil des Unterlassungsanspruchs. Ein Verstoß gegen ein „gleichgerichtetes" Unterlassungsgebot liege auch dann vor, wenn der Verpflichtete einen in seinem Verfügungsbereich bestehenden, fortdauernden Störungszustand nicht beseitige. Dass ihm kein Einfluss auf die von ihm eingeschalteten Personen/Unternehmen zustünde und er deshalb ohne Verschulden den Dauerzustand nicht beenden könne, müsse er mit Klage nach § 36 EO beweisen.

Der Oberste Gerichtshof habe sich im gegebenen Zusammenhang bisher nur mit dem Wort „insbesondere" auseinandergesetzt. Es liege auch keine Rsp dazu vor, ob entgegen dem klaren Wortlaut des § 54 Abs 3 EO auch Strafvollzugsanträge zu verbessern seien, wenn diese allenfalls als Exekutionsanträge zu behandeln wären.

Der Rekurs der verpflichteten Partei ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses durch das Gericht zweiter Instanz erfolgte zur Durchführung eines Verbesserungsverfahrens nach § 54 Abs 3 EO. Dabei handelt es sich um eine gegenüber den §§ 84, 85 ZPO, die nach § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwenden sind, speziellere Verbesserungsregel für Exekutionsanträge.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 3 Ob 27/98m (insoweit nicht veröffentlicht) - ohne nähere Begründung - die Anwendbarkeit des § 54 Abs 3 EO auf Strafanträge nach § 355 EO bejaht (mit Einschränkungen ebenso Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 355 Rz 44 und 40; anscheinend - ohne Bezugnahme auf Strafanträge nach § 355 EO Jakusch in Angst, EO, § 54 Rz 52 f). Daran ist jedenfalls für den - hier vorliegenden - Fall festzuhalten, dass bei Einbringen des Strafantrags die Exekutionsbewilligung noch nicht rechtskräftig war, weil ein solcher Strafantrag nicht nur funktionell einem Exekutionsantrag sehr nahe steht, sondern überdies in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation - bei rechtskräftiger Abweisung des Abweisung - auch an dessen Stelle treten könnte (3 Ob 187/93; RIS-Justiz RS0013532). Gegebenenfalls kann auch gegen jeden einzelnen (nachfolgenden) Strafbeschluss die Impugnationsklage (nach § 36 Abs 1 Z 1 EO) eingebracht werden (3 Ob 162/00w; RIS-Justiz RS0114675; 3 Ob 3/72; RIS-Justiz RS000783; Höllwerth aaO Rz 61; Klicka in Angst aaO § 355 Rz 22). Selbst wenn man diese Auffassung nicht billigte, kann aber kein Zweifel bestehen, dass auch in Ansehung des Strafantrags ON 4 dem Erstgericht die Erteilung eines Verbesserungsauftrags aufgetragen wurde.

Verbesserungsaufträge können nach § 84 Abs 1 zweiter Satz ZPO durch ein abgesondertes Rechtsmittel nicht angefochten werden, was nach herrschender Rsp dahin ausgelegt wird, dass ein Verbesserungsauftrag überhaupt nicht bekämpft werden kann (RIS-Justiz RS0036243; Gitschthaler in Rechberger² §§ 84, 85 ZPO Rz 39 mwN). Da dies auch gälte, wenn der Verbesserungsauftrag durch das Rekursgericht selbst erfolgt wäre (4 Ob 271/98a), kann es keinen Unterschied machen, dass dieses die Erteilung des Verbesserungsverfahrens dem Erstgericht nur auftrug; auch eine solche Entscheidung ist nach der Rsp absolut unanfechtbar (8 ObS 282/00d; 3 Ob 252/03k je mwN). Das gilt auch für den Gegner des Adressaten des Verbesserungsauftrags (3 Ob 252/03k; 6 Ob 133/05k). Die Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses durch die zweite Instanz kann angesichts dieses gegenüber § 528 Abs 1 ZPO weiter gehenden Rechtsmittelausschlusses daran nichts ändern (3 Ob 252/03k mwN; 1 Ob 114/04b; 6 Ob 153/05k). Die dargestellten Grundsätze gelten auch für Verbesserungsaufträge nach § 54 Abs 3 EO (3 Ob 252/03k; Jakusch in Angst, EO, § 54 Rz 61). Somit ist der Rekurs der verpflichteten Partei ohne sachliche Prüfung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm den §§ 50, 40 ZPO. Die verpflichtete Partei hat in ihrer unaufgefordert erstatteten Rekursbeantwortung auf den Rechtsmittelausschluss nicht hingewiesen. Das Rechtsmittelverfahren nach der EO ist - abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - einseitig, es sei denn die Herstellung der Waffengleichheit im Rekursverfahren durch Anhörung

des Gegners aus besonderen Gründen geboten (3 Ob 162/03z, 163/03x =

MR 2004, 130 [Korn] = JBl 2004, 529 u.a.m.; RIS-Justiz RS0118686).

Dies war hier nicht der Fall. Die ohne Auftrag erstattete Rekursbeantwortung der verpflichteten Partei ist daher nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig.

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