OGH 1Ob162/21m

OGH1Ob162/21m12.10.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin B*, vertreten durch Dr. Harald Christandl, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Antragsgegner H*, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über die außerordentlichen Revisionsrekurse der Antragstellerin und des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 2. August 2021, GZ 1 R 115/21w‑73, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Fürstenfeld vom 6. April 2021, GZ 23 Fam 41/19b‑68, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E133341

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortungen selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist allein die wertmäßige Berücksichtigung einer Liegenschaft, auf der sich Bürogebäude und Lagerflächen befinden. Diese zur Gänze mittels Kredit finanzierte Liegenschaft wurde vom Mann während aufrechter ehelicher Gemeinschaft erworben. Sie wurde von Anfang an teilweise an die „eigene“ GmbH vermietet. Während zu Beginn noch beide Streitteile Gesellschafter dieser GmbH gewesen waren, wurde der Mann (der seit der Gründung auch ihr Alleingeschäftsführer war) später ihr Alleingesellschafter. Derzeit sind 35 Mitarbeiter in der Gesellschaft beschäftigt.

[2] Die Frau meint, der Wert dieser Liegenschaft sei bei der nachehelichen Vermögensaufteilung zur Gänze, der Mann dagegen, gar nicht zu berücksichtigen.

[3] Das Rekursgericht bezog die Liegenschaft wertmäßig mit zwei Dritteln als eheliche Ersparnis in die Aufteilung ein. Ein Drittel des Werts nahm es als nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG zu einem Unternehmen gehörend von der Aufteilung aus.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die gegen diese Entscheidung von beiden Parteien erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurse zeigen dazu keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf:

1. Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:

[5] Die Frau beschäftigt sich in ihrem Revisionsrekurs vorrangig mit Fragen der Finanzierung der Liegenschaft (durch Kredit, dessen Rückzahlung aus den Mieteinnahmen erfolgt) sowie der Organisation bei der Vermietung. Sie übersieht dabei, dass – soweit die Liegenschaft dem Geschäftsbetrieb der (ehemals gemeinsamen und nun alleinigen) Gesellschaft des Mannes dient – sie schon wegen ihrer Funktion als Geschäftsräumlichkeiten der GmbH des Mannes „zu einem Unternehmen“ im Sinn des § 82 Abs 1 Z 3 EheG „gehört“. Sie wurde nach den Feststellungen im Übrigen auch deswegen angeschafft, weil diese „mehr Platz brauchte“. Liegenschaften, auf denen sich das Unternehmen, insbesondere der Sitz befindet (ferner Produktionsstätten und Verwaltungsgebäude, Verkaufslokale und das Lager, ebenso land- und forstwirtschaftliche Liegenschaften), sind einem Unternehmen gewidmete Sachen, und zwar auch dann, wenn sie nicht im Rahmen eines Einzelunternehmens genützt, sondern an eine einem (oder beiden) Ehegatten wirtschaftlich zuzuordnende Gesellschaft vermietet sind (siehe dazu 1 Ob 112/18d insbes Pkt 4.4.2. iVm Pkt 4.5.1. und 4.5.4. zur Differenzierung zwischen der Vermietung innerhalb des „eigenen“ Unternehmens[‑konstrukts] und der „Fremdvermietung“). Dem Mann ist damit der Nachweis, dass es sich, soweit er sich der Liegenschaft zu Geschäftszwecken „seiner“ GmbH (und damit „seinem“ Unternehmen im weiteren Sinn [s 1 Ob 112/18d Pkt 4.5.1. und 4.5.4.]) bedient, um eine einem Unternehmen gewidmete Sache handelt, gelungen, womit die Auffassung des Rekursgerichts, dass (nur) der von der unternehmerischen „Eigennutzung“ nicht betroffene Teil wertmäßig bei der Aufteilung zu berücksichtigen ist, keinen Bedenken begegnet.

2. Zum Revisionsrekurs des Antragsgegners:

[6] Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den im Revisionsrekurs des Mannes vorgetragenen Argumenten, mit denen er die gänzliche Außerachtlassung des Werts dieser Liegenschaft anstrebt, setzte voraus, dass er darin auf Basis des festgestellten Sachverhalts argumentiert. Er geht aber zu von ihm als entscheidungswesentlich angesehenen Punkten nicht von diesem, sondern von (im Verfahren erster Instanz zudem gar nicht vorgetragenen) Umständen aus (etwa zur Anzahl hypothetisch vermietbarer Mietobjekte oder dem im Rechtsmittelverfahren behaupteten Jahreseinkommen in sechsstelliger Höhe). Damit ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RS0043603 [T2]). Zu seinem gleichzeitig erhobenen Vorwurf, es liege insoweit (auch) ein sekundärer Verfahrensmangel vor, erwiderte ihm das Rekursgericht, dass es sich um unzulässige Neuerungen iSd § 49 Abs 2 AußStrG handelt. Darauf geht er unter schlichter Wiederholung seiner Rekursausführungen nicht ein und setzt der ihm gegebenen Antwort nichts entgegen.

[7] Welchen Einfluss seine Ausführung, Erst‑und Rekursgericht hätten „nicht ausreichend dargestellt“, dass die Gewinnvorträge nicht frei verfügbar, sondern veranlagt seien, sodass der „Rückgriff auf diese sehr wohl, abgesehen von steuerlichen Fragen auch erhebliche wirtschaftliche Nachteile für das Unternehmen des Antragsgegners mit sich bringen“ würde (wozu es im Übrigen wiederum an einem Sachvortrag im Verfahren erster Instanz mangelte), auf die Entscheidung haben sollte, ist unklar. Zu den beträchtlichen Gewinnvorträgen (in Höhe von mehr als 2 Mio EUR) konnte das Erstgericht ohnehin zu seinen Gunsten nicht (wie die Frau behauptet hatte) feststellen, dass diese vom Mann nur „vor dem Hintergrund des Aufteilungsverfahrens“ im Unternehmen „geparkt“ worden seien. Inwiefern diese – vom Erstgericht nicht in die aufzuteilende Vermögensmasse einbezogenen – Gewinnvorträge für die vom Mann im Revisionsrekurs allein relevierte Frage der Berücksichtigung eines Teils des Werts der Liegenschaft als eheliche Ersparnis von Relevanz sein könnten, legt er – obwohl ihm dieses Versäumnis schon vom Rekursgericht vorgehalten worden war – erneut nicht dar. Wenn er daran anschließt, dass „die zentrale unzureichende Beurteilung jedoch darin“ liege, dass lediglich auf die zum „Aufteilungszeitpunkt“ vorhandenen Mietverhältnisse abgestellt werde, erschließt sich der Zusammenhang immer noch nicht. Sollte dies mit den nachfolgenden Ausführungen zur Ausgestaltung der Liegenschaft (die angeblich über 22 mögliche Mieteinheiten verfügen soll) im Zusammenhang stehen, handelte es sich erneut um – ihm auch schon als solche vorgehaltene – Neuerungen, deren Bedeutung (schon angesichts der bloß zwei weiteren Mieter [neben der „eigenen“ GmbH] im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft und der festgestellten schwankenden Anzahl von bis zu fünf „Fremdmietern“) nicht erkennbar ist.

[8] Dass die Beendigung der ehelichen Gemeinschaft den maßgeblichen Zeitpunkt für die Prüfung der Zugehörigkeit einer Sache zum ehelichen Gebrauchsvermögen oder zu den ehelichen Ersparnissen darstellt, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Fachsenats (siehe nur 1 Ob 112/18d Pkt 3. und 1 Ob 123/21a je mwN). Für die vom Mann vertretene – vom Rekursgericht aber unter Hinweis auf die zu 1 Ob 112/18g ergangene Entscheidung abgelehnte – Ansicht, wenn eine Liegenschaft nur an „Unternehmen“ vermietet werde, unterliege sie unabhängig davon, ob „fremdvermietet“ wird oder die Vermietung innerhalb der „eigenen“ Unternehmen(‑sgruppe) erfolgt, nicht der Aufteilung, kann er – wie in seinem gesamten Rechtsmittel – weder Belegstellen aus Rechtsprechung oder Lehre nennen, noch trägt er dazu Sachargumente vor.

[9] 3. Beide Revisionsrekurse sind daher zurückzuweisen, was keiner weitergehenden Begründung bedarf (§ 71 Abs 3 AußStrG).

[10] 4. Beide Parteien haben die Kosten ihrer jeweiligen Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen, weil die Beantwortung eines außerordentlichen Rechtsmittels vor ihrer Freistellung durch den Obersten Gerichtshof nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dient (§ 508a Abs 2 Satz 2 ZPO analog; RIS-Justiz RS0124792 [T3]).

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