OGH 9ObA84/21z

OGH9ObA84/21z2.9.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden und durch die Hofrätin Dr. Fichtenau und die Hofrätin Hon.‑Prof. Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Klaus Oblasser (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Harald Kohlruss (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. S*****, vertreten durch Dr. Markus Walla, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Land Vorarlberg, vertreten durch die Bildungsdirektion Vorarlberg, 6900 Bregenz, Bahnhofstraße 12, diese vertreten durch Dr. Meinhard Einsle, MMag. Dr. Rupert Manhart und MMMag. Dr. Susanne Manhart, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Feststellung (Streitwert 5.000 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Mai 2021, GZ 13 Ra 15/21k‑23, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:009OBA00084.21Z.0902.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin schloss 2018 mit dem beklagten Land Vorarlberg einen Sonderdienstvertrag über ein auf ein Jahr befristetes Dienstverhältnis als Begleit- und Stützlehrerin ab. Davor, nämlich im Zeitraum von 2011 bis 2016 war die Klägerin auf Basis von mehreren, jeweils auf ein Jahr befristeten Sonderverträgen als Vertragslehrerin beim Land Wien beschäftigt gewesen. Von 2016 bis 2018 war sie nicht im Lehrerdienst tätig.

[2] Sie klagt nun das Land Vorarlberg auf Feststellung des Fortbestands des Dienstverhältnisses trotz Befristungsablaufs. Sie bringt im Wesentlichen vor, die Gesamtverwendungsdauer beim Land Wien sei mit der einjährigen Verwendungsdauer im Dienstverhältnis zur Beklagten zusammenzurechnen, sodass die Fünf‑Jahres‑Grenze des § 4a Abs 4 Vertragsbedienstetengesetz 1948 bzw jene des § 4 Abs 3 Landesvertragslehrpersonengesetz 1966 überschritten sei und das Dienstverhältnis zur Beklagten als unbefristet gelte.

[3] Die Beklagte bestritt und wendete ein, eine unzulässige Aneinanderreihung von jeweils befristeten Dienstverhältnissen könne nur dann vorliegen, wenn es sich um mehrere befristete Dienstverhältnisse zum selben Dienstgeber handle. Dies sei hier aber nicht der Fall.

[4] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren übereinstimmend ab.

[5] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nicht zu.

[6] Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

[7] 1.1 Nach § 4 Abs 4 Vertragsbedienstetengesetz 1948 (VBG) darf ein Dienstverhältnis, das auf bestimmte Zeit eingegangen wurde auf bestimmte Zeit nur einmal verlängert werden. Diese Verlängerung darf drei Monate nicht überschreiten, andernfalls das Dienstverhältnis als von Anfang auf unbestimmte Zeit eingegangen anzusehen ist („Kettenvertragsverbot“).

[8] 1.2 Von einer Aneinanderreihung („Kette“) von Dienstverhältnissen geht die ständige Rechtsprechung davon aus, wenn sich der Sache nach der zweite Vertrag (das erneut befristete Arbeitsverhältnis) als Fortsetzung des (oder der) vorangegangenen Arbeitsverhältnisse erweist (RS0028327 [T8]).

[9] 1.3 Das Berufungsgericht führte aus, schon begrifflich könne von einer Fortsetzung des vorangegangenen Dienstverhältnisses nicht ausgegangen werden, wenn auf Dienstgeberseite unterschiedliche Vertragsparteien (hier einerseits das Land Wien und andererseits das Land Vorarlberg) stehen. Die Gefahr des Missbrauchs sei nur bei einer Aneinanderreihung befristeter Dienstverhältnissen zum selben Arbeitgeber gegeben, nicht aber beim Abschluss eines erstmalig befristeten Dienstverhältnisses zu einem bestimmten Dienstgeber. Diese Ansicht weicht von der bisherigen Rechtsprechung nicht ab, nach der von einer (unzulässigen) Kette nur bei mehreren Dienstverhältnissen mit einem Dienstgeber die Rede sein kann (9 ObA 97/00f; 9 ObA 328/00a; siehe auch Erwägungsgrund 14 der RL 1999/70/EG des Rates über befristete Dienstverträge vom 26. 6. 1999). Mit der Beklagten hat die Klägerin nur ein (einziges) Dienstverhältnis abgeschlossen.

[10] 2. Die Klägerin stützt sich auf die Regelungen der §§ 4a Abs 4 und 38a Abs 3 VBG und – erstmals in ihrer Berufung auch auf § 90h Abs 2 und § 90k VBG – weiters auf § 2 Abs 3, § 4 Abs 3 und § 26 Abs 2 lit a des Landesvertragslehrpersonengesetz (LVG)  1966. Sie macht geltend, ausgehend vom jeweiligen Schutzzweck dieser Bestimmungen und dem Grundsatz, dass befristete Dienstverhältnisse die Ausnahme bilden sollen (§ 4 Abs 4 VBG), wäre (doch) vom Vorliegen eines unbefristeten Dienstverhältnisses auszugehen gewesen. Dem sind die Vorinstanzen nicht gefolgt. Sie sind nach ausführlicher Erörterung dieser Bestimmungen zum Ergebnis gelangt, dass das auf aufrechten Bestand des Dienstverhältnisses gerichtete Feststellungsbegehren auch darin keine Stütze findet.

[11] Behauptet nun die Revisionswerberin, das Berufungsgericht sei in Abweichung von der Rechtsprechung zu einer unrichtigen Rechtsansicht gelangt, hätte sie die ihres Erachtens für ihren Rechtsstandpunkt sprechenden Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs anzuführen gehabt. Die pauschale Bekämpfung der Rechtsansicht des Berufungsgerichts ohne konkrete Auseinandersetzung mit dessen Rechtsausführungen genügt nicht (RS0043654 [T12, T14, T15]).

[12] 3. Auf die erstmals mit der außerordentlichen Revision vorgelegte Urkunde ist wegen des Neuerungsverbots (§ 504 Abs 2 ZPO) nicht einzugehen.

[13] Die außerordentliche Revision der Klägerin war daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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