European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0280DS00008.20W.0824.000
Spruch:
Der Berufung wegen Schuld wird nicht
Folge gegeben.
Hingegen wird der Berufung wegen Strafe Folge gegeben und über den Beschuldigten eine Geldbuße von 1.000 Euro verhängt. Diese wird unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Dem Disziplinarbeschuldigten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde *****, Rechtsanwalt in ***** (vormals in *****), schuldig erkannt, die Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes dadurch begangen zu haben, dass er von 2. Juni 2017 bis 22. Mai 2018 einen Treuhandbetrag für eigene Honorarforderungen in Höhe von 2.025,41 Euro trotz deren Bestreitung (ES 4) zurückbehalten hat.
[2] Über den Disziplinarbeschuldigten wurde die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von 2.000 Euro verhängt.
Rechtliche Beurteilung
[3] Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die – der Sache nach Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO relevierende (vgl RIS‑Justiz RS0128656 [T1]) – Berufung wegen Schuld des Disziplinarbeschuldigten.
[4] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) orientiert sich nicht an der – mit noch hinreichender Deutlichkeit getroffenen (vgl RIS‑Justiz RS0116759, RS0117228; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 19), auch in der Berufungsschrift zugestandenen (ON 16 S 2 f) – Feststellung, wonach die unterbliebene gerichtliche Hinterlegung (auch) des in Rede stehenden Geldbetrags trotz Bestreitung der (vermeintlichen) Ansprüche des Disziplinarbeschuldigten durch den Auftraggeber erfolgte (ES 4; vgl auch Beilage ./A S 4), und leitet nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb dem Berufungswerber zugunsten dieser strittigen Honorarforderung (in Ansehung eines übernommenen Treuhandbetrags; § 19 Abs 1 RAO, vgl dazu RIS‑Justiz RS0072025 [T2]; Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/ Vitek, RAO10 § 19 RAO Rz 3) ein Zurückbehaltungsrecht zustehen sollte (§ 19 Abs 3 RAO; RIS‑Justiz RS0033851, RS0055151, RS0056451; Engelhart/Hoffmann/Lehner/ Rohregger/Vitek, RAO10 § 19 RAO Rz 3 und 17). Dass der strittige Betrag auf dem Treuhandkonto verblieb (ES 4), ist – davon ausgehend – ebenso ohne rechtliche Relevanz wie die Frage, ob der Disziplinarbeschuldigte zur Hinterlegung des restlichen Treuhandbetrags verpflichtet war. Weshalb in diesem Verhalten nicht ein zumindest sorgfaltswidriger Verstoß gegen die Bestimmung des § 19 RAO zu ersehen sein sollte (vgl ES 5; RIS‑Justiz RS0088909), ist nicht nachvollziehbar.
[5] Der Berufung des Disziplinarbeschuldigten war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur insoweit nicht Folge zu geben.
[6] Der Berufung wegen Strafe kommt jedoch Berechtigung zu.
[7] Der Disziplinarrat wertete als erschwerend keinen Umstand, als mildernd hingegen das Tatsachengeständnis, dass kein Schaden bei den beteiligten Personen eingetreten ist und dass der Disziplinarbeschuldigte sofort nach Vorliegen der zweitinstanzlichen Entscheidung des Landesgerichts Wiener Neustadt den Gerichtserlag vorgenommen und die in diesem Verfahren entstandenen Kosten ersetzt hat (ES 6).
[8] Bei der Strafbemessung sind im anwaltlichen Disziplinarverfahren die entsprechenden Bestimmungen des Strafgesetzbuchs (§§ 32 ff StGB) sinngemäß anzuwenden (RIS‑Justiz RS0054839).
[9] Ein sogenanntes Tatsachengeständnis wirkt nach dem ersten Fall des § 34 Abs 1 Z 17 StGB gar nicht und nach dem zweiten Fall dieser Bestimmung nur dann mildernd, wenn es sich maßgeblich auf die Beweisführung auswirkt (vgl 22 Ds 3/19i mwN), was fallbezogen zu verneinen ist. Als erschwerend wäre jedoch das Zusammentreffen zweier Disziplinarvergehen zu werten gewesen.
[10] Ausgehend von den korrigierten Erschwerungs- und Milderungsgründen, aber unter besonderer Berücksichtigung der sofortigen Reaktion des Disziplinarbeschuldigten auf die seinem Verhalten widersprechende Rechtsmittelentscheidung erscheint jedoch unter Berücksichtigung seiner Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse eine Geldbuße in der Höhe von 1.500 Euro als ausreichend. Angesichts der Verfahrensdauer von über zwei Jahren bis zur nunmehrigen Erledigung (§ 34 Abs 2 StPO) war in Stattgebung der Berufung wegen Strafe eine solche in Höhe von 1.000 Euro zu verhängen (vgl RIS‑Justiz RS0114926).
[11] Bei der schon vom Disziplinarrat ausgesprochenen bedingten Nachsicht hatte es ungeachtet der Frage der Anwendbarkeit von § 16 Abs 2 DSt idF BGBl I 2017/10 auf den vorliegenden Fall schon im Hinblick auf das Verschlimmerungsverbot (§ 54 Abs 4 DSt) zu verbleiben.
[12] Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 54 Abs 5 DSt.
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