OGH 5Ob110/21v

OGH5Ob110/21v27.7.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin M*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Mag. Gerald Gmoser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. F*****, 2. F*****, 3. H*****, 4. A*****, 5. Ing. F*****, 6. Dipl.‑Ing. R*****, 7. D*****, 8. Mag. C*****, 9. Dr. K*****, 10. P*****, 11. Mag. M*****, 12. G*****, 13. Mag. G*****, 14. Dipl.‑Ing. Dr. T*****, 15. Dr. W*****, 16. M*****, 17. G*****, 18. Dipl.‑Ing. F*****, 19. Dipl.‑Ing. F*****, 20. Dr. I*****, 21. S*****, 22. Dr. E*****, 23. Mag. E*****, 24. P*****, 25. Dipl.‑Ing. M*****, 26. Mag. J*****, 27. P*****, 28. Mag. Dr. W*****, 29. A*****, 30. Dr. F*****, 31. C*****, 32. M*****, 33. M*****, 34. K*****, 35. H*****, 36. H*****, 37. H*****, 38. M*****, die 1.–7., 9., 11.–14., 17.–21., 24., 26.–31. und 33.–38. Antragsgegner vertreten durch Mag. Michael Medwed, Mag. Johann Sparowitz, Rechtsanwälte in Graz, wegen § 52 Abs 1 Z 2 iVm § 16 Abs 2 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der 1.–7., 9., 11.–14., 17., 18., 21., 24., 26.–31. und 33.–38. Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 24. März 2021, GZ 5 R 198/20d‑36, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00110.21V.0727.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Unter Berufung auf den Revisionsrekursgrund des § 66 Abs 2 Z 2 AußStrG wiederholen die Rechtsmittelwerber zunächst ihre Argumentation zu ihrer Mängelrüge im Rekursverfahren und machen dazu im Wesentlichen geltend, dass das Erstgericht den Ergänzungsaufträgen des Rekursgerichts im ersten Rechtsgang nicht ausreichend entsprochen habe, insbesondere sei eine Beweisaufnahme zur tatsächlichen Kundenfrequenz in dem nach Zusammenlegung der Eigentumsobjekte und Umwidmung des Geschäftslokals der Antragstellerin nach einem Umbau geplanten Coffeeshop unterblieben. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich das Rekursgericht mit dieser Rüge inhaltlich auseinandergesetzt und das Vorliegen der behaupteten Verfahrensmängel verneint hat. Nach ständiger Rechtsprechung können Mängel des Verfahrens erster Instanz in einem solchen Fall nicht mehr an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (RIS‑Justiz RS0043086 [T3]; RS0043061). Das gilt auch im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren (vgl RS0042963 [T41]).

[2] 2.1 Grundsätzlich zutreffend ist, dass das Rekursgericht die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach allen Richtungen zu prüfen hat (RS0043352). Das setzt aber voraus, dass überhaupt eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Rechtsrüge erhoben worden ist (RS0043352 [T1, T2]; zum wohnrechtlichen Außerstreitverfahren: 5 Ob 126/18t). Die gesetzmäßige Ausführung des Rechtsmittelgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erfordert, dass dargelegt wird, aus welchen Gründen die rechtliche Qualifikation des vom Erstgericht festgestellten Sachverhalts unrichtig erscheint (vgl RS0043312 [T1]). Eine Rechtsrüge entspricht daher nur dann den gesetzlichen Anforderungen, wenn sie vom festgestellten Sachverhalt ausgeht. Das Berufungsgericht hat eine Auseinandersetzung mit der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts abgelehnt, weil die Antragsgegner unter dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung lediglich ihre Argumente zur Mangelhaftigkeit und der Tatsachenrüge wiederholten und im Übrigen nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgegangen seien.

[3] 2.2 In ihrem Rekurs haben die Revisionswerber zu dem vom Erstgericht bejahten wichtigen Interesse (§ 16 Abs 1 Z 2 WEG) der Antragstellerin an der Umwidmung ihres Geschäftslokal von „allgemeine Geschäftsfläche“ in „Gastronomie“ den Standpunkt vertreten, das Erstgericht habe es unterlassen, „verfahrenswesentliche Beweismittel zu erheben und aufgrund dieser Beweismittel seine Entscheidung aufzubauen“, obwohl das Erstgericht dazu ausdrücklich eine Feststellung getroffen hat, auf die es seine Beurteilung stützte. Abgesehen davon, dass die Behauptung von Stoffsammlungsmängeln keine gehörige Ausführung einer Rechtsrüge bewirkt (RS0043312 [T10]), stehen wirtschaftliche Interessen der begehrten Änderung nicht grundsätzlich entgegen (vgl nur die Nachweise bei Würth / Zingher / Kovanyi , Miet- und Wohnrecht²³ § 16 WEG Rz 36), sodass es Sache der Antragsgegner gewesen wäre, in ihrem Rekurs ausgehend von den Feststellungen darzulegen, aus welchen Gründen die Beurteilung des Erstgerichts, dass die ohne Umwidmung fehlende Verwertbarkeit des Objekts ein wichtiges Interesse begründe, unrichtig wäre. Soweit sie dazu auch noch in ihrem Revisionsrekurs monieren, die Antragstellerin sei ihrer „qualifizierten Beweispflicht“ für das Vorliegen eines wichtigen Interesses nicht nachgekommen und meinen, die Feststellung sei ohne Beweisgrundlage erfolgt, übersehen sie, dass auch eine Schlussfolgerung als Bestandteil der Feststellungen zur Tatfrage gehört (RS0111996), die nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden kann.

[4] 2.3 Zwar haben die Antragsgegner in ihrem Rekurs behauptet, dass die begehrte Umwidmung schutzwürdige Interessen der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer beeinträchtigte. Dazu haben sie sich in ihrer Rechtsrüge jedoch auf solche Umstände gestützt, die mit den vom Erstgericht dazu festgestellten Sachverhaltselementen nicht in Einklang stehen. Zutreffend hat das Rekursgericht daher die Ansicht vertreten, dass die Rechtsrüge der Antragsgegner auch in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt war. Im Verfahren dritter Instanz kann die Rechtsrüge – einschließlich der Geltendmachung sekundärer Verfahrensmängel – nicht mehr nachgetragen werden (RS0043480 [T5]). Ob die festgestellten Umstände wesentliche Beeinträchtigungen im Sinn des § 16 Abs 2

WEG begründen könnten, die die

Interessen der anderen Wohnungseigentümer am Unterbleiben der Änderung so schutzwürdig erscheinen lassen, dass ein Anspruch der Antragstellerin auf Umwidmung zurückzustehen hätte (dazu RS0083236), kann daher im Revisionsrekursverfahren nicht mehr geprüft werden (RS0043480; RS0043312 [T5]).

3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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