OGH 1Ob120/21k

OGH1Ob120/21k22.6.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj F***** 2012, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters ***** A*****, vertreten durch Mag. Alexandra Ludwig, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 26. März 2021, GZ 53 R 18/21t‑92, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Silz vom 19. Jänner 2021, GZ 1 Ps 76/16w‑88, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00120.21K.0622.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Der Vater bemängelt die angefochtene Entscheidung über die Regelung seiner Kontakte allein dahin, dass das Rekursgericht aussprechen hätte müssen, dass sein etwa achteinhalb Jahre altes Kind Flüge zwischen Tirol und Wien (zu und von den Besuchskontakten) „alleine wahrzunehmen hat“.

[2] 2. Die von ihm behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens soll darin liegen, dass das Rekursgericht den von ihm in seinem Rekurs gerügten angeblichen erstinstanzlichen Verfahrensmangel (Einvernahme des Kindes durch das Erstgericht „ohne Beiziehung eines Sachverständigen oder geschulten Psychologen“) verneinte.

[3] Eine – aus Gründen des Kindeswohls (RIS‑Justiz RS0050037 [T4]; RS0030748 [T18]) in der Rechtsprechung zugelassene – ausnahmsweise Durchbrechung des Grundsatzes, dass ein vom Gericht zweiter Instanz verneinter erstinstanzlicher Mangel in dritter Instanz nicht erfolgreich zum Gegenstand einer Verfahrensrüge gemacht werden kann (RS0050037 [T7]), ist im vorliegenden Fall (in dem es allein um die Bewältigung der Strecke Tirol – Wien per Zug, Auto oder Flugzeug geht) nicht geboten. Warum nur deshalb, weil das Kind durch die Erstrichterin selbst einvernommen wurde, „eine Äußerung der ernsthaften und unbeeinflussten Meinung“ des Kindes nicht zu erwarten gewesen sein sollte, kann der Vater (der dies schlicht behauptet) nicht erklären. Er legt in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs zudem gar nicht dar, was sich (anderes) aus der (unter dieser Bedingung nach § 105 Abs 1 Satz 2 AußStrG möglichen) Anhörung seines (noch nicht zehnjährigen) Kindes durch den Kinder- und Jugendhilfeträger, die Familiengerichtshilfe, durch Einrichtungen der Jugendgerichtshilfe oder in anderer geeigneter Weise, etwa durch Sachverständige, ergeben hätte.

[4] 3. Umfang und Modalitäten des Kontaktrechts sind vom Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Bedachtnahme auf Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände, also nach den Umständen des Einzelfalls, festzulegen; derartigen Fragen kann daher in der Regel keine Bedeutung im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG zukommen (vgl nur RS0097114). Warum mit der Entscheidung der Vorinstanzen, die Ausübung des Besuchsrechts nicht so (wie von ihm begehrt) anzuordnen, dass das Kind die Flüge zu den Besuchskontakten allein und nur durch Betreuung des Flugpersonals zu absolvieren hätte, leitende Grundsätze der Rechtsprechung oder das Wohl des Kindes verletzt worden sein sollte, wenn doch feststeht, dass das ungefähr achteinhalb Jahre alte Kind bisher (bloß) zwei Mal und entweder von der Mutter oder dem Vater begleitet geflogen ist und sich davor fürchtet, ohne Begleitung seiner Eltern zu fliegen – insoweit weicht der Fall erheblich von dem zu 3 Ob 84/11s entschiedenen ab –, kann der Vater in seinem Revisionsrekurs nicht aufzeigen.

[5] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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