European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0140OS00045.21F.0601.000
Spruch:
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion (auch) nach § 130 Abs 2 StGB, demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.
Mit seiner in diesem Umfang ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** P***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2, 130 Abs 2 (gemeint wohl [vgl US 3]: erster und) zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall) StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 30. April 2020 in B***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem unbekannten Mittäter Gewahrsamsträgern der B***** Aktiengesellschaft fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich 174.730 Euro Bargeld, durch Einbruch in ein Gebäude und Aufbrechen eines Behältnisses mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und unter Einsatz besonderer Fähigkeiten und Mittel (§ 70 Abs 1 Z 1 StGB) weggenommen, indem er einen Geldausgabeautomaten sprengte, die Tür des Bankfoyers mit einem Nageleisen aufbrach und den Bargeldbetrag wegnahm, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Diebstahl durch Einbruch längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges Einkommen zu verschaffen.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die aus den Gründen der Z 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass das angefochtene Urteil einen nicht geltend gemachten Subsumtionsfehler (Z 10) zum Nachteil des Angeklagten aufweist, der von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):
[5] Ein Schuldspruch wegen gewerbsmäßiger Begehung (§ 70 StGB) bedarf unter anderem Feststellungen zur zeitlichen Komponente der – hier zudem durch die vom Erstgericht verwendete Formulierung („Vorsatz“) hinsichtlich ihrer Intensität nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebrachten – Absicht des Angeklagten, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen. Die dazu bloß mit Hilfe der verba legalia getroffenen Urteilsannahmen (US 3) weisen keinen im Sinn der Rechtsprechung ausreichenden Sachverhaltsbezug auf (vgl RIS‑Justiz RS0119090) und stellen daher keine taugliche Tatsachengrundlage für die Subsumtion nach § 130 Abs 2 (erster und zweiter Fall iVm Abs 1 erster Fall) StGB dar (RIS‑Justiz RS0107402 [T6 und T9]).
[6] Der aufgezeigte Subsumtionsfehler erfordert – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die Aufhebung des Schuldspruchs in der Qualifikation nach § 130 Abs 2 StGB, demgemäß auch des Strafausspruchs (einschließlich der Vorhaftanrechnung), bei der nichtöffentlichen Beratung (§§ 285e, 290 StPO).
[7] Mit seiner gegen diesen Teil des Schuldspruchs aus Z 5 ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
[8] Die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit b) kritisiert die Annahme der Subsumtion nach § 129 Abs 1 Z 1 StGB unter dem Aspekt der Spezialität (§ 31 EU‑JZG), weil in der Tatbeschreibung des Europäischen Haftbefehls der Einbruch in das Gebäude nicht enthalten gewesen (vgl ON 12 S 3), die Entscheidung des rumänischen Gerichts betreffend die Übergabe auf dieser Grundlage ergangen sei und der Beschwerdeführer auf den Grundsatz der Spezialität nicht verzichtet habe (ON 30a S 6). Die Rüge, welche erkennt, dass sich die Spezialitätsbindung bloß auf Taten, also historische Lebenssachverhalte ohne Rücksicht auf deren Subsumtion, erstreckt (vgl RIS‑Justiz RS0087147; Hinterhofer in WK 2 StGB § 31 EU‑JZG Rz 14), legt nicht dar, weshalb diese geringfügige (tatsächliche und rechtliche) Abweichung in der Tatmodalität (vgl allgemein RIS‑Justiz RS0098487; Lewisch , WK‑StPO § 262 Rz 22 ff [insbes 41 ff]) beim vom Übergabeersuchen ohnehin erfassten Diebstahl eine Verletzung der Spezialitätsbindung darstelle.
[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Umfang – abermals in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[10] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO. Die Ersatzpflicht erstreckt sich nicht auf die mit dem amtswegigen Vorgehen verbundenen Kosten (RIS‑Justiz RS0101558).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)