OGH 9Ob31/21f

OGH9Ob31/21f27.5.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau, Hon.‑Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Rechtssache der klagenden Partei K* GmbH, *, vertreten durch Mag. Gerhard Rigler und Dr. Ulrike Grünling, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei E* SRL, *, vertreten durch Mag. Mathias Kapferer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 9.105,78 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 15. Jänner 2021, GZ 58 R 96/20w‑48, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das berichtigte (ON 43) Urteil des Bezirksgerichts Neunkirchen vom 10. September 2020, GZ 23 C 524/19t‑41, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E132070

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 833,18 EUR (darin 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Die Beklagte gab bei der Klägerin die Reparatur ihres Radladers in Auftrag. Zur Behebung des Schadens war der Einbau einer neuen Lichtmaschine erforderlich. Noch vor dem Einbau gab ein Mitarbeiter der Klägerin dem Geschäftsführer der Beklagten den exakten Preis für eine neue Original-Lichtmaschine von H* in Höhe von 6.058,25 EUR netto bekannt. In Kenntnis des Preises der Lichtmaschine bestand der Geschäftsführer der Beklagten darauf, die Original‑Lichtmaschine möglichst rasch zu bestellen und einzubauen. Durch den nachfolgenden Einbau der Original‑Lichtmaschine durch die Klägerin konnte der Schaden am Radlader der Beklagten behoben werden. Der für die Original‑Lichtmaschine von der Klägerin genannte und der Beklagten in Rechnung gestellte Preis entsprach (unter Berücksichtigung marktüblicher Aufschläge durch die Klägerin) jenem Preis, zu dem der Hersteller das Ersatzteil am Markt für jedermann anbot. Zum Einbau in den Radlader wären grundsätzlich auch Austauschlichtmaschinen zum Preis von etwa 1.300 EUR bis 1.500 EUR netto oder Nachbaulichtmaschinen zum Preis von etwa 2.500 EUR netto geeignet gewesen. Allerdings weisen diese Teile nicht zwingend dieselben Qualitätsmerkmale auf wie die Original‑Lichtmaschine von H*.

[2] Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren, gerichtet auf die Zahlung des offenen Werklohns für die Reparatur des Radladers, inklusive 6.058,25 EUR an Materialkosten für die Original‑Lichtmaschine, mit 8.423,64 EUR sA statt.

[3] Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zur Frage, ob ein Fall der Verkürzung über die Hälfte auch bei einem Verkauf von Original- und (annähernd vergleichbaren) Nachbausachen zu deutlich unterschiedlichen Marktpreisen vorliegt, zugelassen. Dem schloss sich die Revisionswerberin zwecks Begründung der Zulässigkeit ihres Rechtsmittels nach § 502 Abs 1 ZPO an. Dem gegenüber bestritt die Revisionsgegnerin das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage und beantragte die Zurückweisung der Revision der Beklagten.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Gegen das Urteil des Berufungsgerichts ist die Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt. Dies ist hier nicht der Fall. Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO):

[5] 1. Hat bei zweiseitig verbindlichen Geschäften ein Teil nicht einmal die Hälfte dessen, was er dem anderen gegeben hat, von diesem an dem gemeinen Wert erhalten, so räumt das Gesetz dem verletzten Teil das Recht ein, die Aufhebung und die Herstellung in den vorigen Stand zu fordern (§ 934 Satz 1 ABGB).Bei Ermittlung des Werts (vgl RS0018877; 7 Ob 59/14y Pkt 2. mwN) ist nach Lehre und Rechtsprechung vom Geschuldeten auszugehen, das heißt von den vertraglich vereinbarten Leistungen (Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB4 § 934 Rz 30 mwN; 2 Ob 210/13s Pkt II.2. mwN; 10 Ob 3/21w Pkt 1.1). Maßgeblich ist der Wert der gekauften Sache (RS0018871). In den Wertvergleich sind die im Austauschverhältnis stehenden Leistungen einzubeziehen (Hödl in Schwimann/Neumayr, ABGB Taschenkommentar5, § 934 ABGB Rz 5).

[6] 2. Im vorliegenden Fall schuldete die Klägerin nach dem mit der Beklagten abgeschlossenen Werkvertrag die Reparatur des Radladers durch Einbau einer Original‑Lichtmaschine von H* zum vereinbarten Preis von 6.058,25 EUR netto. Diese geschuldete Leistung ist in den vorzunehmenden Wertvergleich nach § 935 ABGB einzubeziehen, nicht aber die der Beklagten vorschwebende, von der Klägerin vertraglich nicht geschuldete Reparatur unter Verwendung eines günstigeren Austausch- oder Nachbauteils.

[7] Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen.

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision in ihrer Revisionsbeantwortung hingewiesen (RS0035979 [T16]).

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