OGH 11Os41/21w

OGH11Os41/21w20.4.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. April 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen Ewald H***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Alexander K***** und Yunus C***** sowie über die Berufung des Angeklagten H***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 22. Dezember 2020, GZ 16 Hv 73/20p‑144, weiters über die Beschwerden der drei Angeklagten gegen Beschlüsse gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0110OS00041.21W.0420.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten K***** und C***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche des Angeklagten H***** enthaltenden Urteil wurden Alexander K***** und Yunus C***** jeweils des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (A./I./1./) und mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (A./I./3./b./ und d./), C***** weiters des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG (A./II./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat bzw haben in L***** und andernorts vorschriftswidrig

A./I./ im Zeitraum von zumindest Oktober 2019 bis Jänner 2020 K***** und C***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken auch mit H***** Suchtgift in einer das 15‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem sie zumindest 2.000 Gramm Delta-9-THC‑hältiges Cannabiskraut (200 Gramm Delta‑9‑THC in Reinsubstanz bei einem Reinheitsgehalt von 10 %; 10 Grenzmengen), 960 Gramm Amphetamin (96 Gramm Amphetaminbase bei einem Reinheitsgehalt von 10 %; 9,6 Grenzmengen) und 240 Stück MDMA-hältige Ecstasy‑Tabletten (8,07 Gramm MDMA bei einem Reinheitsgehalt von 20 %; 0,27 Grenzmengen) an Dominic P***** (520 Gramm Cannabiskraut), Christopher O***** (500 Gramm Cannabiskraut und 640 Gramm Amphetamin) sowie Lena S***** und weitere unbekannte Abnehmer gewinnbringend weiterverkauften, wobei ihr Vorsatz jeweils auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war und die kontinuierliche Begehung über einen längeren Deliktszeitraum und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasste;

3./ ausschließlich zum persönlichen Gebrauch besessen, und zwar

a./ ...

b./ C***** im Zeitraum von zumindest Oktober 2019 bis zum 8. Juli 2020, indem er über die unter Punkt I./1./ angeführten Mengen hinaus weitere unbekannte Mengen Delta-9-THC-hältiges Cannabiskraut, Amphetamin und Ecstasy-Tabletten bis zum Eigenkonsum innehatte;

d./ K***** im Zeitraum von 1. Februar 2019 bis zum 26. Juni 2020, indem er über die unter Punkt I./1./ angeführten Mengen hinaus weitere unbekannte Mengen Delta-9-THC-hältiges Cannabiskraut, Amphetamin und Ecstasy-Tabletten bis zum Eigenkonsum bzw zur Sicherstellung innehatte;

II./ C***** gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten David G***** ab April 2020 bis Anfang Juli 2020 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge an Suchtgift mit dem Vorsatz angebaut, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem sie in ihrer Wohnung in einer Indoorplantage zumindest 15 Cannabispflanzen kultivierten.

Rechtliche Beurteilung

 

[3] Gegen dieses Urteil richten sich getrennt ausgeführte, von K***** auf § 281 Abs 1 Z 5a und 10 StPO, von C***** auf § 281 Abs 1 Z 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerden.

[4] Die gegen die Nichtannahme der Privilegierung nach § 28a Abs 3 zweiter Fall SMG gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) des Angeklagten K***** kritisiert – gestützt auf die isolierte Hervorhebung von Details der Aussage des Beschwerdeführers (gemeint: ON 126 S 19 f) sowie Angaben seiner Bewährungshelferin (gemeint: ON 127 S 11 f) – das Unterbleiben von Konstatierungen dazu, „ob der Angeklagte an Suchtmittel gewöhnt ist und ob er die Tat vorwiegend deshalb begangen hat, um sich für den persönlichen Gebrauch Suchtmittel zu verschaffen“.

[5] Weshalb die in der Rechtsmittelschrift wiedergegebenen Passagen der Verantwortung dieses Angeklagten (oder die Aussage seiner Bewährungshelferin) die Annahme indiziert hätten, er habe die Tat vorwiegend deshalb begangen, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen (arg „Durch den Drogenhandel habe ich mir vielleicht ein paar Schuhe leisten können. […] Das meiste ist fürs Essen draufgegangen“; vgl aber RIS-Justiz RS0125836, RS0124622), zeigt die Rüge nicht auf und macht solcherart einen Feststellungsmangel nicht gesetzmäßig geltend (RIS‑Justiz RS0118580). Da die Anwendung des § 28a Abs 3 zweiter Fall iVm § 27 Abs 5 SMG das kumulative Vorliegen beider darin genannter Voraussetzungen erfordert (vgl zuletzt 14 Os 72/19y), war auf eine allenfalls aus den Verfahrensergebnissen indizierte Gewöhnung des Angeklagten an Suchtmittel nicht weiter einzugehen (vgl im Übrigen US 7, 18).

[6] Der Erledigung der Tatsachenrügen beider Angeklagter (Z 5a) ist voranzustellen, dass diese nur unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel – unter gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiserwägungen – verhindern will (RIS‑Justiz RS0118780). Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird durch sie nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583).

[7] Die Tatsachenrüge des K***** vermag mit dem Hinweis auf die von den Tatrichtern erörterten Angaben des Angeklagten H***** (eingehend US 10 f) sowie jene der Zeugen O***** und P***** (US 12) in Verbindung mit der Behauptung, die daraus von den Tatrichtern gezogenen Schlussfolgerungen wären „nicht nachvollziehbar“, keine nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierenden Bedenken an der Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen zu erwecken, sondern bekämpft jenseits dieser dem Nichtigkeitsgrund immanenten Erheblichkeitsschwelle die Beweiswürdigung des Schöffengerichts.

[8] Gleiches gilt für die Tatsachenrüge (Z 5a) des Angeklagten C*****, die sich darauf beschränkt, aus den Angaben der Zeugen S***** (dazu US 13) und G***** (dazu US 18 f) für den Beschwerdeführer günstigere Schlussfolgerungen zu reklamieren.

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen und der Beschwerden folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

 

[10] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte