OGH 13Os124/20i

OGH13Os124/20i16.3.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. März 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Pateisky in der Strafsache gegen Thomas F***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 28. August 2020, GZ 79 Hv 25/20p‑28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0130OS00124.20I.0316.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde Thomas F***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 3. Juli 2018 in F***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Erwin S***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit, zum Abschluss eines Kaufvertrags über eine Liegenschaft zum Preis von 1.225.000 Euro, somit zu einer Handlung verleitet, die S***** im genannten, 300.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigen sollte, wobei es beim Versuch blieb.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Die von der Mängelrüge (Z 5) bekämpften Feststellungen zum subjektiven Handlungselement (US 6) stützte das Schöffengericht – der Beschwerde zuwider – nicht allein auf die Erwägung, sie seien „mangels geständiger Verantwortung des Angeklagten aus dem objektiven Geschehensablauf und aus der allgemeinen Lebenserfahrung abzuleiten“, und den Hinweis auf eine vorangegangene gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers (US 9). Es setzte sich vielmehr ausführlich mit dessen – Tat- und Bereicherungsvorsatz leugnender – Verantwortung auseinander, durch die Finanzierungszusage eines (angeblichen) Unternehmens namens W***** mit Sitz in Valencia (Spanien) seinerseits getäuscht worden zu sein, und begründete mit Bezug auf den Inhalt einer vom Angeklagten dazu vorgelegten, umfangreichen E‑Mail‑Korrespondenz (ON 12 in ON 3) eingehend, weshalb es dieser Einlassung nicht folgte (US 9 bis 11).

[5] Der Einwand des Fehlens einer „zureichenden“ Begründung (Z 5 vierter Fall) und der Vorwurf, in der „Beilage ON 12“ enthaltene Schriftstücke seien „unerörtert“ geblieben (Z 5 zweiter Fall), versäumt es, an der Gesamtheit der diesbezüglichen Entscheidungsgründe Maß zu nehmen. Damit gelangt der herangezogene Nichtigkeitsgrund nicht zu prozessförmiger Darstellung (RIS-Justiz RS0119370).

[6] Auf der Tatsachenebene ging das Schöffengericht deutlich genug (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19) von der Kausalität des täuschungsbedingten Irrtums des Opfers für dessen – nach der Intention des Angeklagten schädigende (US 6) – Vermögensverfügung aus (US 6: „dadurch“).

[7] Dem gegen dieses Tatsachensubstrat gerichteten Vorbringen zuwider hat das Erstgericht die Aussage des Zeugen S*****, sich in Bezug auf die „Bonität“ des Angeklagten „auf den Notar verlassen“ und dazu selbst „keine Nachforschungen getätigt“ zu haben (ON 27 S 11 und 12), beweiswürdigend berücksichtigt (US 7). Den relevierten Text des von S***** (als Verkäufer) und vom Beschwerdeführer (als Käufer) notariell unterfertigten Kaufvertrags hat es sogar ausdrücklich festgestellt (US 4 bis 6). Der diesbezügliche Einwand von Unvollständigkeit geht daher ins Leere.

[8] Soweit die Beschwerde aus den erwähnten Beweisergebnissen von jenen des Erstgerichts abweichende Schlüsse gezogen wissen will, erschöpft sie sich in einem Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

[9] Nach den Urteilsfeststellungen enthält der von S***** und vom Beschwerdeführer notariell unterfertigte Kaufvertrag über die betreffende Liegenschaft folgenden Passus: „Die Vertragsteile vereinbaren auch jeweils einseitig unwiderruflich, dass die einzige Urschrift dieses Kaufvertrages solange in treuhändiger Verwahrung des Urkundenverfassers verbleibt, bis der gesamte wertgesicherte, allenfalls verzugsverzinste Kaufpreis vom Käufer nachweislich geleistet wurde. Erst dann ist die Urkunde zur weiteren Durchführung freizugeben. Der Nachweis der Kaufpreiszahlung ist dem Grundbuchgericht nicht zu erbringen“ (US 5).

[10] Weder dem festgestellten Vertragstext noch dem sonstigen Urteilssachverhalt ist aber zu entnehmen, dass – wie die Rechtsrüge (Z 9 lit a) argumentiert – „nicht nur keine grundbuchsfähige, sondern überhaupt keine Urkunde beim Angeklagten lag, mit der eine grundbücherliche Durchführung veranlasst hätte werden können“.

[11] Indem sie ihren Einwand absoluter Untauglichkeit des Versuchs (§ 15 Abs 3 StGB) auf der Basis dieser – solcherart urteilsfremden – Prämisse entwickelt, verfehlt sie den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

[12] Hinzugefügt sei, dass ein bloß relativ untauglicher Betrugsversuch vorliegt, wenn der Täter – wie hier – einen Liegenschaftseigentümer durch Täuschung über seine Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit zur notariellen Unterfertigung eines Kaufvertrags über die Liegenschaft veranlasst, nach der vorgesehenen Treuhandabwicklung die Intabulation des Eigentumsrechts aber erst nach Bezahlung des Kaufpreises erfolgen soll (RIS‑Justiz RS0122720).

[13] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Über die Berufungen hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

[14] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte