OGH 3Ob15/21h

OGH3Ob15/21h25.2.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Präsidentin Hon.‑Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie den Hofrat Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei W*****, vertreten durch Mag. Hermann Stenitzer‑Preininger, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte und widerklagende Partei C*****, vertreten durch Mag. Simone Hiebler und andere Rechtsanwälte in Leoben, wegen Einwendungen gegen den Anspruch nach § 35 EO (Klage) und Unterhaltserhöhung (Widerklage), über die „außerordentliche“ Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Berufungsgericht vom 17. Dezember 2020, GZ 2 R 148/20v‑115, womit das Urteil des Bezirksgerichts Leoben vom 15. Mai 2020, GZ 19 C 28/16f‑105, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00015.21H.0225.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Der Oppositionskläger und Widerbeklagte (im Folgenden: Kläger) ist aufgrund eines vollstreckbaren Urteils vom 29. April 2014 zur Zahlung eines laufenden Unterhaltsbetrags von 1.275 EUR an die Beklagte und Widerklägerin (im Folgenden: Beklagte) verpflichtet. Die Beklagte führt aufgrund dieses Titels gegen den Kläger Exekution zur Hereinbringung eines rückständigen Unterhalts von 825 EUR und eines laufenden Unterhalts von 275 EUR ab 1. Juli 2016.

[2] Mit seiner Oppositionsklage macht der Kläger geltend, dass der betriebene Anspruch erloschen sei.

[3] Mit ihrer Widerklage begehrt die Beklagte, den Kläger (zusätzlich zum titulierten Unterhaltsanspruch) zur Leistung eines weiteren monatlichen Unterhaltsbetrags von 300 EUR ab 1. Jänner 2017 zu verpflichten.

[4] Das Erstgericht wies die Oppositionsklage ab und gab der Widerklage im Ausmaß eines monatlichen Unterhaltsbetrags von 250 EUR statt.

[5] Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung teilweise ab. Es sprach aus, dass der Unterhaltsrückstand zur Gänze und der laufende Unterhalt bis einschließlich April 2018 bis auf einen Betrag von 1.140 EUR und seit 1. Mai 2018 bis auf einen monatlichen Betrag von 890 EUR erloschen sei. Die Widerklage wies es ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision sowohl im Oppositionsverfahren als auch im Widerklageverfahren mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

[6] Dagegen richtet sich die „außerordentliche“ Revision der Klägerin, die das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorlegte.

[7] Diese Aktenvorlage ist verfehlt:

[8] Gemäß § 502 Abs 4 ZPO ist die Revision – außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO – hier jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt hat.

[9] Die Zulässigkeit der Revision gegen die Entscheidung über die Klage ist dabei unabhängig von der Widerklageforderung zu prüfen (RIS‑Justiz RS0042941 [T4]). Bei der Streitwertbestimmung nach § 502 Abs 4 ZPO müssen Klage und Widerklage folglich gesondert bewertet werden (RS0042626). So hat auch die Verbindung mehrerer Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung auf die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen das gemeinsame Urteil keinen Einfluss (RS0037252, RS0042626 [T1]).

Der Streitwert der Oppositionsklage richtet sich nach dem Wert des betriebenen Anspruchs, der unter Anwendung der Bestimmungen der §§ 54 und 56 JN zu ermitteln ist (RS0001618). Richtet sich die Klage gegen eine Exekution auf den laufenden Unterhalt, ist nach § 58 JN der 36-fache Betrag des betriebenen und strittigen laufenden Unterhalts heranzuziehen (vgl zB 3 Ob 207/19s). Der für die Oppositionsklage maßgebliche Entscheidungsgegenstand (275 EUR x 36) übersteigt zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR.

[10] Auch der von der Beklagten in ihrer Widerklage geltend gemachte Unterhaltserhöhungsanspruch ist nach § 58 Abs 1 JN zwingend mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten. Dieser Betrag beträgt 10.800 EUR (300 EUR x 36).

[11] Damit übersteigen die jeweiligen Entscheidungsgegenstände der angefochtenen Entscheidung nicht 30.000 EUR.

[12] Erhebt in einem solchen Fall eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen, und zwar auch dann, wenn es als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet wird (vgl § 84 Abs 2 letzter Satz ZPO) und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; dieser darf hierüber nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RS0109623).

[13] Ob der dem Berufungsgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109623 [T5, T8]).

Stichworte