OGH 2Ob118/20x

OGH2Ob118/20x14.10.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** B*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Brandstätter, Rechtsanwalt in Bad Hofgastein, gegen die beklagte Partei L***** S*****, vertreten durch Dr. Franz Linsinger, Rechtsanwalt in St. Johann im Pongau, wegen 16.000 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 7.572,53 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 8. April 2020, GZ 6 R 136/19s‑41, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 3. September 2019, GZ 2 Cg 141/17k‑36, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00118.20X.1014.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Die Mutter der Streitteile ist am 21. Februar 2016 verstorben. Ihr Nachlass war überschuldet, er wurde der Beklagten an Zahlungs statt überlassen. Im vorliegenden Verfahren macht der Kläger aufgrund einer Liegenschaftsschenkung einen Anspruch nach § 951 ABGB idF vor dem ErbRÄG 2015 geltend. Die Beklagte wendet unter anderem ein, dass die Erblasserin einen Sohn des Klägers über mehrere Jahre gepflegt und erzogen habe, ohne vom Kläger Unterhalt verlangt zu haben. Darin liege eine auf den Pflichtteil des Klägers anzurechnende Schenkung. Weiters sei zu berücksichtigen, dass sie vor der Schenkung Erhaltungsarbeiten am Schenkungsobjekt finanziert habe.

[2] Das Erstgericht gab dem Begehren teilweise statt. Die Pflege- und Erziehungsleistungen der Erblasserin seien nicht auf den Schenkungspflichtteil anzurechnen, weil sie diese nicht in Schenkungsabsicht an den Kläger erbracht habe. Der Aufwand für Erhaltungsarbeiten sei nicht zu berücksichtigen.

[3] Das nur von der Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es ließ die ordentliche Revision zu, weil keine Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob die Übernahme der Pflege und Erziehung des Enkelkindes als Schenkung an den Kläger zu qualifizieren sei.

[4] Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten ist ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Eine Schenkung (auch) iSv § 785 ABGB aF setzt grundsätzlich Schenkungsabsicht voraus (RS0012959 [T5]). Ob diese vorliegt, ist eine der Kognition des Obersten Gerichtshofs entzogene Tatfrage (5 Ob 188/13b; 5 Ob 245/10f; 2 Ob 354/98t; 9 Ob 12/98z mwN). Auch ein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ist noch kein zwingendes Indiz für deren Vorliegen (5 Ob 188/13b). Gründe für ein Abgehen von dieser Rechtsprechung oder eine insofern bestehende Rechtsprechungsdivergenz zeigt die Beklagte nicht auf.

[6] 2. Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht, wenngleich im Rahmen der rechtlichen Beurteilung, ausdrücklich festgestellt, dass die Erblasserin bei der Pflege und Erziehung ihres Enkels nicht in Schenkungsabsicht gegenüber dem Kläger gehandelt habe. Aus Sicht der Erblasserin lag daher eine unentgeltliche Zuwendung an den Enkel, nicht an den Kläger vor. Auf dieser Grundlage ist die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis durch die dargestellte Rechtsprechung gedeckt. Ob das Verhalten der Erblasserin nach neuem Recht unter § 781 Abs 2 Z 6 ABGB fiele, ist hier nicht zu beurteilen.

[7] 3. In der Revision stützt sich die Beklagte – sogar primär – auf das Vorliegen eines Vorschusses iSd § 789 ABGB aF. Eine solche Zuwendung wäre allerdings nur auf einen Nachlasspflichtteil, nicht aber auf den hier strittigen Schenkungspflichtteil anzurechnen (RS0127346); zudem müsste die Verrechnung auf den Pflichtteil bedungen worden sein (RS0012996). Soweit die Beklagte weiterhin die Berücksichtigung ihres Aufwands für Erhaltungsarbeiten am späteren Schenkungsobjekt begehrt, fehlt ein schlüssiges Vorbringen. Aus dem Umstand allein, dass diese Arbeiten in einer letztwilligen Verfügung erwähnt wurden, lässt sich nichts ableiten. Denn es ist kein Grund erkennbar, weshalb der diesbezügliche Aufwand vom – objektiv zu bestimmenden – Wert der später gemachten Schenkung abzuziehen wäre. Zu Grund und Auswirkungen eines wegen der Aufwendungen allenfalls bestehenden Anspruchs hat die Beklagte nichts vorgebracht (vgl 2 Ob 55/19f). Auch in diesen Punkten zeigt die Beklagte daher keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[8] 4. Aus diesen Gründen ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen. Die Revisionsbeantwortung des Klägers ist nicht zu honorieren, weil er darin weder die maßgebenden Gründe für das Fehlen einer erheblichen Rechtsfrage aufgezeigt noch die Zurückweisung des Rechtsmittels beantragt hat.

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