OGH 9Ob45/20p

OGH9Ob45/20p29.9.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau, Hon.‑Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Rechtssache der klagenden Partei T* GmbH, *, vertreten durch die Forcher-Mayr & Kantner Rechtsanwälte Partnerschaft in Innsbruck, gegen die beklagte Partei * R*, vertreten durch Mag. Andreas Köttl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 31.087,04 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 15. Juli 2020, GZ 4 R 90/20p-39, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E129734

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist nicht dazu berufen, für die Einheitlichkeit oder gar die Fortbildung fremden Rechts Sorge zu tragen (RS0042940 [T2, T3, T8]). Die Revision wäre aus Gründen der Rechtssicherheit nur dann zulässig, wenn ausländisches Recht unzutreffend ermittelt oder eine im ursprünglichen Geltungsbereich des maßgeblichen fremden Rechts in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht hintangesetzt worden wäre oder hierbei grobe Subsumtionsfehler unterlaufen wären, die aus Gründen der Rechtssicherheit richtiggestellt werden müssten (RS0042940 [T9]; RS0042948 [T3], zur Verjährung nach deutschem Recht im Besonderen RS0042948 [T37]). Das ist hier nicht der Fall:

Das Berufungsgericht legte dar, dass durch die von der Klägerin erhobene Mahnklage gemäß § 204 Abs 1 Z 1 und § 204 Abs 2 S 3 BGB eine Hemmung der Rechtsverjährung durch Rechtsverfolgung eingetreten sei, die Hemmung aber durch Nichtbetreiben des Verfahrens durch die Klägerin geendet habe, weil sie zwischen der Verständigung über den Zustellfehlbericht des Gerichtsvollziehers (20. 3. 2015) und ihrem neuerlichen Zustellantrag (12. 8. 2019) keine Handlungen vorgenommen habe, die bestimmt und geeignet gewesen seien, den Prozess wieder in Gang zu setzen. Triftige Gründe für das Nichtbetreiben des Prozesses habe sie nicht dargetan. Unter Berücksichtigung (näher zitierter) deutscher Lehre und höchstgerichtlicher Rechtsprechung sei der Verjährungseinwand der Beklagten auch keine unzulässige Rechtsausübung wegen groben Verstoßes gegen Treu und Glauben iSd § 242 BGB.

In ihrer außerordentlichen Revision ist die Klägerin der Auffassung, dass diese Beurteilung der Rechtsprechung des BGH und deutscher Oberlandesgerichte zu § 242 BGB widerspreche. Die von ihr genannten Entscheidungen lassen jedoch keinen korrekturbedürftigen Subsumtionsfehler des Berufungsgerichts erkennen:

Anders als hier lag dem Urteil des BGH IX ZR 215/12 eine Konstellation aktiver Irreführung zugrunde. In dem mit Urteil des BGH XI ZR 248/03 entschiedenen Fall war jener Beklagte vertraglich verpflichtet, einen Wechsel der Wohnungsadresse unverzüglich anzuzeigen; das trifft hier nicht zu. Der Beschluss des BGH II ZR 61/07 betraf die Frage der rechtsmissbräuchlichen Berufung des Beklagten auf eine nicht ordnungsgemäße öffentliche Zustellung, nicht aber ein mehrjähriges Nichtbetreiben des Prozesses durch den Kläger. Nach dem Urteil des BGH VI ZR 217/86 bewegten sich die innerhalb weniger Monate vorgenommene Recherchen jener Klägerin zum ständig wechselnden Aufenthaltsort der Beklagten „im vertretbaren zeitlichen Rahmen“ der Förderung ihres Prozesskostenhilfeverfahrens. Im vorliegenden Fall war die Klägerin dagegen über mehrere Jahre ohne nähere Erklärungen untätig. Damit steht die Beurteilung des Berufungsgerichts aber im Einklang mit dem Urteil des BGH IV ZR 205/00, in dem das Verhalten jenes Klägers, der ebenfalls über mehrere Jahre keine weiteren Bemühungen zur Ermittlung der Anschrift des Beklagten entfaltet hatte, als ein zur Verjährung führendes Nichtbetreiben des Prozesses gesehen wurde.

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist daher mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Stichworte