OGH 8ObA71/20d

OGH8ObA71/20d25.8.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Helmut Purker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Karl Schmid (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Mag. Rivo Killer, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei A*****, vertreten durch Mag. Michael Kadlicz, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen Oppositionsklage, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 28. April 2020, GZ 9 Ra 82/19y ‑ 35, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:008OBA00071.20D.0825.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Oppositionsverfahren vor dem Arbeits‑ und Sozialgericht richtet sich – so auch hinsichtlich der Revisionszulässigkeit – nach den Bestimmungen des ASGG (vgl 8 ObA 169/00m).

2.1 Die Beurteilung, ob die Geltendmachung eines vereinbarten Terminsverlusts oder der Nichterfüllung eines Prämienvergleichs gerechtfertigt ist, hängt von den im jeweiligen Einzelfall gegebenen besonderen Umständen ab (RIS‑Justiz RS0018357 [T3]). Maßgeblich sind dabei der Inhalt der zwischen Gläubiger und Schuldner getroffenen Vereinbarung, das Verhältnis des Rückstands zum geschuldeten Betrag und das Verhalten von Gläubiger und Schuldner im Zusammenhang mit der Minderleistung (4 Ob 259/02w). Wegen der Einzelfallbezogenheit begründen diese Fragen in der Regel keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO. Auch der Revisionswerber vermag solche nicht aufzuzeigen.

2.2 Das Berufungsgericht hat dem Kläger entgegengehalten, ihm bzw seinem Vertreter hätte bereits aus der dem E‑Mail an den Beklagtenvertreter vom 23. 6. 2015 angeschlossenen Lohnabrechnung auffallen müssen, dass die verglichene Pauschalgebühr in dem von der Steuerberatung abgerechneten Vergleichsbetrag nicht inkludiert gewesen sei. Spätestens aber die Mitteilung des Beklagtenvertreters vom 30. 6. 2015, nicht ersehen zu können, ob diese Pauschalgebühr im überwiesenen Betrag enthalten sei, hätte den Kläger zu einer entsprechenden Prüfung und Nachzahlung veranlassen müssen, um die Vergleichsprämie (doch noch vollständig) zu erfüllen und den Eintritt des Terminverlusts zu verhindern. Die Reaktion des Klagevertreters, den Beklagtenvertreter mit seiner Frage an die Steuerberatung zu verweisen, reiche dafür nicht aus.

2.3 Die Auffassung des Berufungsgerichts ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil der Klagevertreter am 16. 7. 2015 auch noch eine E‑Mail‑Nachricht der Steuerberaterin an den Beklagtenvertreter in Kopie erhielt, wonach die Pauschalgebühr nicht über die Lohnverrechnung abgerechnet wurde. Trotzdem erfolgte die Entrichtung der offenen Pauschalgebühr durch den Kläger erst fast drei Jahre später. Dass der Beklagtenvertreter mit E‑Mail vom 23. 7. 2015 den Terminsverlust geltend machte, hinderte den Kläger nicht an einer prompten Überweisung, die allenfalls eine andere Beurteilung hätte nahe legen können.

Es mag sein, dass sich die Abrechnung des aus der Vergleichsprämie zu zahlenden Nettobetrags schwierig gestaltete. Nach dem Wortlaut des Vergleichs war allerdings bis 25. 6. 2015 der Betrag von 9.500 EUR brutto/netto (darin enthalten 1.818,17 EUR netto Differenz Wochengeld, 5.734,88 EUR brutto ausständiges Entgelt und 1.946,95 EUR netto anteilige Zinsen) zuzüglich einer anteiligen Pauschalgebühr in Höhe von 303,50 EUR zu zahlen. Über die Höhe der im überwiesenen Nettobetrag jedenfalls unberücksichtigt gebliebenen Pauschalgebühr konnte damit nie ein Zweifel bestehen.

3. Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

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