OGH 14Os69/20h

OGH14Os69/20h19.8.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. August 2020 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer als Vorsitzenden, die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter im Verfahren zur Unterbringung des ***** N***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. Mai 2020, GZ 122 Hv 2/20p‑56, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0140OS00069.20H.0819.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des ***** N***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.

Danach hat er am 14. Dezember 2019 in W***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades, nämlich einer schweren Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, beruht, ***** M***** eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zugefügt, indem er ihr einen Faustschlag gegen den Kopf, einen wuchtigen Tritt gegen das Gesicht und zumindest zwei Tritte gegen den Rücken versetzte, wodurch die Genannte ein Schädel-Hirn-Trauma, einhergehend mit einem offenen Bruch der Schädelbasis, mit Hirnprellungen und einer Blutung unter der harten Hirnhaut im Bereich des rechten Schläfenlappens, weiters Brüche des Daches, des Bodens und der seitlichen Wände der rechten Augenhöhle, eine Prellung des Augapfels mit Blutung unter der Bindehaut, Brüche des rechten Jochbeins und des Jochbogens sowie der vorderen und seitlichen Wand der rechten Kieferhöhle mit Einblutung in die Kieferhöhle und eine massive Weichteilschwellung des Gesichts mit Lufteinlagerungen unter der Haut, in der Augenhöhle und in der Schädelhöhle sowie eine Prellung und Blutunterlaufung der rechten Rückenregion, sohin eine an sich schwere Verletzung verbunden mit einer länger als vierundzwanzig Tage dauernden Gesundheitsschädigung, erlitt, und somit eine Tat begangen, die als Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 3, 5 und 11 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde schlägt fehl.

Mit der – auf Z 3 gestützten – Behauptung einer Verletzung von „§ 260 StPO“, weil das Einweisungserkenntnis zwar „die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher“ anordne, jedoch offen lasse, ob es sich dabei um eine Maßnahme nach § 21 Abs 1 StGB handle, ist der Beschwerdeführer auf die mit – unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem – Beschluss des Vorsitzenden vom 8. Juli 2020 vorgenommene Angleichung der schriftlichen Urteilsausfertigung an das mündlich verkündete Urteil (ON 64) zu verweisen (RIS‑Justiz RS0098973).

Entgegen dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 3) entspricht deren Ableitung aus dem – detailliert festgestellten – äußeren Tatgeschehen (US 4 f) den Kriterien logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen und ist daher unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0116882; Ratz , WK‑StPO § 282 Rz 452).

Indem die Beschwerde die Ansicht vertritt, die von den Tatrichtern angeführten Gründe für die Nichtannahme eines Tötungsvorsatzes (US 5) sprächen auch gegen eine Absicht des Betroffenen, dem Opfer eine schwere Körperverletzung zuzufügen, bekämpft sie bloß unzulässig die erstgerichtliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) rekurriert bei ihrem Einwand des Fehlens von Feststellungen zur Kausalität der konstatierten geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades für die Anlasstat auf einzelne Urteilspassagen, lässt aber die – disloziert im Rahmen der rechtlichen Beurteilung getroffene – Feststellung außer Acht, nach der die akute Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, an der der Betroffene zum Tatzeitpunkt litt, handlungsbestimmend war (US 5). Solcherart verfehlt sie den gerade im festgestellten Sachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung.

Stichworte