OGH 5Ob93/20t

OGH5Ob93/20t29.6.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. D*****, 2. R*****, 3. Republik Österreich – Bundesstraßenverwaltung, 4. Land Burgenland – Landestraßenverwaltung, alle vertreten durch Dr. Gerhard Hauer, öffentlicher Notar in Mattersburg, wegen Grundbuchshandlungen ob der EZZ ***** je KG *****, über den Revisionsrekurs der Marktgemeinde Wiesen, *****, vertreten durch Hajek Boss & Wagner Rechtsanwälte OG in Eisenstadt, gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 12. März 2020, AZ 13 R 20/20v, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Mattersburg vom 10. Dezember 2019, TZ 3299/2019, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0050OB00093.20T.0629.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte die beantragten Grundstücksveränderungen ob mehrerer Liegenschaften aufgrund eines Tausch‑ und Abtretungsvertrags, eines Teilungsplans samt Trennstücktabelle und Planbescheinigungsbescheids des Vermessungsamts sowie eines Rangordnungsbeschlusses.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der als Baubehörde einschreitenden Gemeinde nicht Folge. Das burgenländische Baurecht kenne eine Bewilligungspflicht von Grenzänderungen im Bauland nicht. § 14 des burgenländischen Baugesetzes 1997 (Bgld BauG) sehe nur eine Anzeigepflicht von Teilungen bereits bebauter Grundstücke im Bauland vor, nicht jedoch eine Bewilligung durch die Gemeinde als Baubehörde für die Teilung unbebauter Liegenschaften. Eine Bewilligungspflicht lasse sich auch nicht aus §§ 48 oder 52 Abs 3 des burgenländischen Raumplanungsgesetzes 2019 (Bgld RPG) ableiten.

Mangels Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Bewilligungspflicht von Änderungen der Grundstücksgrenzen im Bauland im Burgenland sei der ordentliche Revisionsrekurs zuzulassen.

In ihrem Revisionsrekurs strebt die Marktgemeinde als Baubehörde eine Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen dahin an, dass das Grundbuchsgesuch mangels Nachweises der Zustimmung der Baubehörde abgewiesen werde.

Der Revisionsrekurs ist – ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) – nicht zulässig. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG).

Rechtliche Beurteilung

1. Die Revisionsrekurswerberin tritt hier in ihrer Funktion als Baubehörde erster Instanz auf und führt eine ihrer Auffassung nach aus den Bestimmungen des Bgld BauG im Zusammenhalt mit dem Bgld RPG abzuleitende Bewilligungspflicht von Grundstücksveränderungen im Bauland ins Treffen, somit ein öffentliches Interesse. Ihre Rechtsmittellegitimation ist daher nicht zu bezweifeln (vgl 5 Ob 74/11k; RIS‑Justiz RS0006691; vgl RS0071589).

2. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RS0042656). Überdies kommt dem Obersten Gerichtshof bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz ordentlicher Gerichte fallenden Rechtsmaterien keine Leitfunktion zu (RS0116438; 5 Ob 48/18x [zu Bestimmungen des Grundverkehrsrechts]). Dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu Bestimmungen des Verwaltungsrechts fehlt, kann daher für sich allein noch keine erhebliche Rechtsfrage begründen (RS0123321 [T7, T10]). Eine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt hier nicht vor, zumal sich aus den ins Treffen geführten verwaltungsrechtlichen Bestimmungen des Landes Burgenland für unbebaute Grundstücke im Bauland nach ihrem unmissverständlichem Wortlaut keine Bewilligungspflicht der Baubehörde ableiten lässt.

3. Das Rekursgericht hat die Rechtslage nach dem Bgld BauG 1997 und dem Bgld RPG 2019 richtig dargestellt:

3.1. § 14 Abs 3 des Bgld BauG sieht eine Anzeigepflicht von Teilungen bereits bebauter Grundstücke im Bauland an die Baubehörde vor. Die Baubehörde hat die rechtliche Möglichkeit bei Nichtvorliegen gewisser, dort näher geregelter Voraussetzungen die Grundstücksteilung zu untersagen, eine Bewilligungspflicht ist der Bestimmung nicht zu entnehmen. § 14 Abs 4 Bgld BauG ordnet nur an, dass die Baubehörde über ihr schriftlich bekanntgegebene Grundstücksteilungen oder Grundstückszusammenlegungen im Bauland auf Verlangen für die Vorlage beim Grundbuchsgericht eine Bestätigung darüber auszustellen hat, dass die betroffenen Grundstücke zur Gänze im Bauland liegen. Auch daraus lässt sich eine Bewilligungspflicht nicht ableiten.

3.2. Mit Grundstücksveränderungen an unbebauten Grundstücken im Bauland befasst sich § 14 des Bgld BauG nach seinem eindeutigen Inhalt hingegen nicht, der Landesgesetzgeber räumt vielmehr – wie auch die Revisionsrekurswerberin zugestehen muss – der Baubehörde keine öffentlich‑rechtlichen Mitwirkungsbefugnisse ein.

3.3. § 42 Abs 1 und § 48 Abs 1 Bgld RPG 2019 ordnen zwar an, dass die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister die Absicht der Aufstellung eines Flächenwidmungsplans oder eines Bebauungsplans (Teilbebauungsplans) in der Gemeinde ortsüblich kundzumachen und gleichzeitig aufzufordern hat, geplante Grundteilungen und Bauvorhaben binnen Monatsfrist bekanntzugeben, damit diese nach Möglichkeit bei der Planerstellung berücksichtigt werden können. Gemäß § 52 Abs 1 Bgld RPG 2019 hat der Gemeinderat zur Sicherung der späteren Durchführung des aufzustellenden Plans für das Gemeindegebiet oder für Teile desselben durch Verordnung eine Bausperre zu erlassen, die zur Folge hat, dass Baubewilligungen grundsätzlich nicht erteilt werden dürfen, es sei denn, der Gemeinderat stellt nach Anhörung wenigstens eines Sachverständigen fest, dass die beantragte Grundteilung die beabsichtigte Gesamtgestaltung innerhalb der Gemeinde nicht beeinträchtigt oder einem allenfalls bestehenden Flächenwidmungsplan nicht widerspricht (§ 52 Abs 3 Bgld RPG 2019).

3.4. Selbst die erstmals im Rekurs behauptete befristete Bausperre für einzelne der nun von den begehrten Grundstücksveränderungen betroffenen Grundstücke hätte nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 52 Abs 3 Bgld RPG 2019 daher zwar die Folge, dass Baubewilligungen durch die Baubehörde nur aufgrund eines Feststellungsbescheids des Gemeinderats im Sinn dieser Bestimmung erteilt werden dürfen; über die Zulässigkeit der grundbücherlichen Durchführung von Grundstücksveränderungen aufgrund eines Teilungsplans sagt diese Bestimmung des Bgld RPG aber nichts aus. Die im Revisionsrekurs angesprochene Bedachtnahme auf die Interessen (auch) der Teilungswerber auf Sicherstellung, dass angestrebte Grundstücksveränderungen mit Bebauungsplänen nicht in Widerspruch geraten, wäre Sache des burgenländischen Landesgesetzgebers. Derzeit sieht die landesgesetzliche Lage eine Bewilligungspflicht der Baubehörde oder auch nur die Voraussetzung der Vorlage eines Feststellungsbescheids iSd § 52 Abs 3 des Bgld RPG 2019 gegenüber dem Grundbuchsgericht bei der Beantragung von Grundstücksveränderungen betreffend unbebaute Grundstücke in Bauland aber nicht vor.

4. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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