OGH 17Ob1/20a

OGH17Ob1/20a28.5.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Präsidentin Hon.‑Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Musger, Mag. Malesich, Dr. Kodek und Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. W* K* als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der K* GmbH, vertreten durch K-B-K Kleibel Kreibich Bukovc Hirsch Rechtsanwälte GmbH & Co. KG in Salzburg, gegen die beklagte Partei P* GmbH, *, vertreten durch Mag. Daniel Schöpf und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 284.254,39 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 25. November 2019, GZ 1 R 143/19h‑16, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 30. Juli 2019, GZ 4 Cg 85/18s‑12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E128743

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Begehren auf Zahlung von 284.254,39 EUR samt gestaffelter Zinsen abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 45.937,58 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin 3.481,43 EUR Umsatzsteuer, 25.049 EUR Barauslagen) zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Masseverwalter im am 9. Oktober 2017 eröffneten Konkurs über das Vermögen der Schuldnerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Er begehrt von der Beklagten, die seit November 2016 zu 25 % an der Schuldnerin beteiligt ist, die Rückerstattung von Kreditrückzahlungen, die die Schuldnerin der Beklagten nach Kreditgewährung im August 2015 von April bis September 2016 geleistet hatte.

Die Schuldnerin war 2010 von Dr. O* K* und J* K* (in der Folge: Gründungsgesellschafter) gegründet worden, die im relevanten Zeitraum auch Geschäftsführer waren. Unternehmensgegenstand war die Entwicklung eines hochwertigen Freizeitbootes. Das Projekt kam bis zuletzt nicht über das Stadium eines Prototyps hinaus. Die Schuldnerin war daher stets auf das Zuführen von Eigen- und Fremdkapital angewiesen.

Im Jahr 2012 traten * P* und * R* in die Gesellschaft ein. Ab diesem Zeitpunkt waren Dr. O* K* zu 50 %, J* K* zu 25 %, P* zu 20 % und R* zu 5 % an der Schuldnerin beteiligt. P* sagte mit Patronatserklärung vom 29. November 2012 zu, seine Beteiligung langfristig aufrechtzuerhalten und die Gesellschaft mit dem notwendigen Eigenkapital auszustatten. Ausgehend davon stellte er der Schuldnerin bis zur Insolvenzeröffnung etwa 3,7 Mio EUR als Risikokapital zur Verfügung. Auch die Gründungsgesellschafter hatten ihre Ersparnisse in das Unternehmen eingebracht. Weitere 2,8 Mio EUR erhielt die Schuldnerin bis 2015 von einer Forschungsförderungsgesellschaft.

Nach den ursprünglichen Prognosen sollte der Markteintritt im Jahr 2015 erfolgen. P* rechnete auf dieser Grundlage damit, dass die „Kapitalausstattung durch ihn im Jahr 2015 abgeschlossen“ sein würde. Im Sommer 2015 teilten ihm die Geschäftsführer allerdings mit, dass aufgrund einer „kurzfristigen Liquiditätslücke“ ein weiterer Finanzbedarf von 500.000 EUR bestehe. Zwar stehe der Durchbruch unmittelbar bevor, das Unternehmen wäre aber ohne die weitere Finanzierung gefährdet. Tatsächlich wies der am 24. Juli 2015 eingereichte Jahresabschluss zum 31. Dezember 2014 ein negatives Eigenkapital von rund 1,7 Mio EUR aus; der Verlust betrug rund 5,2 Mio EUR. Im Anhang hieß es, dass eine insolvenzrechtliche Überschuldung nicht vorliege, weil die Gesellschafter dem Unternehmen weiterhin ausreichend Eigenkapital zuführen würden.

P* wollte der Schuldnerin kein weiteres Eigenkapital zur Verfügung stellen, war aber zur Gewährung eines Darlehens bereit. Allerdings hatte er schon im April 2014 die Beklagte als Holdinggesellschaft für seine Unternehmensbeteiligungen gegründet, und er wollte auch die Anteile an der Schuldnerin in diese Gesellschaft einbringen. Im Hinblick darauf sollte schon die Beklagte, deren einziger Gesellschafter er war, das Darlehen gewähren. Der andere Minderheitsgesellschafter hatte mit der Darlehensgewährung nichts zu tun. Es gab diesbezüglich auch keine Absprache zwischen ihm und P*.

In der Generalversammlung vom 6. Juli 2015 wurde der Jahresabschluss zum 31. Dezember 2014 verteilt. Die Gesellschafter stimmten ua folgenden „Anträgen“ der Geschäftsführung zu:

„ 2. Bereitstellung von Eigenkapital

Der alleinige Gesellschafter der [Beklagten] und Gesellschafter [der Schuldnerin] * P*, vertreten durch den Geschäftsführer der [Beklagten] Herrn *, bekräftigt hiermit die weitere Finanzierung der [Schuldnerin] bis zur Marktreife des [Bootes] sicher zu stellen.

Der [Schuldnerin] werden, in Entsprechung der Patronatserklärung vom 29. 11. 2012, bis September 2015 insgesamt 500.000 Euro vorläufig in Form eines Darlehens. [sic!] Dieses Darlehen wird dann bei Einigung der in Punkt 3 genannten Themen in Eigenkapital umgewandelt. Die Zahlungen erfolgen folgendermaßen: [Auszahlung des Darlehens in sechs Raten bis 30. 9. 2015]

3. Übertragung der Geschäftsanteile von *P* an die [Beklagte]

Für die Rückzahlungsmodalitäten werden von der Geschäftsführung, sowie den [Gründungsgesellschaftern] bis Ende Juli 2015 Vorschläge erarbeitet. Die Rückzahlungsmodalitäten werden bis Ende August 2015 geklärt und einvernehmlich festgelegt. Des weiteren werden von der Geschäftsführung sowie den [Gründungsgesellschaftern] bis Ende Juli 2015 Vorschläge erarbeitet, wie die Gesellschaftsanteile von * P* in die [Beklagte] übertragen werden können.

Hinzukommend erfolgen ebenfalls Ende Juli 2015 Vorschläge betreffend die Punkte: potentielle Rückführungsszenarien, Umgang mit den IP- und Lizenzrechten, sowie der Form der Unterstützung der Paracelsus-Schule durch die [Schuldnerin]. Es ist geplant diese Punkte ebenfalls bis Ende August 2015 geklärt und einvernehmlich festgelegt zu haben. Für die Umsetzung der dann einvernehmlich festgelegten Lösungen wird ein Zeitraum bis Jahresende 2015 angestrebt, jedoch ehestmöglich.“

Der Beklagtenvertreter verfasste daraufhin den Entwurf eines Darlehensvertrags zwischen der Beklagten und der Schuldnerin. Die Rückzahlung war bis 31. Dezember 2015 vorgesehen; die Beklagte sollte jedoch zur vorzeitigen Kündigung berechtigt sein, wenn sich die Vermögensverhältnisse der Schuldnerin wesentlich verschlechterten oder bis Ende August 2015 keine Einigung im Sinn von Punkt 3 des oben genannten Beschlusses erfolgen würde.

Der Geschäftsführer der Schuldnerin strich die Kündigungsmöglichkeit und fügte händisch einen Zusatz an, wonach das Darlehen „nachrangig gestellt“ werde. Er begründete das damit, dass die Kündigungsmöglichkeit eine „potenziell gefährliche Lage des Unternehmens verschlimmern statt verbessern und das Unternehmen in die Insolvenz treiben würde, womit sämtliche Investitionen gefährdet wären.“

Die Beklagte akzeptierte die Streichung der Kündigungsmöglichkeit, nicht jedoch die Nachrangigkeit des Darlehens, worauf der Vertrag am 20. August 2015 in dieser Form geschlossen wurde. Dr. O* K* hatte schon zuvor Vorschläge zu den im Gesellschafterbeschluss angesprochenen Punkten, insbesondere zur – unstrittig an die Zustimmung der anderen Gesellschafter gebundenen – Übertragung des Geschäftsanteils von P* auf die Beklagte übermittelt. Darüber wurde in der Folge anwaltlich korrespondiert, eine Einigung kam nicht zustande.

Die Beklagte forderte das Darlehen bei Fälligkeit Ende Dezember 2015 zunächst nicht zurück. Mangels Einigung über die offenen Punkte übermittelte der Beklagtenvertreter der Schuldnerin aber am 4. April 2016 eine Abrechnung und forderte sie zur Rückzahlung auf.

Die Schuldnerin zahlte daraufhin vom 29. April bis zum 1. September 2016 insgesamt 284.254,39 EUR zurück, und zwar deswegen, weil sie von der Weiterfinanzierung „durch die Beklagte bzw * P*“ abhängig war. Die Mittel stammten aus Anzahlungen von Kunden. Während der Rückzahlungen setzte sich die Korrespondenz der Rechtsanwälte zu den offenen Punkten fort. Im September 2016 stimmte die Beklagte der Stundung der noch offenen Beträge zu.

Die Beklagte wollte „von vornherein“ 25 % der Gesellschaftsanteile an der Schuldnerin erhalten. Das war auch mit den Gründungsgesellschaftern „so besprochen“. Der andere Minderheitsgesellschafter war zu einem „nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2015“ nicht mehr von einem Erfolg seiner Beteiligung überzeugt, und auch die Gründungsgesellschafter wünschten sein Ausscheiden. Er bot „daraufhin“ der Beklagten seinen Geschäftsanteil an.

Nach „langwierigen Verhandlungen“ kam es Ende November 2016 zur Abtretung der Anteile der beiden Minderheitsgesellschafter an die Beklagte. Der Gesellschaftsvertrag wurde geändert, der noch offene Darlehensrest wurde in eine Finanzierung mit Rangrücktritt umgewandelt.

Der Kläger begehrt 284.254,39 EUR samt gestaffelter Zinsen. Die Beklagte habe der Schuldnerin in der Krise Kredit gewährt. Die Rückzahlungen seien innerhalb der kritischen Frist des § 28 IO in Benachteiligungsabsicht erfolgt, was der Beklagten bekannt gewesen sein musste. Zudem hätten die Rückzahlungen gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr und gegen § 14 EKEG verstoßen. Die von P* beherrschte Beklagte sei sowohl bei der Mittelzufuhr als auch bei der Rückzahlung als Gesellschafterin anzusehen gewesen; der formal als Darlehen gewährte Betrag sei als Eigenkapital zu qualifizieren. P* habe in der Generalversammlung der Schuldnerin am 6. Juli 2015 bekräftigt, die Finanzierung der Schuldnerin sicherzustellen. Schon in dieser Versammlung sei die Übertragung der Geschäftsanteile beschlossen worden; es sei nur noch festzulegen gewesen, wie diese Übertragung stattfinden sollte. Die Beklagte habe das Darlehen ohne Sicherheiten gewährt; diese Vorgangsweise halte keinem Fremdvergleich stand. Der andere Minderheitsgesellschafter sei eine Vertrauensperson von P* gewesen. Die beiden hätten sich abgestimmt verhalten und sich für die Zufuhr nachrangiger Mittel der Beklagten bedient. Diese sei ein verbundenes Unternehmen iSv § 8 EKEG und damit Gesellschafter iSv § 1 EKEG. Die Anteile der Minderheitsgesellschafter seien für die Anwendung von § 5 EKEG und § 32 IO (iVm § 28 Z 3 IO) zusammenzurechnen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Begehrens. Sie sei gegründet worden, um die Beteiligungen ihres Alleingesellschafters zu bündeln und professionell zu verwalten. Sie und ihr Gesellschafter hätten keine näheren Kenntnisse von der Situation der Schuldnerin gehabt. Aufgrund mangelnder Gesellschafterstellung sei die Beklagte nicht nahe Angehörige iSv § 28 Z 3 IO gewesen. Ihr Alleingesellschafter sei bei Darlehensgewährung nur zu 20 % Gesellschafter der Schuldnerin gewesen, sodass eine Zurechnung iSv § 5 EKEG ausscheide. Es habe kein abgestimmtes Verhalten und auch keine Syndikatsvereinbarung mit dem anderen Minderheitsgesellschafter gegeben. Auf § 82 GmbHG könne sich der Kläger nicht stützen, da es sich um Rückzahlungen aufgrund eines marktüblichen Darlehens gehandelt habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Benachteiligungsabsicht liege nach den Feststellungen nicht vor, weil der Geschäftsführer der Schuldnerin noch im Zeitpunkt der Rückzahlung an einen Erfolg des Projekts geglaubt habe; er habe die Zahlungen geleistet, um die weitere Finanzierung sicherzustellen. Zudem gebe es keine Hinweise, dass die Beklagte Einblicke in die Finanzgebarung der Schuldnerin gehabt hätte. Die Rückzahlung eines Darlehens könne auch keine verbotene Einlagenrückgewähr sein. Wohl aber habe eine Rückzahlungssperre nach dem EKEG bestanden. Im Zeitpunkt der Darlehensgewährung sei die Schuldnerin überschuldet und aus eigenem nicht überlebensfähig gewesen; das Darlehen sei daher schon in der Krise gewährt worden. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei die Beklagte passiv legitimiert. Der Oberste Gerichtshof habe bereits ausgesprochen, dass das Verbot der Einlagenrückgewähr auch auf ehemalige oder zukünftige Gesellschafter anzuwenden sei. Dies sei auf das EKEG, das dieselbe Zielsetzung verfolge, zu übertragen. Im vorliegenden Fall habe es einen Zusammenhang zwischen der Darlehensgewährung und der Anteilsübernahme gegeben. Die Beklagte hätte das Darlehen nicht gewährt, wenn sie nicht in weiterer Folge – was bereits in die Wege geleitet gewesen sei – 25 % der Anteile an der Schuldnerin erhalten hätte.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision zu.

Der Kläger könne sich auf die Rückzahlungssperre nach § 14 EKEG berufen. Maßgebender Zeitpunkt für die Qualifikation als beherrschender Gesellschafter sei jener der Kreditgewährung. Die Rückzahlungssperre sei aber auch auf Gesellschafter anzuwenden, die die Voraussetzungen des § 5 EKEG erst nach dem Zeitpunkt der Kreditvergabe erfüllten, wenn der Eintritt in die Gesellschaft schon zu diesem Zeitpunkt geplant gewesen sei und sie den Kredit vor diesem Hintergrund gewährt habe. Das treffe hier zu, weil die Beklagte von vornherein den Erwerb von 25 % der Geschäftsanteile beabsichtigt habe. Daher sei es sachgerecht, die Rückzahlungssperre auch auf sie anzuwenden.

Die Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Erstreckung von § 14 EKEG auf eine zum Zeitpunkt der Kreditgewährung erst zukünftige Gesellschafterin fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der Beklagten ist zulässig, weil zur vom Berufungsgericht genannten Frage noch keine Rechtsprechung eines Zivilsenats des Obersten Gerichtshofs vorliegt; sie ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls berechtigt.

1. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass der Anspruch weder auf Anfechtungsrecht noch auf das Verbot der Einlagenrückgewähr gestützt werden kann, trifft zu:

1.1. Die Darlehensrückzahlungen erfolgten außerhalb der Fristen der §§ 30 Abs 2 und 31 Abs 2 IO, sodass nur eine Anfechtung nach § 28 IO in Betracht käme. Die dafür erforderliche Benachteiligungsabsicht hätte aber (zumindest) vorausgesetzt, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung in Kauf genommen hätte, dass das Unternehmen nicht mehr saniert werden könne und eine – wenn auch verspätete – volle Befriedigung der anderen Gläubiger auch in Zukunft nicht möglich sein werde (3 Ob 155/16i mwN). Dies lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen; vielmehr leistete die Schuldnerin, weil sie dadurch eine weitere Finanzierung bis zur Marktreife erwirken wollte.

1.2. Die Zahlungen der Schuldnerin verstießen auch nicht gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr (§§ 82 f GmbHG): Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass diese Regelungen auch auf die Beklagte – als zukünftige Gesellschafterin – anwendbar sein könnten (vgl 6 Ob 199/17h mwN [zu § 52 AktG]). Sie erfassen aber nur ohne oder ohne fremdübliche Gegenleistung erbrachte Leistungen aufgrund der (allenfalls zukünftigen) Gesellschafterstellung, nicht aber die hier strittige Rückzahlung eines der Gesellschaft gewährten Kredits. Insofern hatte zwar die ältere Rechtsprechung kapitalerhaltungsrechtliche Regelungen (insb § 74 GmbHG) analog angewendet (RIS‑Justiz RS0060076, RS0060065); diese Rechtsprechung ist allerdings seit Erlassung des EKEG überholt (Schopper/Vogt in KLS, vor § 1 EKEG Rz 4 mwN; 8 Ob 137/09v).

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der Anspruch aber auch nicht auf § 14 EKEG gestützt werden.

2.1. Nach § 1 EKEG ersetzt ein Kredit, den ein von diesem Gesetz erfasster Gesellschafter (§§ 5 ff EKEG) der Gesellschaft in der Krise (§ 2 EKEG) gewährt, Eigenkapital. Wird ein solcher Kredit vor Sanierung der Gesellschaft getilgt, sind die Zahlungen nach § 14 Abs 1 EKEG rückzuführen.

Die Beklagte bestreitet in diesem Zusammenhang nicht, dass

- sich die Schuldnerin bei Gewährung des Kredits in der Krise befand (§ 2 Abs 1 EKEG),

- die Schuldnerin bei der Rückzahlung nicht saniert war (§ 14 Abs 1 EKEG), und

- die Beklagte nach Rückzahlung des Kredits einen Geschäftsanteil von 25 % erworben hatte, sodass sie ab diesem Zeitpunkt (erfasste) Gesellschafterin iSv § 5 Abs 1 Z 2 EKEG war.

Allerdings sei sie bei der Kreditgewährung nicht Gesellschafterin iSv § 5 Abs 1 Z 2 EKEG gewesen, und es liege auch kein ausreichender Grund vor, wegen der später erfolgten Beteiligung die Rückzahlungssperre anzuwenden.

2.2. Lehre und bisherige Rechtsprechung führen in dieser Frage zu keinem eindeutigen Ergebnis:

(a) Sowohl § 1 EKEG als auch die §§ 5 ff EKEG sind in der Gegenwartsform (Präsens) formuliert. Schon aus diesem Wortlaut ist abzuleiten, dass das Gesetz grundsätzlich (nur) auf solche Kreditgeber anzuwenden ist, die im Zeitpunkt der Kreditgewährung Gesellschafter iSd §§ 5 ff EKEG waren (Schopper/Vogt in KLS § 5 EKEG Rz 4; Dellinger in Dellinger/Mohr, Eigenkapitalersatz-Gesetz [2004] § 5 Rz 2; Karollus in Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht, 1. Zusatzband [2009] § 5 EKEG Rz 6). Daraus folgt einerseits, dass sich ein vom EKEG erfasster Gesellschafter der Anwendung des Gesetzes nicht dadurch entziehen kann, dass er nach der Kreditgewährung aus der Gesellschaft ausscheidet oder seinen Anteil unter die Grenze des § 5 Abs 1 Z 2 EKEG reduziert (Schopper/Vogt in KLS, § 5 EKEG Rz 4 mwN). Andererseits wird das EKEG aber auch nicht allein deswegen anwendbar, weil der Kreditgeber nach Kreditgewährung Gesellschafter iSd §§ 5 ff EKEG wird; das „Stehenlassen“ eines Kredits nach Begründung der Gesellschafterstellung ist daher – anders als nach der Rechtsprechung vor dem EKEG (RS0060065 [T1]) – grundsätzlich unschädlich (Dellinger in Dellinger/Mohr, EKEG § 5 Rz 2; Schopper/Vogt in KLS, § 5 EKEG Rz 4).

(b) Im Schrifttum wird allerdings die Auffassung vertreten, dass das EKEG unter gewissen Voraussetzungen auch Kredite von zukünftigen Gesellschaftern erfassen kann. Als Kriterien werden etwa genannt, dass

- Kreditgewährung und Erwerb der Beteiligungsstellung „wirtschaftlich zusammengehören“ (Dellinger in Dellinger/Mohr, EKEG § 5 Rz 2, Schopper/Vogt in KLS § 5 EKEG Rz 4),

- der Erwerb bei Kreditgewährung bereits „geplant“ war (Karollus in Buchegger, Insolvenzrecht, § 5 EKEG Rz 6; Dellinger, Schopper/Vogt),

- die Kreditgewährung „im Hinblick“ auf diesen Erwerb erfolgte, was bei „engem zeitlichen Zusammenhang (etwa bis zu 60 Tage)“ prima facie anzunehmen sei (Dellinger),

- ein „enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang“ zwischen Kreditgewährung und künftigem Anteilsbesitz besteht (Karollus in Dellinger/Keppert, Eigenkapitalersatzrecht [2004] 89).

Es ist offenkundig, dass sich diese Kriterien teilweise überdecken und dennoch einen beträchtlichen Beurteilungsspielraum lassen. Eine vertiefte Begründung findet sich für sie nur insoweit, als teilweise auf § 13 EKEG verwiesen wird (Schopper/Vogt, Dellinger). Nach dieser Bestimmung ersetzen Kredite nicht Eigenkapital, wenn jemand zum Zweck der Überwindung einer Krise eine Beteiligtenstellung erwirbt und im Rahmen eines Sanierungskonzepts zum selben Zweck (auch) Kredit gewährt. In diesem Fall kann es tatsächlich nicht darauf ankommen, ob der Anteilserwerb der Kreditgewährung vorausgeht oder umgekehrt; entscheidend ist der „zeitliche Zusammenhang“ dieser Ereignisse (ErlRV 124 BlgNR 22. GP  19; vgl dazu Dellinger in Dellinger/Mohr, EKEG § 13 Rz 11; Schopper/Vogt in KLS § 13 EKEG Rz 7). Daraus wird (offenkundig) abgeleitet, dass bei Fehlen eines Sanierungskonzepts auch eine mehr oder weniger kurz vor Anteilserwerb erfolgte Kreditgewährung vom EKEG erfasst sein sollte.

(c) In einer Strafsache bejahte der Oberste Gerichtshof die Anwendbarkeit des § 5 EKEG, weil zwar bei Kreditgewährung der Notariatsakt iSd § 76 Abs 2 GmbHG noch nicht vorlag, der Anteilserwerb zu diesem Zeitpunkt aber „nicht nur konkret geplant, sondern sogar schriftlich festgehalten“ war (12 Os 42/19x). Da kein Sanierungskonzept iSv § 13 EKEG vorlag, erfüllte daher die Rückzahlung des Kredits durch den (faktischen) Geschäftsführer an den (nun) Gesellschafter den Tatbestand der betrügerischen Krida iSv § 156 Abs 1 iVm § 161 Abs 1 StGB.

Dieser Entscheidung lässt sich entnehmen, dass § 5 EKEG auch dann anwendbar sein kann, wenn der Kreditgeber bei Kreditgewährung weder Gesellschafter ist noch über eine rechtlich gesicherte Position (insbesondere durch einen formgültigen Anteilskaufvertrag) verfügt; vielmehr genügt eine formlose (und damit nach § 76 Abs 2 GmbHG ungültige), später aber tatsächlich umgesetzte Übereinkunft. Ein solcher Fall lag hier aber nicht vor, da die Beklagte zwar den Erwerb eines Anteils von 25 % anstrebte, die diesbezügliche Einigung aber unstrittig erst nach der Kreditrückführung erfolgte.

2.3. Für die Beurteilung der Frage, ob die Beklagte dennoch der Rückzahlungssperre des § 14 EKEG unterlag, ist auf den Zweck des EKEG abzustellen: Nach den Materialien sollte das Gesetz einen Ausgleich zwischen Gläubigerschutz und Finanzierungsfreiheit schaffen und zudem – gegenüber der früheren Rechtsprechung – für alle Beteiligten Rechtssicherheit gewährleisten (ErlRV 124 BlgNR 22. GP  9 f). Die (erfassten) Gesellschafter sollten die Gesellschaft zwar auch in der Krise mit Krediten finanzieren können; aufgrund ihrer Finanzierungsverantwortung sollte das aber nicht dazu führen, dass das Risiko des Scheiterns auf die Gesellschaftsgläubiger verlagert würde (ErlRV 10; Schopper/Vogt in KLS, vor § 1 EKEG Rz 3; Reich‑Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung [2004] 57; zum Kriterium der Finanzierungsverantwortung in der Rsp vor dem EKEG vgl etwa 8 Ob 557/93; 1 Ob 2044/96m; 8 Ob 254/97d). Wird durch die Kreditgewährung eine an sich erforderliche Kapitalerhöhung ersetzt und so die Gefahr einer Insolvenzverschleppung begründet, soll der Kredit in Eigenkapital umqualifiziert werden (Schopper/Vogt in KLS, vor § 1 EKEG Rz 3; vgl auch das Verständnis von „Finanzierungsverantwortung“ bei Zehetner/Bauer,Eigenkapitalersatzrecht [2004] 4: Zufuhr von Eigenkapital oder Rückzug vom Markt).

2.4. Entscheidend ist daher, ob schon bei Kreditgewährung eine solche „Finanzierungsverantwortung“ der Beklagten bestand. Dafür kämen zwei Gründe in Betracht, von denen aber im konkreten Fall keiner zutrifft:

(a) Zunächst könnte eine Finanzierungsverantwortung der Beklagten – unabhängig von der Beteiligung ihres Alleingesellschafters an der Schuldnerin – (schon) daraus abgeleitet werden, dass sie bei Kreditgewährung einen Geschäftsanteil von 25 % erwerben wollte, den Kredit also wohl im Hinblick auf diesen Anteilserwerb gewährte. Dem steht allerdings entgegen, dass die Beklagte bei Kreditgewährung über keine rechtlich gesicherte Position verfügte und auch faktisch keine Übereinstimmung über ihre zukünftige Gesellschafterstellung bestand. Zwar war ihr Alleingesellschafter zur Abtretung seiner Anteile bereit, für das Erlangen von 25% waren aber auch die Zustimmung der Gründungsgesellschafter und der Erwerb eines weiteren Anteils von 5 % erforderlich. Dies war zwar mit den Gründungsgesellschaftern „so besprochen“; aus den Feststellungen ergibt sich aber eindeutig, dass über die konkrete Durchführung der Anteilsübertragung gerade keine Einigkeit bestand. Zudem steht nicht fest, dass der zweite Minderheitsgesellschafter schon bei Kreditgewährung zur Abtretung bereit war; sein Angebot erfolgte zwar 2015, aber zu einem „nicht näher feststellbaren Zeitpunkt“.

Auf dieser Grundlage ist aber nicht erkennbar, weshalb die Beklagte allein wegen des von ihr bloß angestrebten Anteilserwerbs für die Finanzierung der Schuldnerin verantwortlich gewesen sein sollte. Die Kreditgewährung war vielmehr nur Vorleistung auf eine bloß mögliche Beteiligung, wobei deren (vorläufiges) Scheitern folgerichtig zur (teilweisen) Rückzahlung des Kredits führte. Diese Rückzahlung (und möglicherweise schon die Kreditgewährung) mag für die Gläubiger der Schuldnerin nachteilig gewesen sein; insofern ist der Kläger aber auf die (hier nicht erfüllten) Tatbestände der Insolvenzanfechtung verwiesen. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit kann (insbesondere) das Fristenregime des Anfechtungsrechts nicht dadurch unterlaufen werden, dass das dem EKEG zugrunde liegende Erfordernis der schon bei Kreditgewährung bestehenden, in den §§ 5 ff EKEG vertypten Finanzierungsverantwortung in konturloser Weise aufgeweicht wird.

(b) Anderes hätte sich im konkreten Fall zwar daraus ergeben können, dass der Alleingesellschafter der Beklagten auch Gesellschafter der Schuldnerin war. Damit hätte sich die Rückzahlungssperre unter Umständen aus § 9 EKEG (Kreditgewährung im Konzern) ergeben können. Der Tatbestand dieser Bestimmung ist hier aber nicht erfüllt, weil der Gesellschafter zwar die Kreditgeberin beherrschte (§ 9 Abs 1 Z 1 EKEG), aber nur 20 % an der Schuldnerin hielt und daher nicht auch erfasster Gesellschafter der Kreditnehmerin war (§ 9 Abs 1 Z 2 EKEG). Dieser Umstand schließt auch die Annahme eines Umgehungsgeschäfts aus: Die Rückzahlungssperre wäre auch dann nicht anwendbar gewesen, wenn der Gesellschafter den Kredit selbst gewährt hätte; umso weniger kann sie die Beklagte treffen.

Ein abgestimmtes Verhalten der beiden Minderheitsgesellschafter, das nach § 6 EKEG zu einer Zusammenrechnung ihrer Anteile geführt hätte, lag nicht vor; vielmehr steht fest, dass der andere Minderheitsgesellschafter mit der Kreditgewährung „nichts zu tun“ hatte und es insofern keine Absprachen gegeben hatte. Die den Anspruch möglicherweise tragende Behauptung des Klägers, die Minderheitsgesellschafter hätten sich gemeinsam der Beklagten zur Mittelzufuhr bedient, ist daher nicht erwiesen.

Dass der andere Minderheitsgesellschafter zu einem „nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2015“ zur Abtretung seiner Anteile bereit war, ändert nichts an diesem Ergebnis. Denn damit steht gerade nicht fest, dass es schon bei Kreditgewährung zumindest faktisch eine Einigung über das Erlangen einer Beteiligung von 25 % – sei es durch P*, sei es durch die Beklagte – gegeben hätte. Eine Finanzierungsverantwortung im Sinn des EKEG lag daher keinesfalls vor.

Auf eine Verantwortung aufgrund der Patronatserklärung hat sich der Kläger nicht gestützt; daher kann offen bleiben, ob auf dieser Grundlage Ansprüche bestehen könnten.

2.5. Damit besteht kein Anlass, § 14 EKEG über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch auf die Beklagte anzuwenden. Die vom Kläger genannten Entscheidungen zur Anwendung des Verbots der Einlagenrückgewähr auf ehemalige oder zukünftige Gesellschafter (zuletzt etwa 6 Ob 14/14y, 6 Ob 199/17h, 6 Ob 195/18x) führen zu keiner anderen Beurteilung: Zwar dient auch das EKEG der Kapitalerhaltung, dies allerdings nur dann, wenn Fremdkapital aufgrund der Regelungen dieses Gesetzes im Ergebnis Eigenkapital gleichzuhalten ist. Darin liegt der Unterschied zu nicht fremdüblichen Leistungen an einen ehemaligen (6 Ob 14/14y) oder zukünftigen (6 Ob 199/17h) Gesellschafter. Dort ist aus der fehlenden Fremdüblichkeit abzuleiten, dass die Leistung nur im Hinblick auf die ehemalige oder zukünftige Gesellschafterstellung erfolgte, was dem Gebot der Kapitalerhaltung widerspricht; entscheidend ist – wie auch sonst im Anwendungsbereich der §§ 82 f GmbHG – der nur mit der Gesellschafterstellung begründbare und daher gesetzlich missbilligte Entzug von Eigenkapital. Hingegen knüpft die Anwendung des Eigenkapitalersatzrechts an ein anderes Element an, nämlich an die in den §§ 5 ff EKEG vertypte Finanzierungsverantwortung des Kreditgebers: Nur in diesem Fall wird der faktische Kapitalentzug (durch Kreditrückzahlung) relevant. Die Finanzierungsverantwortung setzt aber schon der Natur der Sache nach im Regelfall die Gesellschafterstellung bei Kreditgewährung voraus. Ob eine solche Verantwortung ausnahmsweise auch ohne aktuelle Gesellschafterstellung bestehen kann, ist allein nach den dem EKEG zugrunde liegenden Wertungen zu beurteilen (oben 2.5.).

3. Aus diesen Gründen hat die Revision der Beklagten Erfolg. Die angefochtene Entscheidung ist dahin abzuändern, dass das Begehren auf Rückgewähr der Kreditrückzahlung abgewiesen wird. Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:

Die Rückzahlungssperre des § 14 EKEG setzt grundsätzlich voraus, dass der Kreditgeber im Zeitpunkt der Kreditgewährung Gesellschafter iSd §§ 5 ff EKEG und damit nach der Wertung des Gesetzes für die Finanzierung der Gesellschaft verantwortlich war. Ausnahmsweise kann es genügen, wenn die Kreditgewährung in unmittelbarem Zusammenhang mit einer – wenn auch noch nicht formgültig – vereinbarten Beteiligung an der Gesellschaft steht. Die Kreditgewährung nur im Hinblick auf einen bloß möglichen Anteilserwerb führt demgegenüber noch nicht zur Anwendung des EKEG.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte