OGH 1Ob2044/96m

OGH1Ob2044/96m28.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eduard H*****, vertreten durch Dr.Gerhard Hackenberger und Dr.Sonja Hackenberger-Krutzler, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei E***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufkündigung (Streitwert S 360.792,- -) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichts vom 10.März 1995, GZ 3 R 302/94-37, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 21.September 1994, GZ 8 C 163/92-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 16.785,-- (darin S 2.797,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei war Miteigentümerin einer Liegenschaft in G*****, womit Wohnungseigentum am Objekt Nr.4 verbunden ist. In diesem Geschäftslokal betrieb sie den Handel mit Elektrogeräten. Im Jahre 1986 erwarb der Kläger einen Geschäftsanteil an der beklagten Partei, der einer Beteiligung von 75 % des Stammkapitals entsprach, und wurde zu deren alleinvertretungsbefugtem Geschäftsführer bestellt. 1988 erwarb er von den übrigen Gesellschaftern, die ihm aber schon bisher in der Geschäftsführung „freie Hand“ gelassen hatten, auch die restlichen Geschäftsanteile; das Unternehmen wurde seither als „Einmanngesellschaft“ geführt. Der von vornherein schlechte Geschäftsgang des Unternehmens verbesserte sich seit der Beteiligung des Klägers nicht. Der Geschäftsbetrieb war nur dadurch aufrecht zu erhalten, daß der Kläger Eigenkapital in Millionenhöhe in die Gesellschaft einbrachte. Aus der vom Steuerberater der beklagten Partei erstellten Bilanz zum 31.12.1987 ergab sich ein Reinverlust von 10,5 Mio S; das Aktivvermögen war lediglich mit 3,3 Mio S zu bewerten. Das vom Kläger in das Unternehmen der beklagten Partei investierte Eigenkapital stammte aus ihm mit Notariatsakt vom 28.12.1987 von seinen Eltern gewährten Darlehen im Gesamtbetrag von 15 Mio S. Mit dem (auf den 21.12.1987 rückdatierten) Kaufvertrag vom 14.9.1988 erwarb der Kläger von der Gesellschaft das zuvor genannte Geschäftslokal in sein Eigentum. Er schloß hierüber am 15.12.1988 mit der beklagten Partei rückwirkend (ab 1.1.1988) einen Mietvertrag auf unbestimmte Dauer; vereinbart wurde ein monatlicher Hauptmietzins von S 35.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten. Die Vermietung erfolgte „ausschließlich zu Geschäftszwecken“ der beklagten Partei und es wurde vereinbart, daß jede Untervermietung und Überlassung des Mietgegenstands an dritte Personen sowie die Einbringung der Mietrechte in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft unzulässig sei. Ende 1988 traten Dr.Reinhard H*****, Dr.Harald H***** und Dr.Klaus R***** (letzterer als Arbeitsgesellschafter) in die Gesellschaft ein. Das Unternehmen der beklagten Partei wurde in der Folge als Gesellschaft mbH und atypische stille Gesellschaft geführt; atypische stille Gesellschafter waren der Kläger zu 45 %, Dr.Reinhard und Dr.Harald H***** zu je 22,5 % und Dr.Klaus R***** zu 10 %. Der Kläger erbrachte seine Einlage als atypischer stiller Gesellschafter dadurch, daß seine Forderungen gegen die beklagte Partei von 5,5 Mio S in Eigenkapital umgewandelt und im darüber hinausgehenden Betrag (11,5 Mio S) nachgelassen und damit ausgebucht wurden. Dr.Reinhard und Dr.Harald H***** brachten an Barkapital 5,5 Mio S ein. Bei Abschluß dieses Gesellschaftsvertrags war allen Gesellschaftern bekannt, daß der Kläger aufgrund eines rückdatierten Kaufvertrags Eigentümer des Geschäftslokals war und der Mietvertrag zwischen dem Kläger als Vermieter und der beklagten Partei als Mieterin gleichfalls rückdatiert worden war. Diese Umstände wurden von Dr.Reinhard und Dr.Harald H***** sowie Dr.Klaus R***** „in Kauf genommen“. Lediglich die ursprünglich mit monatlich S 35.000,-- festgelegte Miete wurde ab 1.1.1989 einvernehmlich auf monatlich S 25.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten reduziert. Als die beklagte Partei im Dezember 1989 abermals in Liquiditätsschwierigkeiten geriet, wurde ein Gesellschafterbeschluß dahin gefaßt, daß der Geschäftsbetrieb durch Zuschüsse von je 1 Mio S durch die Brüder Dr.H***** einerseits und den Kläger andererseits aufrecht erhalten werden sollte. Der Kläger nahm diese auf ihn entfallende Einzahlung nicht vor. Am 10.1.1990 wurde er als Geschäftsführer abberufen und durch Dr.Reinhard H***** ersetzt. Dieser übernahm es, die Gesellschaft „in Ruhe zu Ende zu bringen“. Der Kläger sprach sich gegen eine Liquidation der beklagten Partei aus, woraufhin im Laufe des Jahres 1990 der Entschluß gefaßt wurde, den Standort A***** zu schließen. Bereits zuvor waren mit Ausnahme des Standorts „I*****“ alle weiteren Standorte der beklagten Partei eingestellt und aufgegeben worden. Der Standort I***** wurde schließlich ebenfalls im Laufe des Jahres 1990 aufgelöst. Von Mitte bis Ende 1990 wurden im Standort A***** die Waren abverkauft; seither wird im Bestandobjekt keinerlei Geschäftsbetrieb mehr entfaltet. Längstens zum Ende 1990 wurden die atypischen stillen Beteiligungen aufgelöst, die Gesellschafter und deren Beteiligungsverhältnisse erfuhren aber keine Veränderung. In der Folge bemühte sich die Geschäftsführung der beklagten Partei, das Bestandobjekt zu verwerten. An diesen Bemühungen wirkte der Kläger nicht mit, weil er sich gegen eine Verwertung des Standorts A***** ausgesprochen hatte. Die Bemühungen der beklagten Partei blieben ergebnislos. Es gab nur zwei konkrete Verhandlungspartner. Über das Vermögen des einen wurde am 3.6.1991 der Konkurs eröffnet. Zu einem Abschluß mit dem anderen kam es nicht, weil dieser mittlerweile in der A***** ein anderes Lokal in Bestand genommen hatte. Am 9.8.1991 kündigte der Kläger der beklagten Partei das Geschäftslokal, gestützt auf die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 1 und 7 MRG, erstmals auf. In diesem Rechtsstreit trat am 9.3.1992 Ruhen des Verfahrens ein. Die beklagte Partei stellte ihre Bemühungen zur Verwertung des Standorts A***** nach Einbringung der ersten Aufkündigung mit der Begründung ein, daß wegen des anhängigen Kündigungsverfahrens Verwertungsgespräche behindert würden.

Am 12.3.1992 kündigte der Kläger der beklagten Partei das Bestandverhältnis neuerlich auf, wobei er zuletzt nur den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 7 MRG geltend machte. Die beklagte Partei habe jegliche geschäftliche Tätigkeit eingestellt, eine Fortführung des Unternehmens sei nicht nur in naher Zukunft, sondern überhaupt nicht mehr zu erwarten.

Die beklagte Partei wendete ein, die Aufkündigung widerspreche den Grundsätzen von Treu und Glauben; das Vorgehen des Klägers sei sittenwidrig. Der Kläger habe das Geschäftslokal im Rahmen eines Insichgeschäfts, das ein Scheingeschäft dargestellt habe, von der beklagten Partei erworben, ohne die Kaufpreisverbindlichkeit zu erfüllen. Der Kaufvertrag sei von den Gesellschaftern nur unter Vorbehalt der wirtschaftlichen Zulässigkeit und Ausschluß der Gefährdung von Gläubigeransprüchen akzeptiert worden. Der Kaufpreis sei unzulässigerweise in Form eines Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehens bezahlt worden. Mit der Aufkündigung verletze der Kläger die ihm obliegende Treuepflicht als Gesellschafter. Er selbst habe durch schlechte Geschäftsführung den wirtschaftlichen Untergang des Unternehmens herbeigeführt und die Verwertung des verbliebenen Teilbetriebs in der A***** nachhaltig gestört. Ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Aufkündigung sei zu verneinen. Im übrigen sei der Betrieb der beklagten Partei nur vorläufig aufgrund von Liquidationsengpässen eingestellt worden; es sei in naher Zukunft mit einer Weiterführung des Geschäfts konkret zu rechnen. Dem Kläger stehe ein Kündigungsrecht nicht zu, weil er um die krisenhafte Situation der beklagten Partei gewußt, den Mietzins gestundet und sohin faktisch ein Gebrauchsrecht eingeräumt habe, um die liquidationsreife Gesellschaft fortführen zu können. Zwischen den Gesellschaftern sei überdies vereinbart worden, den Standort A***** zu veräußern, sodaß die Aufkündigung vereinbarungswidrig erfolgt sei. Letztlich wendete die beklagte Partei hilfsweise Verschweigung des Kündigungsgrunds ein, weil ihr Geschäftsbetrieb bereits Mitte 1990 eingestellt worden sei und der Kläger mehr als 1 3/4 Jahre auf diesen Umstand nicht - mittels Kündigung - reagiert habe.

Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für wirksam und gab dem Räumungsbegehren statt. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung im März 1992 und auch bis zum Schluß der Verhandlung sei im Bestandobjekt keine geschäftliche Tätigkeit entfaltet worden. Die beklagte Partei habe nicht nachgewiesen, daß die Wiederaufnahme einer regelmäßigen geschäftlichen Tätigkeit durch sie oder einen Rechtsnachfolger konkret zu erwarten sei. Demnach liege der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 7 MRG grundsätzlich vor. Die beklagte Partei erhebe unzulässigerweise den Einwand, der Kläger habe durch die gerichtliche Aufkündigung Vertragsgespräche behindert und Interessenten von einem Vertragsabschluß, die beklagte Partei sohin von einer Verwertung des Bestandobjekts, abgehalten; dies erhelle insbesondere daraus, wenn man bedenke, daß die beklagte Partei andererseits Verschweigung des Kündigungsgrunds geltend mache. Sie könne dem Kläger nicht einerseits vorwerfen, die Aufkündigung nicht fristgerecht eingebracht zu haben, und andererseits geltend machen, durch die Einbringung der Aufkündigung seien Vertragsgespräche behindert worden. Ein stillschweigender Verzicht auf den geltend gemachten Kündigungsgrund liege nicht vor, weil der Kläger nach Einstellung des Geschäftsbetriebs Ende 1990 offensichtlich Verwertungsverhandlungen abgewartet und die Aufkündigung durchaus fristgerecht im August 1991 eingebracht habe. Ihren Einwand, der Kläger habe durch die Aufkündigung seine Treuepflicht als Gesellschafter verletzt, habe die beklagte Partei nicht ausreichend präzisiert, andererseits stünden ihr bei Verletzung von gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen seitens des Klägers nur Schadenersatzansprüche zu. Als Eigentümer des Bestandobjekts sei der Kläger zur Aufkündigung berechtigt. Der beklagten Partei sei genügend Zeit zur Verfügung gestanden, um das Bestandobjekt zu veräußern bzw zu verwerten, sodaß ihr Einwand, der Kläger habe einer Veräußerung des Objekts zugestimmt, ins Leere gehe. Der Behauptung eines unzulässiges Insichgeschäfts sei zu erwidern, daß die beklagte Partei auf Schadenersatzansprüche gegen ihren ehemaligen Geschäftsführer verwiesen sei. Wenngleich der Kaufvertrag vordatiert und tatsächlich erst am 14.9.1988 errichtet worden sei, könne die beklagte Partei nicht einwenden, daß der Kaufpreis nicht bezahlt bzw daß eine nachträgliche unzulässige Verrechnung mit einem Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehen vorgenommen worden sei oder eine Eigenkapital ersetzende Gebrauchsüberlassung stattgefunden habe, weil all diese Umstände den in die Gesellschaft eingetretenen neuen Gesellschaftern bekannt gewesen seien und sie all dies in Kauf genommen hätten. Eine Aufhebung des Kaufvertrags ex tunc käme nicht in Betracht.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Tatsächlich liege kein „Liquidationsfall“ vor, vielmehr seien die Waren bis Ende 1990 abverkauft und sei seither im Bestandobjekt keinerlei Geschäftsbetrieb entfaltet worden. Die Verwertungsbemühungen (Verkauf des Unternehmens) seien nach der ersten Aufkündigung eingestellt worden. Zumal die Bemühungen der beklagten Partei ergebnislos geblieben seien, könne keine Rede davon sein, daß der Kläger durch seine Aufkündigungen Bemühungen über die Verwertung des Geschäftsstandorts zunichte gemacht habe. Vielmehr sei der beklagten Partei der ihr obliegende Nachweis, eine vertragsgemäße Verwendung sei in naher Zukunft mit Sicherheit zu erwarten, nicht gelungen. Es käme auch nicht darauf an, ob der Kläger ursprünglich einer Verwertung des Standorts zugestimmt habe, zumal sich diese als nicht durchführbar erwiesen habe. Der Kläger sei als Eigentümer des Bestandgegenstands zur Aufkündigung jedenfalls legitimiert, ohne daß auf die Frage der Gültigkeit des Kaufvertrags eingegangen werden müsse. Selbst wenn die Überlassung des Geschäftslokals zum Gebrauch analog einem Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehen zu behandeln wäre, könnte dies nicht dazu führen, daß einer notleidenden Gesellschaft die Benützung des Geschäftslokals auch dann noch ermöglicht werden müsse, wenn in diesem überhaupt keine geschäftliche Tätigkeit mehr ausgeübt werde. Mit der Aufkündigung habe der Kläger weder gegen Treu und Glauben verstoßen, noch habe er unzulässigerweise die Gebrauchsüberlassung aufgehoben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

Daß der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 7 MRG vorliegt, weil die vom Kläger der beklagten Partei überlassenen Geschäftsräumlichkeiten nach den vorinstanzlichen Feststellungen zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen Betätigung nicht (mehr) regelmäßig verwendet werden, stellt auch die beklagte Partei nicht in Abrede. In der Tat war der Abverkauf im aufgekündigten Geschäftslokal spätestens Ende 1990 abgeschlossen; seither wird an keinem der (früheren) Standorte der beklagten Partei irgendeine geschäftliche Tätigkeit entfaltet. Auch von einer bloß vorübergehenden Stillegung des Geschäftsbetriebs kann keine Rede sein, hat doch die damit belastete beklagte Partei den Beweis, daß - ausgehend von der Sachlage im Zeitpunkt der Zustellung der Kündigung oder doch wenigstens bei Schluß der Verhandlung erster Instanz - mit der Wiederaufnahme einer solchen geschäftlichen Tätigkeit in absehbarer Zeit konkret zu rechnen gewesen sei (MietSlg 45.423; WoBl 1993, 32 ua; zuletzt wieder 4 Ob 520/95; Würth in Rummel, ABGB2 § 30 MRG Rz 34), nicht angetreten.

Die von der beklagten Partei ohnedies bloß hilfsweise ins Treffen geführte „Verschweigung“ des Kündigungsgrunds durch den Kläger ist zu verneinen. Die Unterlassung einer Aufkündigung trotz des gegebenen Kündigungsgrunds ist nur dann als schlüssiger Verzicht auf dessen Geltendmachung im Sinne des § 863 ABGB zu deuten, wenn solche Umstände vorliegen, die keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übriglassen, daß der Vermieter den ihm geläufigen Sachverhalt nicht mehr als Kündigungsgrund geltend machen will. Nach dem Ende 1990 abgeschlossenen Abverkauf waren die Beteiligten bemüht, das Geschäftslokal zu verwerten. Soweit der Kläger das Mietverhältnis erstmals am 9.8.1991 - also erst nach dem Scheitern dieser Bemühungen - aufkündigte, kann darin schon deshalb ein stillschweigender Verzicht auf das Kündigungsrecht nicht erblickt werden, zumal bei der Beurteilung der Frage, ob auf ein Recht schlüssig verzichtet wurde, umsomehr dann, wenn aus der unterlassenen Geltendmachung von Dauertatbeständen durch längere Zeit auf einen stillschweigenden Kündigungsverzicht geschlossen werden soll, besondere Vorsicht geboten ist (4 Ob 520/95 mwN).

Der - im Revisionsverfahren ohnehin nicht mehr wiederholten - Einwendung, die Aufkündigung laufe der zwischen den Gesellschaftern getroffenen Vereinbarung, daß der „Standort“ veräußert werden sollte, zuwider, ist entgegenzuhalten, daß jedenfalls eine solche auch vom Willen des Klägers getragene Abmachung nicht feststeht, hat sich der Kläger doch ausdrücklich gegen eine solche Verwertung ausgesprochen.

Fraglos hat der Kläger den Miteigentumsanteil, mit dem das Wohnungseigentum am Geschäftslokal untrennbar verbunden ist, im Wege eines Insichgeschäfts erworben, hat er doch beim Kaufvertrag vom 14.9.1988 namens der von ihm geleiteten beklagten Gesellschaft mit sich selbst kontrahiert. Die Frage, ob bzw unter welchen Voraussetzungen Insichgeschäfte des einzigen Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (in der Folge kurz GmbH) in deren Namen mit sich selbst zulässig und wirksam sind, war - bis zur Anfügung der Absätze 5 und 6 an § 18 GmbHG durch das mit 1.Juli 1996 in Kraft getretene EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz (BGBl 1996/304) namentlich bei der Einmanngesellschaft (deren einziger Gesellschafter auch deren einziger Geschäftsführer ist) - äußerst umstritten:

Im Schrifttum wendeten sich vor allem Reich-Rohrwig (GmbH-Recht1, 118 ff), Wünsch (FS Hämmerle, 466, 472, 474) und Jabornegg (in WBl 1989, 48) gegen die Wirksamkeit von Insichgeschäften des Geschäftsführers von Einmanngesellschaften, weil sich die Interessen des Einmann-Gesellschafters keineswegs mit jenen der GmbH decken müßten, sodaß solche Geschäfte grundsätzlich unzulässig und bis zur nachträglichen Genehmigung schwebend unwirksam seien; ihre Wirksamkeit hänge von der Zustimmung durch den Aufsichtsrat bzw der anderen Geschäftsführer und in deren Ermangelung von der Zustimmung durch einen Kollisionskurator bzw Notgeschäftsführer gemäß § 15a GmbHG ab. Dementgegen wurde im überwiegenden Teil des Schrifttums (Doralt in Kastner/Stoll, GmbH & Co KG, 291 f; derselbe in Kastner/Doralt/Nowotny, Gesellschaftsrecht5, 390 f; Koppensteiner, GmbH-Komm § 20 Rz 24; Nowotny in RdW 1987, 35 f; Thöni in WBl 1988, 102, 105 ff; Harrer in RdW 1991, 167, 172 f; vgl auch Torggler in GesRZ 1974, 46) ein eigener Interessenbereich der Gesellschaft dem einzigen Gesellschafter gegenüber verneint; aus der dem Gläubigerschutz gewidmeten Vorschrift des § 25 Abs 5 GmbHG lasse sich nicht das Gegenteil ableiten: Da die Regeln des Insichgeschäfts unbestrittenermaßen dem Schutz des Vertretenen dienten, seien sie nicht anwendbar, wenn dieser keine Interessen habe, die sich von jenen des Vertreters unterschieden. Den Interessen der Gläubiger werde ausreichend dadurch, daß Insichgeschäfte sorgfältig zu dokumentieren seien, sodaß sie nicht wieder unbemerkt rückgängig gemacht werden könnten, durch das Verbot der verdeckten Gewinnausschüttung sowie nicht zuletzt durch das Anfechtungsrecht Rechnung getragen.

Die Rechtsprechung ist dem Insichgeschäft, das im österreichischen Recht im Gegensatz zum deutschen Recht (§ 181 BGB; vgl nun auch § 35 Abs 4 dGmbHG) keine allgemeine Regelung erfahren hat, gerade auch im Gesellschaftsrecht seit jeher reserviert gegenübergestanden: Schon in SZ 15/100 (ebenso in EvBl 1972/88 und RdW 1986, 39; ähnlich in HS 8486/11 und JBl 1984, 315) hat der Oberste Gerichtshof das Selbstkontrahieren nur dann als zulässig erachtet, wenn die Interessen des Vertretenen dadurch gar nicht gefährdet werden können und der Abschlußwille des Selbstkontrahenten der von ihm vertretenen Person gegenüber in einer Form geäußert wurde, die eine unkontrollierbare Zurücknahme der Erklärung ausschließt. In SZ 26/58 forderte das Höchstgericht die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter, wie immer deren Beschluß auch zustandekomme. Nach den Ausführungen in EvBl 1983/39 (= HS 12.378) muß das Insichgeschäft vom gefährdeten Machtgeber entweder durch eine vorher erteilte Einwilligung oder eine nachträgliche Genehmigung gedeckt sein. Demnach müßten die übrigen Geschäftsführer, sei aber nur ein Geschäftsführer bestellt, müsse der Aufsichtsrat und - in dessen Ermangelung - müßten alle Gesellschafter die Genehmigung erteilen. Bei der Einmanngesellschaft bedürfe es eines Kollisionskurators. Ohne Zustimmung sei ein Insichgeschäft nur dann zulässig, wenn die Gefahr einer Interessenkollision dadurch nicht einmal zu befürchten sei. Die Entscheidung EvBl 1986/86 = GesRZ 1986, 97, welche die der vorher zitierten Entscheidung zugrundeliegende Auffassung teilt, schränkt die Wirksamkeit des Insichgeschäfts des Einmann-Gesellschafters-Geschäftsführers darauf ein, daß entweder ein Widerstreitsachwalter zustimmt oder die Gefahr einer Interessenkollision ausgeschlossen ist. In der Entscheidung RdW 1986, 39, die diese Rechtsprechung fortschreibt, prüfte der Oberste Gerichtshof die Frage, ob das „zunächst jedenfalls unwirksame Insichgeschäft“ des Einmann-Gesellschafters-Geschäftsführers durch die Gesellschaft nachträglich genehmigt wurde, und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem die Zustimmung zu diesem Geschäft nicht wieder nur durch den Selbstkontrahenten, sondern durch die neuen Gesellschafter erteilt werden konnte. Eine solche Erklärung könne - so daß Höchstgericht unter Berufung auf Stanzl in Klang 2 , IV/1, 852 f - auch konkludent erteilt werden, was dann anzunehmen sei, wenn dem Verhalten der „später in die Gesellschaft eingetretenen Gesellschafter“ (in casu: der Genehmigung der Bilanzen) schlechterdings keine andere Bedeutung beigemessen werden könne. Schließlich läßt die Entscheidung GesRZ 1992, 51 die nachträgliche (stillschweigende) Genehmigung eines Insichgeschäfts durch die übrigen Geschäftsführer genügen; die Genehmigung durch alle Gesellschafter sei dagegen nicht notwendig.

Zu den hier zur Beurteilung anstehenden Fragen, die nun - für die Einmanngesellschaft (vgl JAB, 133 BlgNR 20.GP, 4) - durch das EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz, das allerdings (zufolge dessen Art XVII Abs 1) auf den hier maßgeblichen Sachverhalt noch nicht anzuwenden ist, eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erfahren haben, muß aus nachstehenden Erwägungen nicht abschließend Stellung genommen werden:

Daß der Kläger beim Abschluß des Kaufvertrags am 14.9.1988, der durch Selbstkontrahieren zustandekam, unredlich vorgegangen wäre (vgl dazu JBl 1984, 315), etwa weil er den Miteigentumsanteil um einen für ihn besonders günstigen Preis erworben hätte, hat die beklagte Partei nicht einmal behauptet. Es kann auch ungeprüft bleiben, ob der Kläger bei Abschluß des Kaufvertrags überhaupt der einzige Gesellschafter der beklagten Partei war: Nach den insoweit unpräzisen erstinstanzlichen Feststellungen erwarb er die restlichen Geschäftsanteile (entsprechend 25 % des Stammkapitals) „im Laufe des Jahres 1988“ (Ersturteil, S. 13); nach dem im angeschlossenen Akt (über das Verfahren 17 Cg 101/93 des LGZRS Graz, in dem die beklagte Partei den Kläger auf Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrags in Anspruch nimmt) in Ablichtung erliegenden Notariatsakt über die Abtretung der Geschäftsanteile der beiden Mitgesellschafter an den Kläger (Beilage D, deren Echtheit dort unbestritten blieb) hat er die Geschäftsanteile erst am 13.10.1988, demnach erst etwa einen Monat nach dem Abschluß des Kaufvertrags erworben, sodaß er damals noch nicht Einmann-Gesellschafter-Geschäftsführer gewesen sein dürfte. Wie aber weiters festgestellt wurde, hatten nicht nur die beiden Mitgesellschafter dem Kläger bei der Geschäftsführung „freie Hand“ gelassen (Ersturteil, S.17), sondern war den drei erst später eingetretenen Gesellschaftern beim Erwerb ihrer Geschäftsanteile bekannt, daß der Kläger das Geschäftslokal von der beklagten Gesellschaft erworben und ihr danach vermietet hatte. Sie nahmen „dies in Kauf“ und verlangten lediglich eine Verringerung des vereinbarten Mietzinses (Ersturteil, S. 20). Es kann dann aber nicht zweifelhaft sein, daß sie nach dem Erwerb ihrer Geschäftsanteile, also schon als Gesellschafter der beklagten Partei, damit sowohl den Kauf- wie auch den Mietvertrag genehmigten (RdW 1986, 39; vgl auch SZ 26/58), sodaß er spätestens damit wirksam wurde; das Geschäft ist auch durch die notarielle Kaufvertragsurkunde ordnungsgemäß dokumentiert (vgl nun § 18 Abs 5 GmbHG) und es liegt auch ein einwandfreier sachenrechtlicher Modus vor: An der Legitimation des Klägers zur Aufkündigung ist deshalb nicht zu zweifeln.

In der Aufkündigung kann auch ein Verstoß gegen Treu und Glauben oder gar gegen die guten Sitten nicht erkannt werden. Nach den - insoweit selbst mit dem Vorbringen der beklagten Partei in Einklang stehenden - Feststellungen der Vorinstanzen sollte der nach Abberufung des Klägers am 10.1.1990 neu bestellte Geschäftsführer die Gesellschaft „in Ruhe zu Ende bringen“, also „still“ liquidieren. Noch im Laufe des Jahres 1990 entschlossen sich die Gesellschaftsorgane, die vorhandenen Waren abzuverkaufen und den einzigen noch bestehenden Standort der Gesellschaft (im umstrittenen Geschäftslokal) zu schließen. Soweit der Kläger das Bestandverhältnis schließlich am 9.8.1991, nachdem alle Verwertungsbemühungen der Gesellschaftsorgane gescheitert waren, aufkündigte, kann darin auch kein Verstoß gegen gesellschaftsrechtliche Treuepflichten erkannt werden, konnte es ihm doch nicht zugemutet werden, der Gesellschaft trotz der Stillegung ihres Unternehmens die Geschäftsräumlichkeiten auf unabsehbare Zeit zur Verfügung zu stellen.

Der Kläger ist aber auch nicht verpflichtet, der beklagten Partei das von ihm mietweise überlassene Geschäftslokal über den Kündigungstermin hinaus zur - unentgeltlichen - Nutzung zu überlassen:

Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits in zahlreichen Entscheidungen (SZ 64/53; SZ 64/160; ecolex 1994, 818; WBl 1993, 124; WBl 1994, 205; RdW 1996, 13) für die Übernahme der im deutschen Rechtsbereich entwickelten Grundsätze über die Behandlung von eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen in das österreichische Recht auf der Basis einer Analogie zu § 74 Abs 1 GmbHG ausgesprochen. Gewährt der Gesellschafter der nicht mehr kreditwürdigen GmbH, die ohne die Zuführung von Eigenkapital oder Gesellschafterdarlehen liquidiert werden müßte, ein Darlehen, sodaß also vom Finanzierungsinstrument der Nachschüsse kein Gebrauch gemacht wird, dürfen diese Mittel bis zur nachhaltigen Sanierung der Gesellschaft weder unmittelbar noch mittelbar zurückgezahlt werden (RdW 1996, 13 uva). Diese auf die einhellige deutsche Lehre und Rechtsprechung zurückgehende (vgl nur Karsten Schmidt in GesRZ 1983, 8 ff, 86 ff) Rechtsansicht wird auch im österreichischen Schrifttum vertreten (Reich-Rohrwig aaO 563 ff; Ostheim in GesRZ 1989, 122; derselbe in WBl 1991, 400; derselbe in JBl 1992, 448; derselbe in FS Kastner [1992], 347; Harrer, Haftungsprobleme bei der GmbH [1990], 182 ff; P.Bydlinski in JAP 1991/92, 246; Koppensteiner aaO, § 74 Rz 10 ff; Krejci in ecolex 1993, 308; König in ÖJZ 1993, 266, 270; Thiery in FS Frotz [1993], 841; Schummer in ÖJZ 1996, 241).

Dem Einwand der beklagten Partei, der vom Kläger entrichtete Kaufpreis von 3,5 Mio S, der am 18. bzw 21.1.1981 auf ein Interimskonto der beklagten Partei gebucht wurde, sei als ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen zu beurteilen, ist demnach vorweg entgegenzuhalten, daß die beklagte Partei für den Fall der Richtigkeit ihres Vorbringens lediglich berechtigt sein könnte, den (noch nicht entrichteten) Kaufpreis vom Kläger einzufordern. Der gebuchte Geldbetrag hätte dann bis zur nachhaltigen Sanierung der Gesellschaft jedenfalls weder mittelbar noch unmittelbar an den Kläger zurückgezahlt werden dürfen, weil er damit als Gesellschafter der damals nicht mehr kreditwürdigen Gesellschaft, die ohne Zuführung von Eigenkapital oder Gesellschafterdarlehen hätte liquidiert werden müssen, ein Darlehen gewährt hätte (RdW 1996, 13; SZ 64/53; SZ 64/160 ua). Sollte der Kaufpreis noch nicht entrichtet sein, wäre damit aber die Wirksamkeit des zwischen den Streitteilen geschlossenen, von den übrigen Gesellschaftern genehmigten, bücherlich durchgeführten Kaufvertrags, in dem lediglich bestätigt wurde, der Kaufpreis sei bereits vor dem 21.1.1988 vollständig bezahlt worden, nicht in Frage gestellt.

In der - deutschen wie österreichischen - Literatur umstritten ist die Frage, ob die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung von Sachen des Gesellschafters auf Grund eines Miet-, Pacht- oder eines anderen Gebrauchsüberlassungsvertrags dem Sonderrecht für eigenkapitalersetzende Gesellschaftsdarlehen unterliegt und welche Rechtsfolgen sich damit verbinden; es zeichnet sich aber in Deutschland ein ganz überwiegender Konsens dahin ab, daß die Regeln über kapitalersetzende Darlehen auch auf die kapitalersetzende Gebrauchsüberlassung zu übertragen seien (Ulmer in Hachenburg, GmbHG8 Rz 98).

Der deutsche Bundesgerichtshof hat die Umqualifizierung der Überlassung von Wirtschaftsgütern zur eigenkapitalersetzenden (bzw -ergänzenden) Gebrauchs- und Nutzungsüberlassung in mehreren Entscheidungen (BGHZ 109, 55 = NJW 1990, 292; NJW 1990, 516; BGHZ 121, 31 = NJW 1993, 392; BGHZ 127, 1 = NJW 1994, 2349; BGHZ 127, 17 = NJW 1994, 2760 ua) bejaht. Er begründet diese Auffassung im wesentlichen damit, daß durch die Überlassung von Wirtschaftsgütern zum Gebrauch oder zur Nutzung ebenso wie durch eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen bei Außenstehenden der Eindruck einer mit genügend Kapital ausgestatteten und deshalb wirtschaftlich lebensfähigen Gesellschaft hervorgerufen werde und daß durch die Verlängerung des „Todeskampfs“ der Gesellschaft zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger eine Abwälzung des Finanzierungsrisikos auf Drittgläubiger erfolge. Eine solche Gebrauchsüberlassung beseitige zwar nicht die einmal eingetretene Zahlungsunfähigkeit, ermögliche indessen der GmbH den Fortbestand in einer Zeit, in der ihr ein Außenstehender weder die Nutzung des Wirtschaftsguts noch einen Kredit zu dessen Ankauf zur Verfügung stellte. Dadurch verhindere der Gesellschafter die andernfalls unabwendbare Liquidation der Gesellschaft ebenso wirkungsvoll, wie wenn er sie durch darlehensweise Überlassung von Geldmitteln in die Lage versetzt hätte, die notwendigen Investitionen durchzuführen.

Die der Judikatur des Bundesgerichtshofs zugrundeliegende Rechtsauffassung ist mittlerweile auch im deutschen Schrifttum herrschende Ansicht geworden (vgl Koppensteiner aaO § 74 Rz 16 mwN). Unter den Gegenstimmen ist Karsten Schmidt (in Scholz, GmbH8 §§ 32a, b Rz 111 ff mwN; derselbe in GesRZ 1993, 87 f) hervorzuheben: Er leugnet zwar keineswegs, daß unzureichend finanzierte GmbH bzw GmbH & Co KG nicht durch Kredite, sondern auch durch die Überlassung notwendigen Anlagevermögens „über Wasser gehalten“ werden könnten. Die Rechtsprechung zur eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung sei dennoch schon im Ansatz verfehlt, weil eine Gebrauchsüberlassung selbst im spezifischen Sinn des § 32a dGmbHG Eigenkapital nicht ersetzen könne, werde dadurch doch kein Sacheigentum in das Gesellschaftsvermögen überführt, nehme der leistende Gesellschafter kein Substanzwertrisiko auf sich, und bilde die Gebrauchsüberlassung weder Fremd- noch Eigenkapital, sodaß sie auch in der Bilanz nicht unter den Passiven eingestellt werde. Überlasse der Gesellschafter der Gesellschaft, statt Eigenkapital zuzuführen, nur Grundstücke zur Nutzung, so möge dies zwar eine Finanzierungsmaßnahme sein, es würden der Gesellschaft jedoch damit keine Kreditmittel zugeführt, sondern es liege dann das Problem der materiellen Unterkapitalisierung, also der gläubigerschädigenden „Nichtkapitalisierung“ vor.

Im österreichischen Schrifttum wendet sich vor allem Harrer (in GesRZ 1993, 121 ff) gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Er vertritt die Auffassung, die für das eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen typische Konstellation sei die Kreditgewährung in der Krise. Der Gesellschafter stelle Kapital zur Verfügung und ermögliche dadurch den Fortbestand der (andernfalls liquidationsreifen) Gesellschaft. Einen vergleichbaren Tatbestand werde man bei der Gebrauchsüberlassung vergeblich suchen. Die Überlassung einer Sache zur Nutzung sei - anders als die Überlassung eines Darlehens - kein Instrument zur Bewältigung einer Unternehmenskrise. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Gebrauchsüberlassung und Unternehmensfortführung bestünde nur dann, wenn der vermietende oder verpachtende Gesellschafter der Gesellschaft das Entgelt für die Dauer der Krise stunde. Diese Fälle seien aber mit den Regeln über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen zu bewältigen. Die Gebrauchsüberlassung erfolge typischerweise weder in der Krise noch zur Überwindung der Krise, sondern vor der Krise.

Dem hat sich Markus Heidinger (in FS Heidinger [1995], Betriebsaufspaltung und Eigenkapitalersatz durch Gebrauchs- und Nutzungsüberlassung, 235 ff) angeschlossen.

Der von den Gegenstimmen vertretenen Auffassung tritt - unter zahlreichen anderen Autoren - Ulmer (aaO § 32a, b Rz 98 ff), der auch die Beurteilung der im Zustand der Kreditunwürdigkeit der GmbH gewährten oder stehen gelassenen Kredite als eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen literarisch aufbereitet hat (vgl dazu Karsten Schmidt in GesRZ 1993, 12 mwN), entgegen: Auch die Überlassung von Sachen zum Gebrauch oder zur Nutzung komme als Instrument zur Bewältigung einer Unternehmenskrise in Betracht (so im übrigen auch Schmidt aaO 87 f). Die Gleichstellung der Gebrauchs- bzw Nutzungsüberlassung mit der Darlehensgewährung in wirtschaftlicher Hinsicht erscheine deshalb auch durchaus gerechtfertigt, setze der Gesellschafter doch auch bei jener eigene finanzielle Mittel zugunsten der Gesellschaft ein, um deren Liquiditätsbedarf zu verringern und ihr dadurch den Fortbestand in der Krise zu ermöglichen. Demgemäß müsse er sich dann aber auch so behandeln lassen, wie wenn er der Gesellschaft ein Darlehen gewährt hätte. Daß die Gebrauchsüberlassung wirtschaftlich der Gewährung oder Belassung eines Darlehens entspreche, mache die Beurteilung aus teleologischer Sicht deutlich. Der Zweck des § 32a dGmbHG gehe nämlich dahin, die Gesellschafter in der Krise der GmbH mit Rücksicht auf ihre Finanzierungsverantwortung zur Entscheidung darüber zu zwingen, ob sie die Gesellschaft unter Verzicht auf weitere wirtschaftliche Unterstützung liquidieren oder aber in Kauf nehmen, ihr die zur Fortführung des Unternehmens benötigten Mittel bis zur Überwindung der Krise als Eigenkapital zu belassen. Er greife auch dann ein, wenn die Verschleppung der Krise von den Gesellschaftern statt durch finanzielle Mittel durch andere Vermögenswerte ermöglicht werde, und führe zur Umqualifizierung des schuldrechtlichen Geschäfts der Gebrauchsüberlassung zu Eigenkapitalersatz mit den sich daran anknüpfenden, aus dem Recht der Kapitalerhaltung abgeleiteten Folgen. Auf die von Karsten Schmidt zu zentralen Einwänden gegen die eigenkapitalersetzende Gebrauchsüberlassung erhobenen Fragen, ob die Verschleppung der Krise auf der Zuführung liquider Mittel beruhe, ob sich die Gebrauchsüberlassung in der GmbH-Bilanz als Passivposten niederschlage und ob der Gesellschafter damit ein Substanzverlustrisiko eingehe, das heißt im Konkurs kein Aussonderungsrecht habe, komme es für die Anwendbarkeit des Sonderrechts für eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen tatsächlich nicht entscheidend an.

Unter den österreichischen Autoren hat - soweit überblickbar - wohl Ostheim (GesRZ 1989, 183 f) erstmals zur hier erörterten Frage Stellung genommen. Halte man - wofür gute Gründe sprächen - die Gebrauchsüberlassung einer Gleichbehandlung mit eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen für zugänglich, so werde man in Österreich beachten müssen, daß mangels einer dem § 32a dGmbHG entsprechenden Norm, die von vornherein das gesamte eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen erfasse, Gebrauchsüberlassungen nur dann eigenkapitalersetzend sein könnten, wenn angesichts des Wertes des überlassenen Gegenstands eine Unterbilanz oder eine Überschuldung der Gesellschaft entstünde, müßte er aus Eigenmitteln der Gesellschaft angeschafft werden. Nur in diesem Umfang sei eine Analogie zu § 74 GmbHG gerechtfertigt.

P.Bydlinski (in JAP 1991/92, 246, 248) weist nur darauf hin, „in der deutschen Diskussion“ würden auch Nutzungsüberlassungen durch Gesellschafter entsprechend der Gewährung von eigenkapitalersetzenden Darlehen behandelt.

Nach Koppensteiner (aaO § 74 Rz 16) ist jedenfalls vorauszusetzen, daß sich die Gesellschaft die ihr von ihrem Gesellschafter zur Verfügung gestellten Gegenstände zu marktüblichen Preisen nicht auch von dritter Seite beschaffen könnte. Die Rechtsfolge bestehe nicht im Verlust der Sache, sondern darin, daß das für die kapitalersetzende Gebrauchsüberlassung geschuldete Entgelt „gesperrt“ sei.

Engin-Deniz (ecolex 1993, 317), der im wesentlichen die deutsche Judikatur zur eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung referiert, nimmt nur so weit eigenständig Stellung, als er die Annahme eigenkapitalersetzender Nutzungsüberlassung in den Rechtsfolgen für problematisch hält.

Auch Schummer (ÖJZ 1996, 241, 246 f) gibt den Stand der deutschen Rechtsprechung wieder. Er meint, es bliebe abzuwarten, ob der Oberste Gerichtshof der deutschen Rechtsprechung angesicht der in der österreichischen Literatur erhobenen Gegenstimmen folgen werde.

Müller (Eigenkapitalersatz und Insolvenzdiagnose [1996], 83 ff) billigt die in der deutschen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung. Es sei auch bei der Gebrauchsüberlassung von der Finanzierungsverantwortung der Gesellschafter auszugehen. Sie seien zwar nicht zur Zufuhr von neuem Kapital verpflichtet; hätten sie sich aber dazu entschlossen, müsse dies durch haftendes Eigenkapital und nicht durch riskante Finanzierungsmethoden geschehen. Maßgebend seien die Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensfinanzierung. Ausgangspunkt für die Frage, ob die Gebrauchsüberlassung Eigenkapital ersetze, sei nicht die Bilanzierung, sondern die Funktion der Gebrauchsüberlassung. Die Gefährdung der Gläubiger, der der Regel über das kapitalersetzende Darlehen vorbeugen solle, ließe sich nämlich nicht nach Bilanzansätzen beurteilen, weil diese Regeln nicht die Erhaltung des nominellen Stammkapitals bezweckten. Die Bestimmungen über den Eigenkapitalersatz seien Sanktion für den Fall, daß ein Gesellschafter seiner Finanzierungsverantwortung nicht gerecht werde, indem er der Gesellschaft Vermögenswerte zuführe (oder belasse), um die Fortführung eines konkursreifen oder kreditunwürdigen Unternehmens zu ermöglichen, und dadurch notwendiges Eigenkapital ersetze. Führe ein Gesellschafter der GmbH durch Gebrauchsüberlassung Werte zu, die sie von dritter Seite nicht bekommen hätte, so könne er die Gesellschaft auch durch diesen Vorgang am Leben erhalten.

Sollen die vom Bundesgerichtshof zur eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung entwickelten Grundsätze - ähnlich wie jene zum eigenkapitalersetzenden Darlehen - auch für den österreichischen Rechtsbereich fruchtbar gemacht werden, so muß man sich allerdings - wie Ostheim (aaO) treffend hervorhebt - in klaren sein, daß Gebrauchsüberlassungen mangels einer § 32a dGmbHG entsprechenden Bestimmung nur dann eigenkapitalersetzender Charakter beigemessen werden kann, wenn die Anschaffung des der Gesellschaft von deren Gesellschafter überlassenen Gegenstands mit Rücksicht auf dessen Wert eine Unterbilanz bzw Überschuldung zeitigte. Dann steht einer Analogie zu den in § 74 GmbHG normierten Rückzahlungsvoraussetzungen nichts im Wege, liegt doch - wie beim eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen - der Rechtsgrund für die Umqualifizierung der Gebrauchsüberlassung in Eigenkapitalersatz in der Verantwortung des Gesellschafters für die ordnungsgemäße Unternehmensfinanzierung:

Im vorliegenden Fall trachtete der Kläger, der unbestrittenermaßen notleidend gewordenen, in der Krise befindlichen beklagten Gesellschaft dadurch den Fortbestand zu sichern, daß er ihr nicht nur Kapital in Form von Darlehen zuführte, sondern der konkursreifen, ohne Unterstützung durch den Kläger nicht mehr lebensfähigen Gesellschaft auch das Geschäftslokal zum - da er den vereinbarten Zins zu keiner Zeit einforderte, faktisch unentgeltlichen - Gebrauch überließ, um ihr die Fortsetzung des Geschäftsbetriebes dadurch zu ermöglichen. Gerade in einem solchen Fall hält der Gesellschafter durch die Überlassung des Gebrauchs (der Nutzung) des benötigten Wirtschaftsguts die andernfalls nicht abzuwendende Liquidation der Gesellschaft ebenso wirkungsvoll hintan, wie wenn er dieser durch die Überlassung der erforderlichen Zahlungsmittel in Form von Darlehen ermöglicht hätte, die Investition selbst durchzuführen. Die Gewährung eines Darlehens und die Gebrauchsüberlassung (hier des als Grundlage des Geschäftsbetriebs benötigten Geschäftslokals) sind somit in dieser Hinsicht miteinander durchaus wirtschaftlich vergleichbar. Die Aussage Harrers (aaO), die Gebrauchsüberlassung erfolge weder in der Krise noch zu deren Überwindung, wird in dieser Allgemeinheit bereits durch den hier zur Beurteilung anstehenden Fall widerlegt, in dem der Kläger der beklagten Partei das Geschäftslokal erst in einem Zeitpunkt überließ, in dem die Krise unzweifelhaft schon längst eingetreten war. Dann ist aber auch der Gebrauchsüberlassung - auf der Basis einer Analogie zu § 74 GmbHG - eigenkapitalersetzender Charakter beizulegen.

Konsequenz daraus ist zunächst, daß der Mietzins bis zur nachhaltigen Sanierung der Gesellschaft an den Gesellschafter (den Kläger) nicht bezahlt werden dürfte. Die Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln auf die Gebrauchsüberlassung kann aber nicht dazu führen, daß das Eigentum an den zur Nutzung überlassenen Gegenständen (dem Geschäftslokal) - entgegen der bei solchen Geschäften beibehaltenen Eigentumsordnung - in dem Zeitpunkt, in dem die Eigenkapitalersatzregeln eingreifen, auf die Gesellschaft überginge. Gegenstand der Zuführung von Mitteln ist bei der Gebrauchs- bzw Nutzungsüberlassung allein das Recht, die vermietete Sache im Rahmen der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen zu gebrauchen bzw zu benutzen. Deshalb kann auch nur das Gebrauchs- bzw Nutzungsrecht Gegenstand der Gleichstellung mit haftendem Eigenkapital sein, was dann zur Folge hat, daß es als ein schon während der Krise der Gesellschaft eingeräumtes Recht der Umqualifizierung unterliegt und so zu behandeln ist, als hätte es der Gesellschafter der Gesellschaft zulässigerweise in Form einer Sacheinlage als haftendes Eigenkapital zur Verfügung gestellt (BGHZ 127, 17 = NJW 1994, 2760; BGHZ 127, 1 = NJW 1994, 2349; BGHZ 109, 55 = NJW 1990, 292; Schummer aaO 246 f; Ulmer aaO Rz 112 f).

Hat der Kläger die Geschäftsräumlichkeiten bei Fortdauer der Krise der Gesellschaft grundsätzlich weiter zur Verfügung zu stellen, weil der Gebrauchsüberlassung eigenkapitalersetzender Charakter beizulegen ist, dann stellt sich die Frage nach der Dauer der Zwangsüberlassung. Eine ernstlich gewollte vertragliche Befristung der Gebrauchsüberlassung wäre zu respektieren, beruht sie auf sachlichen Gründen. Als sachliche Gründe kommen etwa der zeitlich begrenzte Bedarf der Gesellschaft an diesem Gut oder der absehbare Eigenbedarf des Gesellschafters in Betracht. Fehlt es - wie hier - an einer vertraglichen Befristung, führt das noch nicht ohne weiteres zur Annahme eines zeitlich unbegrenzten Nutzungsrechts. Vielmehr ist in solchen Fällen vorrangig auf den hypothetischen Parteiwillen abzustellen. Anhaltspunkte hiefür können sich etwa aus den Unternehmensgegenstand der GmbH ergeben. Im Zweifel ist von einer Überlassung für die voraussichtliche Nutzungsdauer auszugehen (Ulmer aaO Rz 114 ff). Entscheidend ist auch, wie lange ein Dritter die zur Verfügung gestellte Sache der Gesellschaft bei objektiver Würdigung der Umstände überlassen hätte (Schummer aaO; BGHZ 127, 1 = NJW 1994, 2349). Daß ein Gesellschafter den zur Nutzung überlassenen Gegenstand immer erst dann herausverlangen könnte, wenn entweder die Krise behoben oder - im Liquidations- oder Konkursfall alle Gesellschaftsgläubiger befriedigt sind, kann nicht in allen Fällen maßgeblich sein. Bedeutsam sind vielmehr die Art der zur Nutzung überlassenen Gegenstände, die konkreten Gründe für eine bestimmte zeitliche Beschränkung und vor allem die Frage, ob ein gleicher Vertrag - insbesondere mit welcher Laufzeit - mit einem außenstehenden Dritten zustandegekommen wäre (BGHZ 127, 1 = NJW 1994, 2349).

Da die beklagte Partei „still“ liquidiert werden sollte und auch wurde und seit Ende 1990 keinerlei Geschäftsbetrieb entfaltete, darf nicht angenommen werden, daß ein außenstehender Dritter das Geschäftslokal danach weiterhin der nicht mehr werbenden Gesellschaft zum Gebrauch belassen würde. Die Frage, ob der Kläger wenigstens konkreten Bemühungen der Organe der beklagten Partei zur Verwertung des Geschäftslokals Rechnung zu tragen habe und daher das Bestandverhältnis nicht sofort nach Beendigung des Geschäftsbetriebs aufkündigen dürfe, kann hier ungeprüft bleiben, weil sich der Kläger ohnedies erst zur Aufkündigung entschloß, als diese Bemühungen gescheitert waren. Er war dann auch unter Bedachtnahme darauf, daß die Überlassung des Geschäftslokals zur (faktisch unentgeltlichen) Nutzung eigenkapitalersetzenden Charakter hatte, zur Aufkündigung berechtigt, weil ihm - wie schon im Zusammenhang mit der Treuepflicht dargelegt - nicht zugemutet werden kann, der Gesellschaft trotz der Stillegung deren Unternehmens die Geschäftsräumlichkeiten praktisch auf unabsehbare Zeit zur Verfügung zu stellen.

Der Revision ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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