European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E128516
Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die von der Revision der Beklagten geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, liegt jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO). Eine mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung kann im Revisionsverfahren nicht angefochten werden. Nur wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst hat, ist sein Verfahren mangelhaft (RS0043371). Dies ist hier aber nicht der Fall.
2. 1. Der Kläger steht in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Beklagten und unterliegt dem Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetz 1994 (K‑LVBG 1994). Er ist im K*‑Verbund tätig. § 1 Abs 2 lit a des Kärntner Landes-Personalvertretungsgesetzes nimmt Bedienstete, die in Betrieben tätig sind, ausdrücklich von seinem Anwendungsbereich aus. Zu den in Art 21 Abs 2 B‑VG genannten Betrieben, hinsichtlich derer die Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes der Bediensteten und der Personalvertretung in die Zuständigkeit des Bundes fallen, gehören auch die von einem Land geführten Krankenanstalten. Auf die in den Landeskrankenhäusern beschäftigten Arbeitnehmer sind daher gemäß § 33 Abs 1, § 36 Abs 1 ArbVG grundsätzlich die Bestimmungen des II. Teiles des Arbeitsverfassungsgesetzes anzuwenden, auch wenn es sich dabei um Vertragsbedienstete handelt (8 ObA 202/02t mwN; vgl 8 ObA 8/13d Pkt IV.7.3.). Hingegen wurde für „zugewiesene“ („ausgegliederte“) Landesbeamte nach dem OÖ Landesbediensteten-Zuweisungsgesetz (OÖ LB‑ZG 2005) der betriebsverfassungsrechtliche Versetzungsschutz für nicht anwendbar erklärt (8 ObA 78/07i).
2.2. Für ein Abgehen von dieser Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des § 101 ArbVG auf die in den Landeskrankenhäusern der Beklagten nach dem K‑LVBG 1994 beschäftigten Arbeitnehmer, die die Vorinstanzen ihren Entscheidungen zugrunde gelegt haben, bietet die außerordentliche Revision der Beklagten keine Veranlassung. Die Differenzierung zwischen „zugewiesenen“ Beamten und Vertragsbediensteten ist in der unterschiedlichen Ausgestaltung zum einen als öffentlich‑rechtliches Dienstverhältnis und zum anderen als privatrechtliches Dienstverhältnis sachlich begründet und steht der in der außerordentlichen Revision gewünschten „analogen“ Anwendung der Kriterien der Entscheidung 8 ObA 78/07i auf das privatrechtliche Arbeitsverhältnis des in einer Krankenanstalt des beklagten Landes beschäftigten Klägers entgegen.
3. 1. Eine Versetzung iSd § 101 ArbVG, die der Gesetzgeber als „Einreihung eines Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz“ definiert, liegt vor, wenn entweder der Arbeitsort oder der inhaltliche oder der zeitliche Arbeitsbereich des Arbeitnehmers verändert wird (RS0025205 [T3]). Als verschlechternde Versetzung iSd § 101 ArbVG, die zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Betriebsrats bedarf, ist jede Änderung zum Nachteil des Arbeitnehmers zu qualifizieren. Maßgebend ist dabei ein Vergleich der Situation des Arbeitnehmers vor der Versetzung mit der Lage, die infolge der Versetzung eintreten würde bzw eingetreten ist (RS0051209). Eine verschlechternde dauernde Versetzung– sei es eine bloß direktionale oder vertragsändernde – bedarf ausnahmslos der Zustimmung des Betriebsrats, ohne dass es auf die hiefür maßgebenden Gründe ankäme. Auch wenn die Versetzung also im Einzelfall durch noch so wichtige Gründe gerechtfertigt, ja vielleicht sogar unumgänglich geworden sein sollte, muss die zwingende Bestimmung des § 101 ArbVG eingehalten werden (RS0021211 [T5]). Selbst wenn der Grund der Versetzung in der Stilllegung eines Betriebsteils iSd § 109 ArbVG liegt, vermag dies den Versetzungsschutz des § 101 ArbVG nicht auszuschließen (9 ObA 35/05w). Ob eine Versetzung als verschlechternd iSd § 101 ArbVG anzusehen ist, kann naturgemäß nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Die außerordentliche Revision der Beklagten zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht bei dieser Beurteilung seinen ihm vom Gesetz eingeräumten Ermessensspielraum überschritten hätte.
3.2. Die neue Tätigkeit des Klägers als Sachgebietsleiter für einen bestimmten Aufgabenbereich liegt im hierarchischen Aufbau eine Stufe unter der vom Kläger zuvor ausgeübten Tätigkeit als Unterabteilungsleiter, ist mit einem geringeren Ansehen und einem Verlust von Personalkompetenzen verbunden und hat auch infolge Wegfalls von Zulagen zu einer – wenn auch geringen – Entgeltverschlechterung geführt.
3.3. Das Argument der Beklagten, jegliche Organisationsänderungen der K* (Betreibergesellschaft der * Landeskrankenanstalten) im Zusammenhang mit der Bestellung und Abberufung von Arbeitnehmern in bzw aus bestimmten Funktionen könnten nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung im Verfahren nach § 101 ArbVG überprüft werden, verfängt nicht. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die arbeitsvertragliche Seite der Versetzung, sondern um das Mitwirkungsrecht des Betriebsrats nach § 101 ArbVG („Zwei-Ebenen-Theorie“). Ob bei einer direktorialen Versetzung eines unkündbaren oder erschwert kündbaren Arbeitnehmers bei Änderung der Umstände des Arbeitsverhältnisses eine weitergehende Dispositionsmöglichkeit des Arbeitgebers anzunehmen ist, als bei Fehlen eines Kündigungsschutzes, ist bei Prüfung der Voraussetzungen der betriebsverfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer verschlechternden Versetzung ohne Bedeutung (9 ObA 35/05w mwN). Ist Mitbestimmungsunterworfenheit gegeben, so bedarf der Arbeitgeber bei sonstiger Unwirksamkeit der Versetzung der vorherigen Zustimmung des Betriebsrats nach § 101 Satz 3 ArbVG. Erteilt der Betriebsrat – wie hier – die Zustimmung nicht, so kann sie durch Urteil des Gerichts, das hier aber nicht vorliegt, ersetzt werden.
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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