European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0050OB00034.20S.0417.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Frage, ob die Beklagte der Klägerin aus dem Titel des Ausgleichsanspruchs nach § 364a ABGB Kosten für eine zusätzliche Erhaltungsstopfung ihrer Gleisanlage von 43.560 EUR zu bezahlen hat, nachdem es aufgrund eines ortsunüblichen Austritts von Maishäutchen aus den Ausblasöffnungen der von der Beklagten betriebenen Maistrocknungsanlage zu einer Verunreinigung des Gleiskörpers gekommen war.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren in diesem Umfang ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin insoweit nicht Folge und ließ die ordentliche Revision nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Klägerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
1. Die Klägerin meint, das Berufungsgericht sei von höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Behauptungs‑ und Beweislast beim Vorteilsausgleich abgewichen. Ob sie sich die Kosten einer Erhaltungsstopfung erspare, betreffe nicht Sowiesokosten, sondern den Vorteilsausgleich, für dessen Vorliegen den Schädiger die Behauptungs‑ und Beweislast treffe. Es müsse daher zu Lasten der Beklagten gehen, dass das Erstgericht nicht feststellen konnte, ob eine weitere Erhaltungsstopfung notwendig sein werde.
2.1. Der Vorteilsausgleich hat nicht von Amts wegen zu erfolgen, sondern nur über Einwendung des Schädigers, den für dessen Voraussetzungen die Behauptungs- und Beweislast trifft (RIS‑Justiz RS0036710). Ein Vorteilsausgleich ist vorzunehmen, wenn das schädigende Ereignis nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge einen Vorteil im Vermögen des Geschädigten verursachte (RS0022824 [T3]), das haftbarmachende Ereignis daher für den Nachteil und einen entstehenden Vorteil kausal ist (RS0118820). Als – allenfalls auszugleichender – Vorteil ist die für den Geschädigten günstige Veränderung zu sehen, die sich im Vergleich der Lage nach vollzogener, allein die nachteiligen Veränderungen erfassender Ersatzleistung mit der Lage, wie sie ohne das schädigende Ereignis bestünde, ergibt (vgl RS0022826).
2.2. Demgegenüber obliegt bei einem Begehren auf Schadenersatz nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung (RS0022664 [T4]) dem Geschädigten regelmäßig der Beweis für den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Eintritt des Schadens. Die Bejahung oder Verneinung des den Schadenersatzanspruch begründenden Kausalzusammenhangs ist eine Tatsachenfeststellung und als solche der Beurteilung durch das Revisionsgericht entzogen (RS0043473).
3.1. Das Erstgericht stellte fest, dass die organischen Verunreinigungen mit Maisteilchen – unterstellt man, dass es in Zukunft zu keinen weiteren derartigen Verunreinigungen abgesehen von üblichen Verfrachtungen kommt – einerseits zur Konsequenz haben werden, dass die nächste Erhaltungsstopfung bereits rund drei Jahre früher erforderlich sein wird. Andererseits hätten diese Verunreinigungen die Konsequenz, dass die Erhaltungsstopfung nicht ohne eine – andernfalls noch nicht erforderliche – vorangehende Schotterbettreinigung durchgeführt werden kann, um eine Verstopfung des Sickerschlitzes zu vermeiden. Solang keine Erhaltungsstopfung stattfindet, ist eine Schotterbettreinigung nicht erforderlich, weil sich die organischen Verunreinigungen in den Hohlräumen des Schotterbetts befinden. Nicht feststellen konnte das Erstgericht, dass bezogen auf die Lebensdauer der Gleise aufgrund der organischen Verunreinigungen eine zusätzliche – andernfalls nicht erforderliche – Erhaltungsstopfung notwendig sein wird. Sehr wohl ist aber aufgrund der Verunreinigungen durch Maisteilchen eine – andernfalls nicht erforderliche – Schotterbettreinigung erforderlich.
3.2. Dass das Berufungsgericht aus diesen Feststellungen den Schluss zog, der Klägerin sei der ihr obliegende Beweis nicht gelungen, dass ihr ein Schaden aufgrund der Notwendigkeit einer (zusätzlichen) Erhaltungsstopfung entstanden wäre, hält sich im Rahmen der zitierten Rechtsprechung und bedarf keiner Korrektur im Einzelfall. Es geht dabei entgegen den Revisionsausführungen nicht darum, ob sich die Klägerin aufgrund der – anlässlich der nächsten Erhaltungsstopfung erforderlichen – Schotterbettreinigung eine Erhaltungsstopfung erspart, sondern ob – im Sinn der anspruchsbegründenden Tatsachenbehauptungen der Klägerin – ihr ein Schaden dadurch entstanden ist, dass sie während der Lebensdauer der Gleise nicht nur eine, sondern noch eine weitere Erhaltungsstopfung vorzunehmen hat. Nach den Feststellungen wurde nur der Zeitpunkt der – jedenfalls notwendigen – Erhaltungsstopfung um drei Jahre vorverlegt und eine – ohne schädigendes Ereignis nicht erforderliche – Schotterbettreinigung verursacht. Das schädigende Verhalten der Beklagten war daher – abgesehen von der Notwendigkeit der Schotterbettreinigung – tatsächlich nur für eine Vorverlegung der nächsten Erhaltungsstopfung kausal; daraus leitete die Klägerin aber keine Ansprüche ab.
3.3. Um einen Vorteil durch Einbau neuer Ersatzteile und die allenfalls dadurch bewirkte Werterhöhung der Gesamtsache (vgl RS0022726; 8 Ob 148/82; 10 Ob 31/00g) geht es hier ebensowenig wie um einen Vorteil wegen ersparter Ölwechselkosten aufgrund eines Motortauschs (7 Ob 139/15i), die zitierten Entscheidungen sind daher nicht einschlägig. Fragen des Vorteilsausgleichs stellen sich hier nicht. Die Auffassung des Berufungsgerichts orientiert sich vielmehr an der herrschenden Rechtsprechung zur Behauptungs‑ und Beweislast zum Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Eintritt des Schadens.
3.4. Nach dem Vorbringen der Klägerin selbst betragen die Kosten für die zusätzliche Erhaltungsstopfung 43.560 EUR und sind in dieser Höhe in den von ihr veranschlagten Kosten für die Schotterbettreinigung (mit der die Erhaltungsstopfung verbunden ist) von 103.901,39 EUR enthalten. Wenn das Berufungsgericht dem folgend davon ausging, die begehrten zusätzlichen Kosten für die Erhaltungsstopfung betrügen 43.560 EUR (auch wenn nach dem Sachverständigengutachten die angemessenen Kosten dafür nur 36.588 EUR ausmachen), handelt es sich um eine einzelfallbezogene Auslegung von Prozessvorbringen, die grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage aufwirft (RS0042828 [T31, T42]). Eine im Einzelfall korrekturbedürftige Fehlbeurteilung macht die Klägerin in ihrer Revision nicht geltend.
4. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss einer weiteren Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 ZPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)