OGH 4Ob236/19p

OGH4Ob236/19p28.1.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Priv.‑Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) G***** GmbH, *****, und 2) i***** GmbH, *****, Deutschland, beide vertreten durch Dr. Monika Gillhofer und Dr. Maria‑Luise Plank, Rechtsanwältinnen in Wien, gegen die beklagte Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert 50.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 10.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 24. Oktober 2019, GZ 2 R 150/19d‑12, mit dem Spruchpunkt 2. des Versäumungsurteils des Landesgerichts Innsbruck vom 13. September 2019, GZ 69 Cg 51/19b‑7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0040OB00236.19P.0128.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden in den Spruchpunkten 2. und 3. des Urteils des Erstgerichts dahin abgeändert, dass diese lauten:

„2. Das Klagebegehren des Inhalts, der beklagten Partei werde aufgetragen, den Spruch des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils, mit Ausnahme der Kostenentscheidung, binnen einem Monat ab Rechtskraft der Entscheidung auf Kosten der beklagten Partei in Form eines Schreibens an sämtliche Großhändler und Apotheker in Österreich mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift sowie gesperrten Namen der Prozessparteien in der für ihren Schriftverkehr üblichen Schriftgröße zu versenden;

in eventu

der beklagten Partei werde aufgetragen, den Spruch des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils, mit Ausnahme der Kostenentscheidung, binnen einem Monat ab Rechtskraft der Entscheidung auf Kosten der beklagten Partei in der Apothekerzeitung mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift sowie gesperrten Namen der Prozessparteien in der für ihren Schriftverkehr üblichen Schriftgröße zu veröffentlichen,

wird abgewiesen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 2.920,91 EUR (darin enthalten 264,81 EUR USt und 1.332,07 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen.“

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 2.594,08 EUR (darin enthalten 222,80 EUR USt und 1.257,30 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 2.491,12 EUR (darin enthalten 152,84 EUR USt und 1.574,10 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Mit Versäumungsurteil des Erstgerichts vom 13. September 2019 wurde der Beklagten verboten, im geschäftlichen Verkehr das Produkt „Tinct Opii PHE gatt 10 g“ am österreichischen Markt in Verkehr zu bringen, anzubieten und zu verkaufen, ohne dass dieses Produkt über eine entsprechende Zulassung nach § 7 Abs 1 AMG verfügt (Spruchpunkt 1. im Urteil des Erstgerichts); dieses Unterlassungsgebot erwuchs in Rechtskraft. Zudem gab das Erstgericht dem Hauptbegehren zur Urteilsveröffentlichung statt und trug der Beklagten auf, den Spruch des Unterlassungsgebots binnen einem Monat ab Rechtskraft der Entscheidung auf ihre Kosten in Form eines Schreibens an sämtliche Großhändler und Apotheker in Österreich zu versenden.

Das Berufungsgericht bestätigte die von der Beklagten bekämpfte Pflicht zur Urteilsveröffentlichung. Die von den Klägerinnen angestrebte Veröffentlichung der Unterlassungsverpflichtung widerspreche nicht den Grundsätzen der Rechtsprechung zu Art und Umfang der angemessenen Urteilsveröffentlichung, zumal dadurch die Aufklärung des durch eine wettbewerbswidrige Maßnahme irregeführten Publikums erreicht werden solle. Die Klägerinnen bedürften zur Urteilsveröffentlichung der Mitwirkung der Beklagten, weshalb diese analog einem Medienunternehmer nach § 25 Abs 7 UWG verpflichtet sei, die Veröffentlichung ohne unnützigen (gemeint: unnötigen) Aufschub vorzunehmen. Die ordentliche Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.

Über Antrag der Beklagten nach § 508 ZPO sprach das Berufungsgericht nachträglich aus, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei, um den von der Beklagten erhobenen Vorwurf, das Berufungsgericht habe zahlreiche oberstgerichtliche Entscheidungen unbeachtet gelassen, der Beurteilung durch das Höchstgericht zuzuführen.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten, die auf eine Abweisung des Veröffentlichungsbegehrens samt Eventualbegehren abzielt.

Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragen die Klägerinnen, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht in Bezug auf die Verpflichtung zur Urteilsveröffentlichung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist. Dementsprechend ist die Revision auch berechtigt.

1. Die Beklagte führt in der Revision ins Treffen, dass § 25 Abs 3 UWG ausschließlich eine Veröffentlichungsermächtigung für die obsiegende Partei, aber keine Veröffentlichungsverpflichtung für die beklagte Partei vorsehe. Auf einen anderen Rechtsgrund zur Urteilsveröffentlichung hätten sich die Klägerinnen nicht gestützt. Außerdem sei das Veröffentlichungsbegehren zu unbestimmt, weil nicht klar sei, was unter „sämtlichen Großhändlern“ und „den Apothekern Österreichs“ zu verstehen sei.

Damit ist die Beklagte im Recht.

2.1 Die Klägerinnen haben das Veröffentlichungs‑ begehren ausdrücklich auf § 25 UWG gestützt und dazu in der Klage ausgeführt, dass ihnen zur Aufklärung der relevanten Verkehrskreise ein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung nach dieser Bestimmung zustehe. Um das mit der Urteilsveröffentlichung zu erreichende Ziel der Aufklärung des Publikums zu erreichen, sei eine Veröffentlichung direkt bei den Kunden, nämlich dem Großhandel und den österreichischen Apotheken, erforderlich, weil sich die Angebote an diese Kunden richteten.

Entgegen den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung haben die Klägerinnen zum Veröffentlichungsbegehren keinen anderen Rechtsgrund ins Treffen geführt und dazu auch kein weiteres Vorbringen erstattet.

2.2 Der Urteilsveröffentlichungsanspruch nach § 25 UWG ist sowohl von einem Beseitigungsanspruch nach § 15 UWG als auch von einem Widerrufsanspruch samt Anspruch auf Veröffentlichung dieses Widerrufs (im Sinn eines Schadenersatzanspruchs) nach § 7 UWG und § 1330 Abs 2 ABGB streng zu unterscheiden; sie stehen zueinander in einem Aliud-Verhältnis (vgl RIS‑Justiz RS0107663; 6 Ob 21/13a; 6 Ob 17/14i). Das Gleiche gilt für das Verhältnis zwischen der Veröffentlichungsermächtigung des Klägers nach § 25 Abs 3 UWG und einer Veröffentlichungsverpflichtung des Beklagten nach § 25 Abs 7 UWG (4 Ob 91/18p).

3.1 Es bleibt im Anlassfall damit zu prüfen, ob das Veröffentlichungsbegehren der Klägerinnen nach § 25 UWG berechtigt ist. Dies ist zu verneinen.

3.2 Während beim Widerruf der Verletzer persönlich tätig werden muss, besteht bei der Urteilsveröffentlichung die Verpflichtung des Verletzers in der Regel nur darin, die Veröffentlichung zu dulden und deren Folgen (Kosten) gegen sich gelten zu lassen. Der Inhalt des Veröffentlichungsbegehrens ist daher auf Zuerkennung einer Publikationsbefugnis gerichtet (Ciresa, Handbuch der Urteilsveröffentlichung4 40).

Eine Veröffentlichungsverpflichtung des Beklagten kommt nur nach § 25 Abs 7 UWG und daher nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn der Beklagte selbst Medienunternehmer (gewerblicher Zeitungsunternehmer) des Veröffentlichungsmediums ist (RS0119287; 4 Ob 91/18p), oder bei Verstößen im Internet dann, wenn der Beklagte Inhaber jener Website ist, auf der die Veröffentlichung vorgenommen werden soll (4 Ob 141/04w). Für alle anderen Fälle sieht § 25 Abs 3 UWG nach der Rechtsprechung nur eine Ermächtigung der obsiegenden Partei zur Veröffentlichung des Urteils vor (RS0132196; 4 Ob 91/18p).

Da im Anlassfall auf der Grundlage des § 25 Abs 3 UWG nur eine Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in Betracht kommt, war das geltend gemachte, auf eine Veröffentlichungspflicht der Beklagten gerichtete Veröffentlichungsbegehren abzuweisen.

4. Die Abänderung der Entscheidung in der Hauptsache bedingt auch eine Änderung der Kostenentscheidung. Im erstinstanzlichen Verfahren sind die Klägerinnen mit rund 83 % der geltend gemachten Ansprüche durchgedrungen, weshalb sie nach § 43 Abs 1 ZPO Anspruch auf 66 % der Vertretungskosten und auf 83 % ihrer Barauslagen haben. Im zweit- und drittinstanzlichen Verfahren war die Beklagte erfolgreich; in dieser Hinsicht gründet sich die Kostenentscheidung auf §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte