European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127460
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 880,76 EUR (darin 313,46 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Begründung:
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurden von der klagenden GmbH zwischen März 2017 und Jänner 2019 auf den Privatkredit des Beklagten – ihres Gesellschafters – insgesamt 21.236 EUR geleistet.
Die Vorinstanzen qualifizierten dies als unzulässige Einlagenrückgewähr und gaben der Klage der Gesellschaft auf Rückzahlung dieses Betrags statt.
Das Berufungsgericht ließ die Revision mit der Begründung zu, es habe keine oberstgerichtliche Judikatur zu einem Fall aufgefunden werden können, in dem der Geschäftsführer einer GmbH aus Mitteln der GmbH den Privatkredit eines Gesellschafters zurückgezahlt hat, und weil die für die Austauschgeschäfte vertretene Kommentarmeinung von Bauer/Zehetner in Straube/Ratka/Rauter, Wiener Kommentar zum GmbHG § 83 Rz 33, und der Umkehrschluss, dass ohne Austauschgeschäft eine Minderung des Rückforderungsanspruchs nicht in Betracht kommt, noch nicht durch oberstgerichtliche Judikatur untermauert sei.
Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch nicht zulässig.
1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 4 Ob 2078/96h SZ 69/149, die Bestellung von Sicherheiten durch die Gesellschaft für einen Kredit des Gesellschafters als unzulässige Einlagenrückgewähr qualifiziert. Wenn die Gesellschaft nicht bloß Sicherheiten stellt, sondern sogar selbst die Rückzahlung für einen Privatkredit des Gesellschafters leistet, kann nichts anderes gelten (vgl auch Bauer/Zehetner aaO § 82 Rz 66). Der Oberste Gerichtshof hat auch schon in der Entscheidung 4 Ob 2328/96y ausgesprochen, dass die Finanzierung von Privataufwendungen des Gesellschafters unzulässig ist. Im gleichen Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Jahr 1979 die Übernahme von Schulden des Gesellschafters durch die Gesellschaft als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert (VwGH 23. 3. 1979, 1218, 1278/78 = ÖJZ 1980, 162).
2. Im Übrigen läge trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, dass heißt eindeutige Regelung trifft (RS0042656), sodass über die Auslegung keine ernstlichen Zweifel bestehen können (RS0042656 [T8]).
3.1. Zweck der Bestimmung des § 82 Abs 1 GmbHG ist es, das Stammkapital als „dauernden Grundstock der Gesellschaft“ und als einziges „dem Zugriff der Gläubiger freigegebenes Befriedigungsobjekt“ gegen Schmälerung durch Leistung an die Gesellschafter abzusichern (RS0105518). Im Gegensatz zu § 30 dGmbHG verbietet § 82 GmbHG im Prinzip jede Zuwendung der Gesellschaft an die Gesellschafter, die nicht Gewinnverwendung ist, und schützt damit das gesamte Gesellschaftsvermögen und nicht nur den dem Stammkapital entsprechenden Teil (RS0105518). Damit bewirkt § 82 GmbHG eine umfassende Bindung des gesamten Vermögens der GmbH (Bauer/Zehetner in Straube/Ratka/Rauter, Wiener Kommentar GmbHG § 82 Rz 2 mwN).
3.2. Die Kapitalerhaltungsvorschriften sollen nach ihrem Sinn und Zweck jede (unmittelbare oder mittelbare) Leistung an einen Gesellschafter erfassen, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und die wirtschaftlich das Vermögen verringert (RS0105532).
4. Der Beklagte gesteht in seiner Revision ausdrücklich als richtig zu, dass es für den Geldfluss von der klagenden Partei auf das Privatkonto des Beklagten keinen Rechtsgrund gab. Das Argument der Revision, der Beklagte habe „niemals seine Stammeinlage zurückgefordert“, geht daher ins Leere. Nach § 82 GmbHG ist nicht nur das Einfordern, sondern die Empfangnahme von nach dieser Bestimmung verbotenen Leistungen unzulässig.
5. Aus dem Umstand, dass die Gesellschaft Leistungen, die die Gesellschafter über die Einlage hinaus erbringen, angemessen vergüten darf (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 82 Rz 5; Reich‑Rohrwig, GmbHG I 647) ist für den Rechtsstandpunkt des Beklagten nichts zu gewinnen. Nach seinem eigenen Rechtsstandpunkt erfolgte die Rückzahlung des Kredits rechtsgrundlos. Der Beklagte selbst bestreitet eine entsprechende Vereinbarung zwischen ihm und der Klägerin. Auf die Frage, ob für von ihm erbrachte Leistungen ein Entgelt hätte vereinbart werden können, kommt es daher im vorliegenden Fall nicht an, weil eine derartige Vereinbarung gerade nicht vorliegt. Mangels Vorliegens eines Austauschgeschäfts ist auch auf die Frage nicht einzugehen, ob der Gesellschaft nur Wertersatz in Höhe des von ihr zu wenig Empfangenen zuzubilligen ist, weil der Vorgang nur im Ausmaß der Vermögensbeeinträchtigung unzulässig sei (Bauer/Zehetner in Straube/Ratka/Rauter, GmbHG § 83 Rz 33 mwN). Ein derartiges Austauschgeschäft lag der Rückzahlung des Privatkredits des Beklagten nach seinem eigenen Vorbringen gerade nicht zugrunde.
6. Damit könnte der Beklagte allfällige Ansprüche, die ihm aus für die klagende Partei angeblich erbrachten Leistungen zustehen, nur außerhalb des vorliegenden Verfahrens geltend machen. Eine Aufrechnung gegen Ansprüche aus verbotener Einlagenrückgewähr mit derartigen Ansprüchen ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl 6 Ob 180/18s) unzulässig. Diese Judikaturlinie wird in der Revision auch nicht in Zweifel gezogen. Damit waren im vorliegenden Fall auch keine Feststellungen zum Wert der vom Beklagten angeblich der Klägerin erbrachten Leistungen in Form der Zurverfügungstellung seiner Bibliothek und ÖNormen‑Sammlung zu treffen.
7. Zusammenfassend bringt der Beklagte sohin keine Rechtsfragen der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.
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