European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0280DS00009.19S.1219.000
Spruch:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Disziplinarbeschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Disziplinarbeschuldigte ***** der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt schuldig erkannt.
Danach ist er wiederholten gerichtlichen Aufforderungen im Rahmen der Überprüfung seiner Rechnungslegung als Sachwalter für die betroffene Person im Verfahren AZ ***** des Bezirksgerichts Schwechat im Zeitraum vom 2. August 2017 bis 5. Februar 2018 für den Rechnungslegungszeitraum 16. April 2016 bis 31. März 2017 pflichtwidrig nicht nachgekommen, indem er die abverlangten Bankkontoauszüge zu der von ihm ohnedies bereits verspätet getätigten Abrechnung als Sachwalter nicht vorlegte, sodass dem Gericht eine Überprüfung dieser Abrechnung nicht möglich war.
Der Disziplinarbeschuldigte erhebt gegen dieses Erkenntnis Berufung wegen (der Sache nach:) Nichtigkeit sowie des Ausspruchs über die Schuld, der keine Berechtigung zukommt.
Der Verfahrensrüge (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO iVm § 77 Abs 3 DSt) zuwider konnte die zum Zweck der Vorlage (weiterer) Unterlagen zu seiner Tätigkeit als Sachwalter seit seiner Bestellung im Jahr 2009 zum Beweis dafür, dass er auch zuvor niemals Kontoauszüge vorgelegt habe, begehrte Vertagung der Disziplinarverhandlung (ON 16 S 6) sanktionslos unterbleiben. Da für den Tatzeitraum 2. August 2017 bis 5. Februar 2018 ein konkreter auf § 134 iVm § 136 Abs 2 AußStrG gegründeter Auftrag des Pflegschaftsgerichts, die Bezug habenden Bankkontoauszüge vorzulegen, vorlag (ES 3 f), ist es unerheblich, ob das Pflegschaftsgericht in Ansehung früherer Abrechnungszeiträume anders vorgegangen war.
Nicht im Recht ist ferner die eine für ihn als freiberuflich tätigen Rechtsanwalt bestehende Pflicht zum Gehorsam gegenüber dem Pflegschaftsgericht bestreitende Rechtsrüge (der Sache nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO):
Nach § 2 Abs 1 RL‑BA 2015 erfolgt – mit einer hier nicht bedeutsamen Ausnahme – jedwede berufsmäßige Besorgung fremder Angelegenheiten durch den Rechtsanwalt, sei es durch Mandat, sei es durch einen gerichtlichen oder behördlichen Bestellungsvorgang, in Ausübung seines Berufs. Wird ein Rechtsanwalt – wie im konkreten Fall der Disziplinarbeschuldigte – zum Sachwalter bestellt, so liegt die nach der entsprechenden Verfahrensordnung angeordnete Aufsicht beim bestellenden Gericht, die berufsrechtliche Aufsicht hingegen bei der Rechtsanwaltskammer (vgl Engelhart in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO10 RL‑BA 2015 § 2 Rz 5).
Dem Berufungsstandpunkt zuwider war der Disziplinarrat daher fallbezogen durchaus berechtigt, die gegenständlich entscheidende Rechtsfrage eigenständig, also vor Vorliegen der Entscheidung über den vom Disziplinarbeschuldigten im Verfahren zu AZ ***** des Bezirksgerichts Schwechat erhobenen Rekurs gegen den verpflichtenden erstgerichtlichen Beschluss, zu beantworten. Mit Blick auf die §§ 134 f AußStrG bejahte es die fragliche Verpflichtung des zum Sachwalter bestellten Rechtsanwalts zudem zu Recht:
Nach § 134 AußStrG ist die laufende Rechnung „in angemessenen Zeitabständen von höchstens drei Jahren“ zu legen. Dazu hat das Gericht dem gesetzlichen Vertreter „die erforderlichen Aufträge zu erteilen“. Nach § 136 Abs 2 AußStrG sind [andere] Belege, zu deren Sammlung und Aufbewahrung der gesetzliche Vertreter verpflichtet ist, (nur) auf Verlangen des Gerichts vorzulegen, wobei der Klammerausdruck dieser Bestimmung richtigerweise auf § 135 Abs 3 AußStrG, und nicht auf § 135 Abs 4 AußStrG verweist (vgl Beck in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 136 Rz 5), womit der gesetzliche Vertreter stets zur Belegsammlung und -aufbewahrung verpflichtet ist. Die vorliegende jährliche Rechnungslegungsperiode findet daher im Ermessensrahmen des § 134 AußStrG ebenso gesetzliche Deckung wie der gerichtliche Auftrag zur Vorlage von Bankkontoauszügen in der Ermessensbestimmung des § 134 iVm § 136 Abs 2 AußStrG.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem Berufungsvorbringen, wonach das für eine Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt erforderliche Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit nicht vorliege, konstatierte der Disziplinarrat – wenn auch disloziert im Rahmen der rechtlichen Beurteilung (ES 6) – mängelfrei, dass eine größere Zahl von Personen von der Verfehlung des Disziplinarbeschuldigten Kenntnis erlangt hat. Eingaben an Organe der Rechtspflege, die ihrem Inhalt nach auf justizförmige Entscheidungen abzielen – wie die vom Disziplinarbeschuldigten gestellten Anträge an das Pflegschaftsgericht und das Rekursgericht –, gelangen nämlich naturgemäß einer Mehrzahl von Personen zur Kenntnis ( Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek , RAO 10 DSt § 1 Rz 14 mwN; vgl RIS‑Justiz RS0054876 [T2, T3]).
Die von der Berufung der Sache nach beiläufig ventilierte allfällige Befangenheit des – an der angefochtenen Entscheidung des Disziplinarrats nicht beteiligten – Kammeranwalts, der nach dem Rechtsmittelvorbringen als Parteienvertreter gegen den vom Disziplinarbeschuldigten als Sachwalter vertretenen Erwachsenen aufgetreten sein soll, ist gegenständlich ohne Belang.
Der Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld, die sich (im Übrigen) im Wesentlichen in der Wiederholung der bisherigen Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten – wonach die Vorlage von Kontoauszügen in der Vergangenheit niemals erforderlich gewesen wäre – erschöpft, gelingt es nicht, Bedenken gegen die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen des Disziplinarrats zu wecken.
Der Berufung wegen Nichtigkeit und des Ausspruchs über die Schuld war daher nicht Folge zu geben.
Mit seiner Strafberufung begehrt der Disziplinarbeschuldigte im Fall eines Schuldspruchs die Verringerung der über ihn verhängten Geldbuße oder an deren Stelle die Verhängung eines schriftlichen Verweises gemäß § 16 Abs 1 Z 1 DSt, ohne dies näher zu begründen.
Der Disziplinarrat hat als erschwerend die Vorverurteilung des Disziplinarbeschuldigten, nämlich laut Erkenntnis vom 4. Dezember 2017 zu AZ 23/16, auf das im Blick auf den nunmehrigen Tatzeitraum nicht Bedacht zu nehmen war (RIS‑Justiz RS0075198), sowie die doppelte Qualifikation seiner Tat sowohl als Berufspflichtenverletzung als auch als Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes gewertet und keine Milderungsgründe angenommen. Diese Strafbemessungsgründe erscheinen zutreffend und lassen weder eine Verringerung der über den Disziplinarbeschuldigten verhängten Geldbuße noch an deren Stelle die Verhängung eines schriftlichen Verweises zu, weil einem solchen entgegensteht, dass das Disziplinarvergehen über den Kreis der Rechtsanwälte hinaus, wie oben ausgeführt, einer Mehrzahl von Personen zur Kenntnis gelangte (RIS‑Justiz RS0115711 [T2]).
Die vom Disziplinarrat verhängte Geldbuße ist daher einer Reduktion nicht zugänglich, sodass auch der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe ein Erfolg zu versagen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 54 Abs 5 DSt.
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