OGH 10ObS122/19t

OGH10ObS122/19t19.11.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Josef Putz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich‑Hillegeist‑Straße 1, wegen Feststellung von Schwerarbeitszeiten, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 27. Mai 2019, GZ 7 Rs 40/19g‑18, womit das Urteil des Arbeits‑ und Sozialgerichts Wien vom 8. November 2019, GZ 12 Cgs 177/17g‑15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:010OBS00122.19T.1119.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Sozialrechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Der 1959 geborene Kläger ist seit 1993 im Sozialmedizinischen Zentrum Baumgartner Höhe, Otto Wagner‑Spital tätig. Zunächst war er Pflegehelfer, im Februar 2001 schloss er die Ausbildung zum Diplomierten psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpfleger ab. Zumindest seit 2001 ist er in der geronto-psychiatrischen Abteilung eingesetzt.

Strittig ist im Revisionsverfahren noch, ob die Tätigkeit des Klägers im Zeitraum von 1. Februar 2001 bis 30. Juni 2002, von 1. August 2002 bis 30. September 2002, von 1. November 2002 bis 31. August 2004, von 1. Oktober 2004 bis 31. Mai 2005, von 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005, von 1. Februar 2006 bis 31. August 2006 und von 1. Oktober 2006 bis 30. Juni 2017 Schwerarbeitszeiten iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV, BGBl II 2006/104, begründet.

Die Zeiten von 1. Juli 2002 bis 31. Juli 2002, von 1. Oktober 2002 bis 31. Oktober 2002, von 1. September 2004 bis 30. September 2004, von 1. Juni 2005 bis 30. Juni 2005, von 1. Jänner 2006 bis 31. Jänner 2006 und von 1. September 2006 bis 30. September 2006 wurden bereits rechtskräftig als Schwerarbeitszeiten iSd § 607 Abs 14 ASVG bzw § 4 Abs 4 APG iVm § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV festgestellt.

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2017 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Anerkennung von Schwerarbeitszeiten im Zeitraum von 1. Februar 2001 bis 30. Juni 2017 ab.

In seiner Klage brachte der Kläger zusammengefasst vor, die auf der geronto‑psychiatrischen Abteilung betreuten Patienten bedürften aufgrund ihrer psychischen Situation eines speziellen Pflegeaufwands. Sie seien nicht krankheitseinsichtig und würden ablehnend und aggressiv auf Pflegemaßnahmen reagieren. Auch die dementen Patienten hätten einen besonderen Behandlungs- und Pflegebedarf. Insgesamt sei die verrichtete Arbeit als Schwerarbeit zu qualifizieren.

Die beklagte Partei bestritt und wendete ein, die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit würde nicht den Anforderungen des § 1 Abs 1 Z 5 der SchwerarbeitsV genügen.

Das Erstgericht stellte sechs Monate (07/2002, 10/2002, 09/2004, 06/2005, 01/2006 und 09/2006) als Schwerarbeitszeiten iSd § 607 Abs 14 ASVG bzw § 4 Abs 4 APG (in Verbindung mit § 1 Abs 1 Z 1 SchwerarbeitsV) fest. Im Umfang dieser Feststellung erwuchs die Entscheidung in Rechtskraft. Das Mehrbegehren auf Feststellung weiterer Schwerarbeitszeiten von 1. Februar 2001 bis 30. Juni 2017 (mit Unterbrechungen) wurde abgewiesen. Das Erstgericht traf folgende Feststellungen:

Der Kläger war ab 2001 zunächst im Wechseldienst tätig. Er leistete drei bis fünf Nachtdienste im Monat, gelegentlich auch mehr. Seit 1. 1. 2011 war der Kläger nur mehr im Tagdienst tätig.

Der Kläger war seit 2001 in Pavillon 16 auf der geronto-psychiatrischen Station (Station 16/4) tätig. Zunächst war diese Station eine reine geronto-psychiatrische Abteilung, also für Patienten ab dem 60. Lebensjahr. Die Patienten litten an unterschiedlichen psychiatrischen Erkrankungen, etwa an Schizophrenie, Depression, manischer Depression, Persönlichkeitsstörungen und schwerer Demenz. Diese Patienten wurden vor allem dann auf der Station 16/4 aufgenommen, wenn sie nicht einmal mehr im Pflegeheim oder sonst im Krankenhaus „geführt“ werden konnten.

Seit etwa 2013 (oder noch früher) kam es aufgrund der Auslastung der anderen Fachstationen dazu, dass auch jüngere Patienten auf der Station des Klägers zu betreuen waren: Eine Station war eine Kinderstation, die übrigen Patienten wurden auf die anderen beiden Stationen, darunter jene des Klägers, aufgeteilt. Aktuell ist die Altersgrenze überhaupt auf 55 Jahre herabgesetzt: Es sind nun mehr junge Patienten zu betreuen als solche ab dem Alter 55 Jahren. Manchmal hatten Kinder und Jugendliche kein Bett in der Fachstation, dann war es notwendig, dass diese in der Station 16/4 gepflegt wurden.

Eine reine Station für Akutpsychiatrie gibt es seit etwa 2008 im Pavillon 16 nicht mehr, seither hat jede Station, auch die Station 16/4, Direktaufnahmen zu machen.

Die meisten Patienten waren aufgrund ihrer Erkrankung nicht krankheitseinsichtig, es mangelte ihnen deswegen an der Compliance. Ähnliches galt für Patienten, die an demenziellen Erkrankungen litten; diese waren überdies oft auch nicht in der Lage, sich selbst zu pflegen, wobei aus Sicht eines Pflegenden insbesondere Inkontinenz und Immobilität ein Problem darstellten.

Auf der Station, auf der der Kläger arbeitete, gab es immer wieder Angriffe gegen das Pflegepersonal. Der Kläger selbst wurde zwar noch nicht geschlagen, aber schon gekratzt, seine Kleidung wurde zerrissen, er musste Beschimpfungen und Drohungen, auch gegen seine Familie, erdulden. Kollegen von ihm wurden auch schon verletzt.

Todesfälle kamen in Pavillon 16 immer wieder vor, auf der Station 16/4 etwa drei Mal im Jahr. Der Großteil der Patienten von Station 16/4 wurde allerdings in häusliche Pflege entlassen; manche, die derart dement waren, dass sie nicht in häusliche Pflege entlassen werden konnten, warteten auf der Station auf einen Pflegeplatz.

Viele Patienten, die auf Station 16/4 betreut wurden, bezogen Pflegegeld, am häufigsten Pflegegeld der Stufe 3. Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass in den noch strittigen Zeiträumen keine Schwerarbeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV vorliege. Anders als in der Pflege in der Hospiz- oder Palliativmedizin verlasse der Großteil der Patienten die geronto‑psychiatrische Station, um nach Hause zurückzukehren oder um in einem Pflegeheim untergebracht zu werden. Das Beweisverfahren habe nicht erbracht, dass auf der Station, in der der Kläger eingesetzt war, überwiegend Patienten mit einem Pflegebedarf der Stufe 5 zu betreuen gewesen wären.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Nach der bisherigen Rechtsprechung könnten nur die in § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV beispielsweise umschriebenen Pflegetätigkeiten wie etwa in der Hospiz- oder Palliativmedizin oder die Betreuung von Pfleglingen zumindest der Pflegestufe 5 Schwerarbeitszeiten begründen. § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV sei restriktiv auszulegen. Nur ein besonderer Behandlungs- oder Pflegebedarf sei erfasst. Mögen die Tätigkeiten des Klägers im psychiatrischen Bereich auch mit erheblichen psychischen Belastungen und Stress verbunden gewesen sein, könnten sie dennoch nicht als die vom Gesetzgeber umschriebene „besonders belastende“ Schwerarbeit angesehen werden, weil sie einer Pflegetätigkeit an Schwerstkranken in der Hospiz- oder Palliativmedizin, einer Langzeitpflege von Pfleglingen mit einem Pflegebedarf der Pflegestufe 5 des BPGG oder der Pflege demenzerkrankter Patienten im geriatrischen Bereich nicht gleichzuhalten seien.

Das Berufungsgericht ließ die Revision mit der Begründung zu, dass keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu bestehe, ob die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Diplomierter psychiatrischer Gesundheits- und Krankenpfleger in einer psychiatrischen Station Schwerarbeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist im Sinn einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen auch berechtigt.

1.1 Nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV gelten als Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht werden, „alle Tätigkeiten, die geleistet werden ... zur berufsbedingten Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf, wie beispielsweise in der Hospiz- oder Palliativmedizin“.

1.2 § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV stellt auf die berufsbedingte Pflege ab, welches Erfordernis der Kläger bzw die von ihm ausgeübte Tätigkeit unstrittig erfüllt.

1.3 Wie sich aus § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV ergibt, verfolgt der Gesetzgeber die Absicht, nicht jede Art von schwerer Arbeit schlechthin, mag sie auch psychisch belastend sein, als Schwerarbeit zu berücksichtigen, sondern nur bestimmte Formen von besonders belastender Schwerarbeit (10 ObS 149/12b SSV-NF 26/86; 10 ObS 151/14z, SSV-NF 29/14). Als Schwerarbeit gilt daher nicht jede berufsbedingte Pflege, sondern nur eine solche im Rahmen der „Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf, wie beispielsweise in der Hospiz‑ oder Palliativmedizin“.

1.4 Angeknüpft wird dabei an die psychische Belastung, die sich aus dem besonderen Behandlungs- oder Pflegebedarf schwerstkranker Menschen in besonders schwierigen Lebenssituationen ergibt (10 ObS 23/16d SSV‑NF 30/30; 10 ObS 30/19p).

2.1 Eine gewisse nähere Determinierung dafür, wie der Verordnungsgeber diese sehr allgemein gehaltene Definition der Belastung konkretisiert haben will, findet sich in den Erläuternden Bemerkungen zur Verordnung (abgedruckt bei Pöltner/Pacic, ASVG [96. Erg.Lfg], Anhang SchwerarbeitsV Anm 10). Nach den Erläuterungen erfasst § 1 Abs 1 Z 5 des Entwurfs „die hospiz- oder palliativmedizinische Pflege von Schwerstkranken und die Betreuung von Pfleglingen mit einem Pflegebedarf zumindest der Stufe 5 nach § 4 Abs 2 des Bundespflegegeldgesetzes. Davon umfasst ist u.a. auch die Pflege von Demenzerkrankten im geriatrischen Bereich“.

2.2 § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV differenziert zwischen Pflegetätigkeiten an Schwerstkranken und der Betreuung von behinderten Menschwen mit besonderem Pflegebedarf.

2.3 Bei der Pflege von Schwerstkranken liegt jedenfalls Schwerarbeit vor, wenn berufsbedingte Pflege in der Hospiz‑ oder Palliativmedizin erbracht wird. Da diese beiden Bereiche nur beispielsweise angeführt werden, müssen auch noch andere Tätigkeiten erfasst sein, wobei nur solche in Betracht kommen, deren Belastungen mit dem besonderen Behandlungs‑ und Pflegebedarf in der Hospiz- oder Palliativmedizin vergleichbar sind. Maßgeblich ist der unmittelbare Kontakt mit den Patienten mit erhöhtem Pflegeaufwand und deren besonders schwierigen Lebenslagen (10 ObS 116/17g, SSV‑NF 31/50; 10 ObS 30/19p; 10 ObS 36/19w; Traxler, Pensionsrecht in der Praxis: Schwerarbeit in Pflegeberufen [Teil 4], ÖZPR 2019, 108).

2.4 Bei zu pflegenden Personen („Pfleglingen“) wird der besondere Pflegebedarf nach der Rechtsprechung jedenfalls dann verwirklicht, wenn der Pflegebedarf dieser Personen die Voraussetzungen für den Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 5, 6 oder 7 nach § 4 Abs 2 BPGG erfüllen (10 ObS 149/12b, SSV‑NF 26/86; 10 ObS 30/19p; siehe auch Milisits, Schwerarbeitsverordnung [2007] 29, die die Pflegegeldstufen 4 und 5 als Richtwert heranzieht). Auf den faktischen Bezug von Pflegegeld durch die betreute Person kommt es dabei nicht an (Rainer/Pöltner in SV-Komm [166. Lfg] § 4 APG Rz 177).

3. Nach der Rechtsprechung kann die Orientierung an Pflegegeldstufen – neben anderen dort genannten Elementen – aber immer nur einen Anhaltspunkt (ein Indiz) für die Beurteilung des Ausmaßes an psychischer Belastung bilden (10 ObS 149/12b SSV-NF 26/86; 10 ObS 36/19w). In der Entscheidung 10 ObS 36/19w wurde klargestellt, dass nach der Intention des Verordnungsgebers bei der Beurteilung von Schwerarbeit nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV auf Regelungen des BPGG zurückgegriffen werden kann. Wie dort weiter ausgeführt wird, zeigt der Hinweis auf die Pflege von Demenzerkrankten im geriatrischen Bereich aber, dass die Qualifikation als Schwerarbeit nicht von der Betreuung von Personen abhängt, die zumindest Pflegegeld der Stufe 5 beziehen.

4. Auch dann, wenn innerhalb einer Einrichtung (einer Station) Menschen mit unterschiedlichem Pflegebedarf beruflich zu pflegen sind, kann Schwerarbeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV vorliegen. Um die Voraussetzung für Schwerarbeit nach diesem Tatbestand zu erfüllen, muss die unmittelbare Pflege an Menschen mit besonderem Pflegebedarf zeitlich gesehen – überwiegend erbracht werden oder sich das Überwiegen der im Sinn des § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV qualifizierten berufsbedingten Pflege aus der Anzahl der zu pflegenden Patienten mit besonderem Behandlungs- und Pflegebedarf in der Einrichtung (Station) ergeben (10 ObS 36/19w; Brandstetter/Prohaska, Berufsbedingte Pflege – Schwerarbeit? ÖZPR 2016/98, 164 [165]). Diese Voraussetzungen sind jeweils im Einzelfall zu prüfen.

5. Daraus folgt für den vorliegenden Fall:

5.1 Die für die in der geronto‑psychiatrischen Station aufgenommenen Patienten, die an unterschiedlichen psychiatrischen Erkrankungen, etwa an Schizophrenie, Depression, manischer Depression, Persönlichkeitsstörungen und schwerer Demenz litten, geleisteten Behandlungs- und Pflegetätigkeiten stellen jedenfalls Schwerarbeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV dar, dies unabhängig davon, ob diese Patienten die Voraussetzungen für die Pflegegeldstufe 3, 4 oder 5 erfüllen (siehe die Erläuternden Bemerkungen zur Verordnung). Deren nach den Feststellungen konkret gegebener besonderer Behandlungs- und Pflegebedarf wird insbesondere aus der Feststellung deutlich, dass diese Patienten vor allem dann auf der Station aufgenommen wurden, wenn sie nicht einmal mehr in einem Pflegeheim oder Krankenhaus „geführt“ werden konnten. Die besondere psychische Belastung bei der Pflege dieser Patienten lag ua darin, dass der Kläger immer wieder Angriffen ausgesetzt war und beispielsweise gekratzt, beschimpft und bedroht wurde.

5.2 Da speziell ab etwa 2013 (oder noch früher) neben den unter 5.1 beschriebenen Patienten auch andere, zum Beispiel jüngere Patienten mit anderen psychiatrischen Erkrankungen in der Station betreut werden und es nach der Intention des Gesetzgebers und der Rechtsprechung nicht genügt, wenn bloß „regelmäßig“ auch Menschen mit besonderem Behandlungs- und Pflegebedarf gepflegt werden, fehlen Feststellungen, die eine abschließende Beurteilung ermöglichen. Insbesondere mangelt es an Feststellungen dazu, ob die vom Kläger für die unter 5.1 beschriebenen Patienten geleistete berufsbedingte Betreuungstätigkeit zeitlich überwogen hat oder sich aus der Anzahl dieser Patienten ergibt, dass eine qualifizierte berufsbedingte Pflege iSd § 1 Abs 1 Z 5 der SchwerarbeitsV vorliegt.

5.3 Sollte im fortzusetzenden Verfahren kein in diesem Sinn zeitliches oder anzahlmäßiges Überwiegen festgestellt werden, werden weiters Feststellungen nötig sein, die eine Beurteilung zulassen, ob die Pflege der anderen Patienten für den Kläger einen Pflege- und Betreuungsaufwand erfordert hat, der mit Belastungen verbunden ist, die mit jenen bei der Pflege von Schwerstkranken gegebenen Belastungen (beispielsweise in der Hospiz- oder Palliativmedizin) vergleichbar sind. So ist etwa festgestellt, dass die meisten Patienten wieder nach Hause (oder in eine geeignete Einrichtung) entlassen werden konnten, woraus die Vorinstanzen schlossen, dass die Hauptlast – anders als in der Palliativ- und Hospizmedizin – nicht in der Begleitung, Betreuung und Versorgung von sterbenden Menschen und der ständigen Nähe von Tod und Trauer liegt. Ganz allgemein könnte die Möglichkeit der Entlassung nach Hause oder in eine geeignete Einrichtung dafür sprechen, dass die Pflege dieser Patienten nicht der Pflege von Schwersterkrankten mit besonderen Behandlungs- und Pflegebedarf gleichgehalten werden kann. Da sich die Feststellungen recht allgemein auf einen langen Zeitraum beziehen und sich nur teilweise damit befassen, ob die organisatorischen Änderungen mit Änderungen der Belastung einhergingen, ist aus den Feststellungen nicht mit Sicherheit ableitbar, in welchem Ausmaß speziell ab etwa 2013 (oder früher) auch bei den „neuen“ Patienten ein besonderer Behandlungs- und Betreuungsbedarf bzw ein erhöhter Pflegeaufwand in einer besonders schwierigen Lebenssituation bestand.

6. Im Hinblick auf die Notwendigkeit ergänzender Feststellungen ist die Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen erforderlich.

Der Revision war daher im Sinn des eventualiter gestellten Aufhebungsantrags Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.

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