European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0220DS00004.19M.1106.000
Spruch:
In Stattgebung der Berufung wird *****, Rechtsanwalt in *****, für die ihm nach dem Erkenntnis des Disziplinarrats der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 26. November 2018, GZ D 17‑86, 2 DV 18‑15‑17, zur Last liegenden Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung der Ehre oder des Ansehens des Standes nach § 1 Abs 1 DSt gemäß § 16 Abs 5 zweiter Satz DSt unter Bedachtnahme auf das Erkenntnis des Disziplinarrats der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 13. November 2017, AZ D 17‑49, 3 DV 17‑26, nach § 16 Abs 1 Z 2 DSt zu einer Zusatzgeldbuße von 700 Euro verurteilt.
Dem Beschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelsverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde ***** mehrerer Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung der Ehre oder des Ansehens des Standes nach § 1 Abs 1 DSt schuldig erkannt, weil er E‑Mails des Rechtsanwalts Mag. Michael K***** vom 10. Mai 2016, vom 1. und vom 27. Juni 2016, vom 28. Juli 2016, vom 18. Oktober 2016, vom 21. November 2016 sowie vom 1. und vom 28. Juni 2017 und ein Schreiben des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer unbeantwortet ließ und auf mehrere Ersuchen des genannten Rechtsanwalts um Rückruf (am 1. Dezember 2016 sowie am 3. August 2017) nicht reagierte.
Unter Bedachtnahme auf sein Erkenntnis vom 13. November 2017, AZ D 17‑49, 3 DV 17‑26, mit dem über den Beschuldigten eine Geldbuße von 1.800 Euro verhängt worden war, sah der Disziplinarrat von der Verhängung einer Zusatzstrafe ab. Mit dem letztgenannten Erkenntnis hatte der Disziplinarrat den Beschuldigten ebenfalls mehrerer Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung der Ehre oder des Ansehens des Standes nach § 1 Abs 1 DSt schuldig erkannt, weil er als Verfasser eines Liegenschaftskaufvertrags vom 15. März 2016 seine Diligenzpflicht zur grundbücherlichen Durchführung des Vertrags schuldhaft vernachlässigt hatte und für den Verkäufer ab dem Jahr 2017 weder schriftlich noch telefonisch erreichbar gewesen war und auch dessen Kontaktversuche nicht erwidert hatte.
Bei der Strafbemessung wertete der Disziplinarrat das „Tatsachengeständnis“ als mildernd und erachtete hievon ausgehend eine Zusatzstrafe zum Erkenntnis vom 13. November 2017 als nicht geboten.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen den Strafausspruch gerichtete, die Verhängung einer angemessenen Geldbuße anstrebende Berufung des Kammeranwalts ist im Recht.
Zur Strafbemessung sind im anwaltlichen Disziplinarverfahren die entsprechenden Bestimmungen des Strafgesetzbuchs (§§ 32 ff StGB) sinngemäß heranzuziehen (RIS‑Justiz RS0054839).
Demgemäß waren das Zusammentreffen mehrerer Disziplinarvergehen sowie die Fortsetzung des disziplinarrechtswidrigen Verhaltens über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erschwerend (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) und kein Umstand mildernd. Ein sogenanntes Tatsachengeständnis, also das Zugeben bloßer Tatsachen ohne Eingeständnis der subjektiven Merkmale des (hier) disziplinarrechtswidrigen Verhaltens, vermag den Milderungsgrund des reumütigen Geständnisses (§ 34 Abs 1 Z 17 erster Fall StGB) nicht herzustellen (RIS‑Justiz RS0091585 [insbesondere T2]). Unter dem Aspekt eines wesentlichen Beitrags zur Wahrheitsfindung (§ 34 Abs 1 Z 17 zweiter Fall StGB) wäre ein „Tatsachengeständnis“ nur dann bedeutsam, wenn sich dieses maßgeblich auf die Beweisführung ausgewirkt hätte (RIS‑Justiz RS0091460 [T5], Ebner in WK² StGB § 34 Rz 38), was fallbezogen zu verneinen ist.
Aus dem Blickwinkel der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung kommt erschwerend hinzu, dass der Beschuldigte sein disziplinarrechtswidriges Verhalten fortsetzte, nachdem ihm die dem Verfahren AZ D 17‑49, 3 DV 17‑26 des Disziplinarrats der Tiroler Rechtsanwaltskammer zugrunde liegende Beschwerde zugestellt worden war und er hiezu (am 20. April 2017) Stellung genommen hatte, worin sich eine gegenüber den disziplinarrechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Beschuldigten manifestiert (§ 32 Abs 2 zweiter Satz StGB).
Hievon ausgehend erweist sich die aus dem Spruch ersichtliche Zusatzgeldbuße (§ 16 Abs 5 zweiter Satz DSt) unter Bedachtnahme auf die Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten als dem Unrechtsgehalt und dem Schuldgehalt der ihm zur Last liegenden Disziplinarvergehen entsprechend (§ 16 Abs 6 DSt).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 54 Abs 5 DSt.
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